Kaschrut

Lecker, lehrreich, lebendig

Koscheres als Kunstobjekt Foto: Marco Limberg

Kaschrut

Lecker, lehrreich, lebendig

In ihrem neuen Buch »Heiliges Essen« erlaubt Lea Fleischmann einen Blick in die jüdische Küche

von Yizhak Ahren  28.01.2010 00:00 Uhr

Es ist eine Preisfrage, wie viele verschiedene deutschsprachige Einführungen in die Welt des Judentums man derzeit erwerben kann. Erstaunlicherweise scheint der Markt für Bücher über die jüdische Religion nie übersättigt zu sein, und jede Neuerscheinung findet ihr Publikum. Der Untertitel des neuen Buches Heiliges Essen von Lea Fleischmann lautet: »Das Judentum für Nichtjuden verständlich gemacht«. Das facettenreiche Religionsbild, das die aus Deutschland stammende und heute in Jerusalem lebende Autorin zeichnet, dürfte aber auch für viele moderne Juden lehrreich sein.

Fleischmann hat das Werk um Fragen zentriert, die mit Essen zu tun haben, aber sie behandelt nebenbei eine Fülle anderer Themen. Die Verfasserin wollte kein langweiliges Lehrbuch schreiben; deshalb hat sie die mitunter spröde Materie durch Anekdoten und erzählerische Passagen aufgelockert. An mehreren Stellen skizziert sie ihre eigene religiöse Entwicklung und beschreibt einige Lebensläufe von Freundinnen sowie Besonderheiten, die ihr hier und da aufgefallen sind.

Segensspruch Ausführlich schildert Fleischmann, was in einer jüdischen Küche zu beachten ist und welche Segenssprüche bei welcher Gelegenheit zu sprechen sind. Kritisch anzumerken ist, dass die Autorin zahlreiche Segenssprüche ungenau übersetzt hat. Hier nur ein Beispiel: »Gelobt seist Du, Herr, unser Gott, König der Welt, der Du uns durch die Gebote geheiligt und geboten hast, die Hände zu waschen.« Entgangen ist Fleischmann, dass in der Mitte des Segensspruchs ein Wechsel von der zweiten in die dritte Person erfolgt; die richtige Übersetzung lautet: »Gelobt seist Du, Herr, unser Gott, König der Welt, der uns durch die Gebote geheiligt und geboten hat, die Hände zu waschen.« Auf den tiefen Sinn der seltsamen Formulierung unserer Segenssprüche hat Rabbiner Joseph B. Soloveitchik aufmerksam gemacht. Unser Verhältnis zu Gott spiegelt sich in diesen kurzen Gebetstexten: Wir nähern uns dem Ewigen in Liebe (»Du«), aber sofort erfasst uns Ehrfurcht, und wir ändern die Form der Ansprache.

Fleischmann hat in der Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem eine Ausstellung zum Thema »Frauen in der Schoa« besucht. Zur Erinnerung an die Frauen in den Konzentrationslagern gibt sie einige Kochrezepte wieder, die in der Ausstellung an die Wand projiziert wurden.

Mehr von praktischem Interesse sind die Rezepte im Kapitel »Die jüdischen Feiertage und ihre Gerichte«. Warum Fleischmann dem Laubhüttenfest Seezungenfilet in Orangensoße zugeordnet hat, erklärt sie nicht; es spricht nichts gegen diese Delikatesse – jede Familie darf ihre besonderen Esstraditionen pflegen.

Lea Fleischmann: Heiliges Essen. Das Judentum für Nichtjuden verständlich gemacht. Scherz, Frankfurt am Main 2009,
269 S., 16,95 €

Gespräch

Beauftragter Klein: Kirche muss Antijudaismus aufarbeiten

Der deutsche Antisemitismusbeauftragte Felix Klein kritisiert die Heiligsprechung des Italieners Carlo Acutis. Ihm geht es um antijüdische Aspekte. Klein äußert sich auch zum christlich-jüdischen Dialog - und zum Papst

von Leticia Witte  13.06.2025

Beha’Alotcha

Damit es hell bleibt

Wie wir ein Feuer entzünden und dafür sorgen, dass es nicht wieder ausgeht

von Rabbiner Joel Berger  13.06.2025

Talmudisches

Dankbarkeit lernen

Unsere Weisen über Hakarat haTov, wie sie den Menschen als Individuum trägt und die Gemeinschaft zusammenhält

von Diana Kaplan  13.06.2025

Tanach

Schwergewichtige Neuauflage

Der Koren-Verlag versucht sich an einer altorientalistischen Kontextualisierung der Bibel, ohne seine orthodoxen Leser zu verschrecken

von Igor Mendel Itkin  13.06.2025

Debatte

Eine »koschere« Arbeitsmoral

Leisten die Deutschen genug? Eine jüdische Perspektive auf das Thema Faulheit

von Sophie Bigot Goldblum  12.06.2025

Nasso

Damit die Liebe bleibt

Die Tora lehrt, wie wir mit Herausforderungen in der Ehe umgehen sollen

von Rabbiner Avichai Apel  06.06.2025

Bamidbar

Kinder kriegen – trotz allem

Was das Schicksal des jüdischen Volkes in Ägypten über den Wert des Lebens verrät

von Rabbiner Avraham Radbil  30.05.2025

Schawuot

Das Geheimnis der Mizwot

Der Überlieferung nach erhielt das jüdische Volk am Wochenfest die Tora am Berg Sinai. Enthält sie 613 Gebote, oder sind es mehr? Die Gelehrten diskutieren seit Jahrhunderten darüber

von Rabbiner Dovid Gernetz  30.05.2025

Tikkun Leil Schawuot

Nacht des Lernens

Die Gabe der Tora ist eine Einladung an alle. Weibliche und queere Perspektiven können das Verständnis dabei vertiefen

von Helene Shani Braun  30.05.2025