Talmudisches

Johannisbrotbaum

Wird mit großen Rabbinern und Ereignissen in Verbindung gebracht: Johannisbrotbaum Foto: Getty Images/iStockphoto

An Tu Bischwat, dem Neujahrsfest der Bäume, ist es Brauch, viele Früchte zu essen, vor allem die sieben, die die Tora für das Land Israel verspricht: Weizen, Gerste, Weintrauben, Feigen, Granatäpfel, Oliven und Datteln (5. Buch Mose 8, 7–11). Viele Menschen essen an Tu Bischwat aber auch Johannisbrot. Obwohl die Frucht in Israel heimisch ist, gehört sie nicht zu den in der Tora besonders gepriesenen sieben Arten des Heiligen Landes.

Welche besondere Bedeutung hat der Verzehr von Johannisbrot an diesem Tag? An Tu Bischwat beginnt ein neues Jahr für alle Bäume, nicht nur für die Bäume Israels und nicht nur für die sieben Arten. Tatsächlich heißt es in einer der frühesten Quellen, in der Mischna Berura (131, 31–32), einem halachischen Werk, in dem die Bräuche an Tu Bischwat erwähnt werden, einfach, dass »viele an diesem Tag Obst essen«. Die sieben Arten werden hier nicht erwähnt. Tu Bischwat ist ein angemessener Zeitpunkt, um den Allmächtigen für all die Früchte zu preisen, die Er geschaffen hat.

Eretz Israel Johannisbrotbäume sind nicht nur in Eretz Israel heimisch, sondern werden oft mit großen Rabbinern und Ereignissen in Verbindung gebracht. In der berühmten Geschichte von Rabbi Schimon bar Jochai und seinem Sohn, die im zweiten Jahrhundert n.d.Z. im Heiligen Land lebten, erzählt eine Legende, dass sie sich 13 Jahre lang in einer Höhle vor den Römern, die sie zum Tode verurteilt hatten, versteckt hielten. Es heißt, dass sie während dieser Zeit die tiefsten Geheimnisse der Kabbala studierten, während sie sich von den Früchten eines Johannisbrotbaums ernährten und Wasser aus einem Wasserlauf ihren Durst stillte (Talmud Schabbat 33b).

Von Rabbi Chanina ben Dosa ist überliefert, er habe von einem Kav Johannisbrot pro Woche gelebt (Brachot 17b). Ein Kav ist eine Maßeinheit aus der Zeit des Talmuds und entspricht etwa anderthalb Kilogramm.

In einer weiteren Episode (Baba Metzia 59b) waren die Weisen des Talmuds in eine heftige Debatte verwickelt. Rabbi Elieser stand allein mit seiner Meinung gegen alle anderen, weigerte sich aber, nachzugeben. Er beschwor himmlische Zeichen, um zu beweisen, dass er im Recht sei. Er rief: »Wenn ich recht habe, soll dieser Johannisbrotbaum es beweisen« – und der Baum richtete sich auf und bewegte sich hinüber.

Eine weitere Besonderheit des Johannisbrotbaums ist, dass er laut dem Talmud 70 Jahre braucht, um Früchte zu tragen (Ta’anit 23a).

LERNEN Indem wir an Tu Bischwat Johannisbrot essen, betonen wir auch eine wertvolle und wesentliche Unterweisung, die wir vom Johannisbrotbaum lernen können: wie wichtig es ist, geduldig in die Zukunft zu investieren, auch wenn es ein langer und mühsamer Prozess ist, der keine unmittelbaren Gewinne bringt, denn die Früchte unserer Arbeit werden von den kommenden Generationen geerntet werden. Dies ist die Bedeutung der Pflege der Umwelt für die nächste Generation.

Johannisbrot war schon immer eine beliebte Tu-Bischwat-Frucht, da es sich gut lagern lässt. Daher war es auch in früheren Generationen selbst an Tu Bischwat leicht erhältlich, während man viele andere Früchte zu dieser Jahreszeit noch nicht bekommen konnte.

Welche Früchte wir an Tu Bischwat auch essen – wir erinnern uns vor allem daran, dass die Tora selbst als »Baum des Lebens« gilt, als wachsende und reichhaltige Quelle geistiger Nahrung für unser Volk.
Vielleicht ist dies der beste Hinweis auf die Ehrfurcht und den Respekt, den das Judentum der Welt G’ttes entgegenbringt. Der Baum war ein Symbol des Lebens und ist auch heute noch eine Quelle des Lebens für Israel. An Tu Bischwat feiern wir dieses Leben in Freude und Frohsinn.

Chol Ha-Moed

Grund allen Seins

Die 13 Middot, die »Gʼttlichen Eigenschaften«, enthalten universelle Verhaltensnormen für alle Menschen

von Rabbiner Joel Berger  26.04.2024

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 23.04.2024

Korban Pessach

Schon dieses Jahr in Jerusalem?

Immer wieder versuchen Gruppen, das Pessachopfer auf dem Tempelberg darzubringen

von Rabbiner Dovid Gernetz  22.04.2024

Pessach

Kämpferinnen für die Freiheit

Welche Rolle spielten die Frauen beim Auszug aus Ägypten? Eine entscheidende, meint Raschi

von Hadassah Wendl  22.04.2024

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 23.04.2024

Mezora

Die Reinheit zurückerlangen

Die Tora beschreibt, was zu tun ist, wenn Menschen oder Häuser von Aussatz befallen sind

von Rabbinerin Yael Deusel  18.04.2024

Tasria

Ein neuer Mensch

Die Tora lehrt, dass sich Krankheiten heilsam auf den Charakter auswirken können

von Yonatan Amrani  12.04.2024

Talmudisches

Der Gecko

Was die Weisen der Antike über das schuppige Kriechtier lehrten

von Chajm Guski  12.04.2024

Meinung

Pessach im Schatten des Krieges

Gedanken zum Fest der Freiheit von Rabbiner Noam Hertig

von Rabbiner Noam Hertig  11.04.2024