Schabbat

Keine Medikamente und kein Sport?

Viele Rabbiner erlauben Vitamine am Schabbat. Foto: Getty Images

Schabbat

Keine Medikamente und kein Sport?

Was laut Halacha am Ruhetag eingenommen werden darf und was nicht – und warum Work-outs tabu sind

von Rabbiner Avraham Radbil  09.12.2021 10:35 Uhr

Grundsätzlich sollten am Schabbat keine Medikamente eingenommen werden. Dies ist ein rabbinisches Dekret, das auf die talmudische Ära zurückgeht, als Medikamente normalerweise durch Mahlen von Wurzeln und Kräutern hergestellt wurden. Diese Vorbereitungen wurden oft zu Hause von der Person, die Medikamente benötigte, oder einem anderen Mitglied des Haushalts durchgeführt.

Das Mahlen (Tochen) ist eine der 39 Melachot, die am Schabbat verboten sind. Die Weisen befürchteten, dass – wenn es erlaubt wäre, am Schabbat Medikamente einzunehmen – die Menschen das Verbot vergessen und die Medizin am Schabbat selbst zermahlen könnten, was ein Toraverbot wäre (Mischna Brura 327,1).

verordnung Obwohl Medikamente heute nicht mehr wie früher hergestellt werden, bleiben rabbinische Erlasse auch dann in Kraft, wenn sich herausstellt, dass die ursprünglichen Gründe für die Verordnung nicht mehr gelten (Rambam, Hilchot Mamrim 2,2). Dies liegt daran, dass wir uns nicht ganz sicher sind, welche Überlegungen die Weisen für die Umsetzung ihrer Dekrete angestellt haben. Natürlich darf und muss jemand, dessen Leben in Gefahr ist, bei Bedarf Medikamente einnehmen (Mischna Brura 328,8).

Das Dekret wird auch für Personen gelockert, die starke Schmerzen haben (Tzitz Eliezer 8,15,15) oder bettlägerig sind (Orach Chaim 328, 17). Einige Autoritäten schließen Kopfschmerzen in diese Befreiung ein (Be’er Mosche 1,33). Dennoch sollten Personen mit nur leichten Beschwerden am Schabbat auf die Einnahme von Medikamenten verzichten. Laut fast allen Halachisten ist es verboten, am Ruhetag Medikamente zu nehmen, wenn die Krankheit so geringfügig ist, dass sie den normalen Tagesablauf nicht beeinträchtigt.

Man darf am Schabbat alle Lebensmittel konsumieren, auch wenn man dies nur wegen ihres therapeutischen Nutzens beabsichtigt, wie zum Beispiel Tee mit Honig trinken, wenn man Halsschmerzen hat (Mischna Brura 328,117). Viele Rabbiner erlauben am Schabbat die Einnahme von Vitaminen, die täglich als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden. Allerdings sollte man keine Vitamine einnehmen, um die Symptome zu lindern (Igrot Mosche, OC 3,54).

pille Jemand, der vor dem Schabbat mit einer verschreibungspflichtigen Medizin begonnen hat, kann das Arzneimittel am Schabbat wie gewohnt weiter einnehmen (Minchat Schabbat 91,9). Es ist erlaubt, eine Pille am Schabbat zu brechen oder zu schneiden, wenn die volle Dosis nicht benötigt wird (Schmirat Schabbat Kehilchata 33,4).

Interessant ist, dass man am Schabbat vor einer zu erwartenden Krankheit Medikamente einnehmen darf, solange man sich gerade wohlfühlt (Mischna Brura 328.121). Ebenso ist es erlaubt, eine Wundinfektion zu verhindern oder anderweitig vor einer Verschlimmerung zu schützen (Schmirat Schabbat K’hilchata 35). Man darf auch eine Wunde reinigen oder Verbände wechseln.

Jemand, der in regelmäßigen Abständen bestimmte Injektionen benötigt, wie beispielsweise ein Diabetiker, kann solche Injektionen auch am Schabbat erhalten (Schmirat Schabbat K’hilchata 20,4). Es gibt zusätzliche Gründe, mit der Einnahme von Medikamenten am Schabbat nachsichtig zu sein, wenn die Medikamente in Form von Zäpfchen oder Tropfen vorliegen (Rivevot Efraim).

Kinder bis zum Alter von neun Jahren dürfen am Schabbat ohne Einschränkungen Medikamente einnehmen (Minchat Yitzchak 1,78). Und nicht zuletzt: Diejenigen, die psychisch krank sind, dürfen ihre Medikamente am Schabbat einnehmen (Mischne Halachot 4,51).

heilmittel Eng verbunden mit dem Verbot der Einnahme von Medikamenten ist das Verbot, am Schabbat Sportübungen auszuführen. Dies liegt daran, dass auch jede Behandlung oder jedes Verfahren verboten ist, das die Verwendung von Medikamenten beinhaltet. Früher glaubte man etwa, dass Schwitzen ein Heilmittel gegen viele Krankheiten sei. Wenn Schwitzen verordnet wurde, wurde es entweder durch Medikamente oder Sport induziert.

Obwohl Work-outs heute im Wesentlichen nichts mit Medikamenten zu tun haben, wird das Schwitzen, das durch Bewegung entsteht, als Reminiszenz an die alte Praxis angesehen, was es verboten macht. Dies gilt selbst dann, wenn man nicht die Absicht hat, ins Schwitzen zu geraten (Mischna Brura 328,130).

Konklave

Kommt der nächste Papst aus Jerusalem?

Wer wird der nächste Papst? Die geheimen Treffen im Vatikan lassen die Welt spekulieren. Als heißer Kandidat wird ein Patriarch aus Jerusalem gehandelt

 30.04.2025

Interview

»Der Dialog mit dem Vatikan ist regelrecht eingeschlafen«

Maram Stern über den künftigen Papst und den stockenden jüdisch-christlichen Dialog

von Tobias Kühn  29.04.2025

Halacha

Kann ein Jude die Beerdigung des Papstes besuchen?

Papst Franziskus wird diesen Samstag, an Schabbat, beerdigt. Observante Juden könnte das vor komplizierte Fragen stellen

von Vyacheslav Dobrovych  25.04.2025

Schemini

Offene Türen

Die Tora lehrt, auch Fremde freundlich zu empfangen

von Rabbiner Bryan Weisz  25.04.2025

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch harter Kritiker Israels

Papst Franziskus im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  28.04.2025 Aktualisiert

Chol Hamoed

Nur Mosche kannte die Freiheit

Warum das Volk Israel beim Auszug aus Ägypten ängstlich war

von Rabbinerin Yael Deusel  17.04.2025

Geschichte

Waren wir wirklich in Ägypten?

Lange stritten Historiker darüber, ob die Erzählung vom Exodus wahr sein könnte. Dann kamen die Archäologen

von Rabbiner Igor Mendel Itkin  17.04.2025

Berlin

Berlin: Gericht bestätigt fristlose Kündigung von Rabbiner

Das Berliner Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung eines Rabbiners wegen sexueller Belästigung eines weiblichen Gemeindemitglieds bestätigt

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025