Interview

»Interaktiv viel spannender«

Frau Verö-Bán, Sie haben eine »interaktive Haggada« geschrieben – mit vielen Bildern, Fragen und bunten Stickern, die Kinder auf die Seiten kleben können. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
In Ungarn machen wir in unserer Gemeinde jedes zweite Jahr eine »interaktive Sedernacht«. Über 200 Menschen kommen, die Kinder verkleiden sich, sie erleben im Spiel das Exil, sie überqueren das Rote Meer. Ich habe mir gedacht, dass Kinder ein solches Erlebnis auch zu Hause haben sollten. Selbst Menschen, die nicht sehr viel von Religion wissen, können mit einer solchen Haggada einen Seder leiten. Es ist die wichtigste Aufgabe von Pessach, die Geschichte an die Kinder weiterzugeben und für sie interessant zu machen. Aber oft läuft der Seder so ab, dass zwischen dem »Ma nischtana« und der Afikoman-Suche nicht viel passiert.

Das heißt, für Kinder droht der Sederabend langweilig zu werden?
Ja! Denn die Zeit zwischen »Ma nischtana« und Afikoman-Suche kann ganz schön lang sein. Und Kinder sitzen nun mal nicht gerne still. Ich habe mir gedacht, man sollte ihnen den ganzen Abend die Pessachgeschichte so erzählen, dass es für sie interessant ist. Und wenn man viele kleine Höhepunkte aufbaut und Kinder aktiv sein können, dann ist es für sie auch viel spannender.

Sollen Kinder am Sederabend tatsächlich Sticker einkleben?
Für Kinder aus religiösen Familien ist das keine Möglichkeit, aber sie können es auch am Abend davor tun. Kinder aus weniger religiösen Familien können die Sticker am Sederabend selbst einkleben und die Seiten bemalen.

Aber können sich Kinder so überhaupt auf den Seder konzentrieren?
Die Eltern müssen die Kinder beaufsichtigen und ihnen sagen, was sie tun sollen – Blatt für Blatt. Man soll natürlich nicht in den ersten zehn Minuten das ganze Heft vollkleben!

Eine der Fragen in Ihrer Haggada heißt: »Wer kann ein Stück Mazza so essen, dass man es nicht hört?« Klingt eher unwahrscheinlich, dass das klappt – oder?
Diese Übung ist super, weil es dann endlich mal für einen Moment still am Sedertisch ist. Das bringt Kinder wirklich zum Lachen, ich habe es ausprobiert. Und ja, es funktioniert, wenn man zu der Mazza ein bisschen Wasser trinkt. Das ist der Trick dabei.

Was ist für Sie die wichtigste Botschaft, die Sie Kindern an Pessach vermitteln wollen?
Der Sederabend ist ein wichtiges Familienereignis. Wer es als Kind erlebt hat, wird sich immer daran erinnern. Es ist eine Nacht, die ganz anders ist als alle anderen Nächte – nicht nur deshalb, weil wir besondere Speisen essen, sondern weil wir alle zusammen um den Tisch sitzen. Und obwohl die Pessachgeschichte sehr tough ist, zeigt uns der Sederabend, dass es Spaß machen kann, jüdisch zu sein, und dass wir das Judentum positiv erleben können. Es muss nicht immer nur um die Schoa oder Antisemitismus gehen.

Mit der ungarischen Rebbetzin und Kinderbuchautorin sprach Ayala Goldmann.

Die interaktive Haggada ist bei den Literaturhandlungen Berlin und München oder unter shop.hillel.hu erhältlich.

Rosch Haschana

Jüdisches Neujahrsfest: Bischöfe rufen zu Verständigung auf

Stäblein und Koch betonten in ihrer Grußbotschaft, gerade jetzt dürfe sich niemand »wegducken angesichts von Hass und Antisemitismus«

 16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in wiedereröffneter Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  16.09.2025 Aktualisiert

Ki Tawo

Echte Dankbarkeit

Das biblische Opfer der ersten Früchte hat auch für die Gegenwart eine Bedeutung

von David Schapiro  12.09.2025

Talmudisches

Schabbat in der Wüste

Was zu tun ist, wenn jemand nicht weiß, wann der wöchentliche Ruhetag ist

von Yizhak Ahren  12.09.2025

Feiertage

»Zedaka heißt Gerechtigkeit«

Rabbiner Raphael Evers über Spenden und warum die Abgabe des Zehnten heute noch relevant ist

von Mascha Malburg  12.09.2025

Chassidismus

Segen der Einfachheit

Im 18. Jahrhundert lebte in einem Dorf östlich der Karpaten ein Rabbiner. Ohne je ein Werk zu veröffentlichen, ebnete der Baal Schem Tow den Weg für eine neue jüdische Strömung

von Vyacheslav Dobrovych  12.09.2025

Talmudisches

Stillen

Unsere Weisen wussten bereits vor fast 2000 Jahren, was die moderne Medizin heute als optimal erkennt

von David Schapiro  05.09.2025

Interview

»Die Tora ist für alle da«

Rabbiner Ethan Tucker leitet eine Jeschiwa, die sich weder liberal noch orthodox nennen will. Kann so ein Modell auch außerhalb New Yorks funktionieren?

von Sophie Goldblum  05.09.2025

Trauer

Eine Brücke zwischen den Welten

Wenn ein Jude stirbt, gibt es viele hilfreiche Riten. Doch auch für Nichtjuden zeigt die Halacha Wege auf

von Rabbiner Avraham Radbil  05.09.2025