Architektur

Kleines Heiligtum

Seit der Zerstörung des Jerusalemer Tempels ist die Synagoge zum Mittelpunkt aller öffentlichen Gottesdienste geworden. Foto: TR

Nicht viele wissen, dass uns Architektur, Anordnung und Ausstattung der Synagoge an den Mischkan (Stiftszelt in der Wüste) und den Beit Hamikdasch (Tempel) erinnern sollen. Denn seit der Zerstörung des Jerusalemer Tempels ist die Synagoge zum Mittelpunkt aller öffentlichen Gottesdienste geworden. Tatsächlich wird sie oft als Mikdasch Meʼat bezeichnet, als ein kleines Beit Hamikdasch (Megilla 29a).

So korrespondiert beispielsweise die Bima, das Pult für die Toralesung in der Synagoge, mit dem Misbeach, dem Altar im Mischkan. So wie sich der Misbeach in der Mitte des Mischkans befand, so soll auch die Bima in der Mitte der Synagoge platziert werden. Tatsächlich wird gelehrt, dass es – wenn wir die Tora von der Bima lesen, insbesondere die Abschnitte, die sich mit den Opfern beschäftigen – so ist, als würden wir ein Opfer auf dem Altar im Beit Hamikdasch darbringen.

heiligtum Durch die Platzierung der Bima in der Mitte des Heiligtums ist es auch für alle in der Gemeinde möglich, die Toralesung zu hören. Und schließlich, genau wie die Menschen den Misbeach als Teil der Sukkot-Gebete im Beit Hamikdasch umkreisten, umkreisen wie die Bima in der Synagoge.

Es gibt verschiedene Angaben dazu, wie viele Stufen zur Bima führen sollten. Der am weitesten verbreitete Brauch ist, drei Stufen zu haben. Diese drei Stufen entsprechen den drei Stufen des Duchan im Beit Hamikdasch, auf denen die Kohanim aufstiegen, um das Volk zu segnen. Gemäß der Kabbala sollten nicht mehr als sechs Stufen zur Bima führen. Die Bima sollte immer etwas erhöht stehen, um daran zu erinnern, dass der Misbeach im Mischkan und Beit Hamikdasch ebenfalls auf einer Erhöhung stand.

Übrigens ist es nicht erlaubt, den Bima-Bereich als Abkürzung zu nutzen, um von einer Seite der Synagoge zur anderen zu gelangen. Einer der Gründe dafür ist, dass der erhöhte Bereich als geheiligt betrachtet wird und vom Rest des Heiligtums getrennt ist. Der Amud, das Podium, auf dem der Chasan steht, um die Gebete zu leiten, soll den Misbeach Haketoret, den Räucheraltar, symbolisieren.

aron hakodesch Der Aron Hakodesch sollte immer an der Vorderseite des Heiligtums an der Wand angebracht werden, der die Gemeinde beim Beten zugewandt ist. Einer der Gründe dafür besteht darin, die Gemeinde daran zu erinnern, dass unsere Gebete immer auf den Kodesch Hakodaschim (das Allerheiligste) gerichtet sein müssen, den heiligsten Ort überhaupt, den der Aron Hakodesch darstellt, da er die heiligste Einrichtung der Synagoge ist.

Sogar die Sitzordnung im Synagogenraum ist voller Bedeutung und Symbolik. Es wird erklärt, dass der Rabbiner normalerweise rechts vom Aron Hakodesch – näher an der Südwand – sitzt, um daran zu erinnern, dass die Menora auf der Südseite des Mischkans platziert war. So wie die Menora im Mischkan die Tora und die Heiligkeit darstellte, so repräsentiert auch der Rabbiner die Tora und die Heiligkeit. Ebenso sitzt in den meisten Gemeinden der Gemeindepräsident links vom Aron Hakodesch.

Dies soll daran erinnern, dass sich der Schulchan (Tisch) auf der Nordseite des Mischkans befand. So wie der Schulchan den materiellen Unterhalt darstellte, ist der Präsident der Gemeinde im Allgemeinen für den materiellen Unterhalt und die Verwaltung der Gemeinde verantwortlich. Der Eingang zum Heiligtum sollte gegenüber dem Aron Hakodesch liegen, um daran zu erinnern, dass man im Beit Hamikdasch das Heiligtum gegenüber dem Kodesch Hakodaschim (dem Allerheiligsten) betrat.

form Obwohl es keine echten Formanforderungen für das Synagogengebäude gibt, ist es vorzuziehen, die allgemeine quadratische Form beizubehalten, in der Synagogen traditionell gebaut wurden. Dies sollte daran erinnern, dass Mischkan und Beit Hamikdasch ebenfalls vierseitig waren. Zudem muss eine Synagoge Fenster haben. Idealerweise sollte es zwölf Fenster geben, die die zwölf Stämme Israels darstellen. Einige der Fenster sollten Richtung Jerusalem zeigen.

Es könnte sein, dass die traditionelle Sitzordnung in aschkenasischen Synagogen, horizontale Ausrichtung mit Blick nach vorne, von der Sitzordnung der Kirchen übernommen wurde, und die sefardischen Synagogen, mit der Platzierung der Sitzbänke um die Bima herum, übernahmen die Sitzordnung der Moscheen.

Die halachischen Autoritäten lehnten jede Änderung der traditionellen Anordnung des Synagogenheiligtums entschieden ab. Dies gilt insbesondere dann, wenn dies geschieht, um die vorherrschende nichtjüdische Kultur nachzuahmen. Ein allzu häufiges Beispiel hierfür ist, wenn die Gemeinden die Bima ganz vorn im Heiligtum platzieren, ähnlich der Anordnung des Altars in einer Kirche.

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

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