Tefilat Haderech

In den Urlaub mit G’ttes Segen

Auch am Flughafen kann man beten. Foto: Flash 90

Sommer ist die Zeit der Ferien, des Urlaubs und natürlich des Reisens. Wer unterwegs ist, sei es zu Fuß, mit dem Auto, dem Zug oder Flugzeug, sollte das Reisegebet sprechen (Piskej Teschuwot 110,2). Die Tradition des Tefilat HaDerech, wörtlich das »Gebet des Weges«, reicht weit in unsere Geschichte zurück. Der Talmud schreibt die Schaffung dieses Ritus dem Propheten Elija zu, der einen Gelehrten darauf hinwies: »Wenn du auf eine Reise gehst, suche den Rat deines Schöpfers und gehe weiter.«

Es ist ein kurzes Gebet, in dem wir G’tt darum bitten, uns wohlbehalten zum Ziel unserer Reise zu führen und uns vor allen Gefahren, die uns auf dem Weg drohen könnten, zu beschützen.

Doch welche Art von Reise erfordert Tefilat HaDerech? Nach Ansicht einiger Rabbiner sollte man das Gebet nicht bei jeder alltäglichen Fahrt rezitieren, sondern nur, wenn man wegen der Reise nervös ist (Rabbi Joseph B. Soloveitchik). Andere vertreten die Ansicht, man sage es unabhängig davon (Rabbi Yaakov Kamenet­sky). Nach aschkenasischer Lesart sollte man die Bracha machen, solange die zurückgelegte Entfernung mindestens 3,84 Kilometer beträgt.

Allerdings gibt es dabei einiges zu beachten. Wenn man eine Entfernung von 8000 Amot, also etwa vier Kilometer, von einer Stadt zu einer anderen zurücklegt, rezitiert man Tefilat HaDerech nur dann, wenn sich auf dem Weg keine weitere Stadt im näheren Umkreis befindet. Andere sagen, dass man die Bracha ausschließlich rezitieren sollte, wenn das Ziel, zu dem man reist, mehr als 16.000 Amot, also etwa acht Kilometer, entfernt ist (Shevet Halevi 10,21,1).

Die Entfernung wird anhand der Distanz gemessen, die man tatsächlich zurücklegt, und nicht anhand der Luftlinie (Piskej Teschuwot 110,8).

Sefardim sind hingegen der Ansicht, dass Tefilat HaDerech gesagt wird, wenn man mit dem Auto, Zug, Boot, Flugzeug oder einem anderen Transportmittel über 72 Minuten von seinem Abfahrtort zu seinem Ziel braucht (Halacha Brura 110,16). Und auch, wenn es auf dem Weg Städte gibt, besteht die sefardische Tradition darin, Tefilat HaDerech zu sagen (Yalkut Yosef).

Der Zeitpunkt des Gebets ist genau festgelegt. Anders als viele meinen, spricht man es nicht vor Antritt der Reise.

Der Zeitpunkt des Gebets ist ebenfalls genau festgelegt. Anders als viele meinen, spricht man es nicht vor Antritt der Reise. Tefilat HaDerech sollte nicht gesagt werden, solange man die Stadt noch nicht verlassen hat und etwas mehr als 70 Amot, also ein paar Meter, von ihr entfernt ist (Mischna Brura 110,29). Wird die Bracha jedoch gesagt, während man sich noch in der Stadt befindet, so gilt die Verpflichtung trotzdem als erfüllt (Mischna Brura 110,29).

Ideal wäre es, das Gebet innerhalb der ersten 8000 Amot der Reise zu sagen (Kitzur Schulchan Aruch 68,1). Wenn man dies jedoch nicht getan hat, lässt sich Tefilat HaDerech immer noch sagen, solange man weitere 8000 Amot der Reise vor sich hat (Schulchan Aruch 110,7).

Wenn man das Tefilat HaDerech während der Reise spricht, ist es empfohlen, beim Sprechen des Gebets still zu stehen. Befindet man sich dabei in einem Bus oder Zug und ist in der Lage zu stehen, sollte dies getan werden – andernfalls kann man das Gebet im Sitzen sprechen.

Beim Autofahren sollte man übrigens anhalten, um die Bracha zu sprechen. Denn wer sich auf das Gebet konzentrieren will, kann sich nicht gleichzeitig auch auf den Verkehr fokussieren.

Jeder Reisender sollte den Segen selbst sprechen, aber es ist auch erlaubt, dass einer ihn sagt und die anderen ihre Verpflichtung in der Form erfüllen, dass sie es hören und mit einem »Amen« antworten (Piskej Teschuwot 110,3).

Das Gebet beschützt die Reise des ganzen Tages sowie der ganzen Nacht, es sei denn, man wollte seine Reise frühzeitig beenden und hat es sich dann anders überlegt (Kitzur Schulchan Aruch 68,5).

Wird die Reise am nächsten Tag fortgesetzt, ist ein weiteres Reisegebet erforderlich, es sei denn, man ist die ganze Nacht ohne Pause unterwegs gewesen (Mischna Brura 110,26). Haben Sie eine gesegnete und beschützte Reise in den Urlaub, hoffentlich viele Amot weit!

Attentat in Sydney

»Was würden die Opfer nun von uns wollen?«

Rabbiner Yehuda Teichtal hat bei dem Attentat in Sydney einen Freund verloren und wenige Stunden später in Berlin die Chanukkia entzündet. Ein Gespräch über tiefen Schmerz und den Sieg des Lichts über die Dunkelheit

von Mascha Malburg  16.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  15.12.2025

Chanukka

Das jüdische Licht

Die Tempelgeschichte verweist auf eine grundlegende Erkenntnis, ohne die unser Volk nicht überlebt hätte – ohne Wunder kein Judentum

von Rabbiner Aharon Ran Vernikovsky  12.12.2025

Deutschland-Reise

Israels Oberrabbiner besucht Bremen

Kalman Meir Ber trifft Bürgermeister Andreas Bovenschulte und die Präsidentin der Bremischen Bürgerschaft, Antje Grotheer (beide SPD)

 12.12.2025

Wajeschew

Ein weiter Weg

Das Leben Josefs verlief nicht geradlinig. Aber im Rückblick erkennt er den Plan des Ewigen

von Rabbinerin Yael Deusel  12.12.2025

Talmudisches

Nach der Sieben kommt die Acht

Was unsere Weisen über die Grenze zwischen Natur und Wunder lehren

von Vyacheslav Dobrovych  12.12.2025

Chanukka

Nach dem Wunder

Die Makkabäer befreiten zwar den Tempel, doch konnten sie ihre Herrschaft nicht dauerhaft bewahren. Aus ihren Fehlern können auch wir heute lernen

von Rabbiner Julian-Chaim Soussan  12.12.2025

Quellen

Es ist kompliziert

Chanukka wird im Talmud nur selten erwähnt. Warum klammerten die Weisen diese Geschichte aus?

von Rabbiner Avraham Radbil  11.12.2025

Religion

Israels Oberrabbiner erstmals auf Deutschlandbesuch

Kalman Ber startet seine Reise in Hamburg und informiert sich dort über jüdisches Leben. Ein Schwerpunkt: der geplante Neubau einer Synagoge

 10.12.2025