Seder

Immer auf die Kleinen

Freuen sich schon auf Pessach: die Frankfurter Schüler Sammy, Tamara und Oorell Foto: Rafael Herlich

Für das jüngste Kind in der Familie ist der Sederabend oft Stress: Es muss vor versammeltem Publikum die Frage stellen, was diese Nacht von allen anderen Nächten unterscheidet: »Ma nischtana ha-Laila hase mikol ha-Leilot«.

»Ich hoffe so, dass meine Schwester endlich ein Kind bekommt, damit ich nicht mehr der Jüngste in der Familie bin!«, sagt der 14-jährige Sammy aus Frankfurt am Main – und seufzt tief. Doch obwohl er seinen Pessach-Job gerne loswerden möchte, ist das »Ma nischtana« trotzdem sein Lieblingslied.

Sprachen Dabei nimmt Sammys Familie, die nicht sehr religiös ist, den Sederabend wie auch das gesamte Pessachfest »recht locker«. So wird der Seder auch nicht ausufernd lang: »Wir lesen und singen, wozu wir Lust haben«, sagt der Frankfurter pragmatisch. Er ist aber auch stolz darauf, dass seine Familie die Haggada in drei verschiedenen Sprachen liest.

Seine Mutter stammt aus der Ukraine, sein Vater aus Israel. Für die Afikoman-Suche fühlt sich Sammy »zu alt«. Auch das letzte Geheimnis des Seders hat er längst durchschaut und kommentiert es nicht ohne lässige Ironie: »Ich hab’ mal gesehen, wie mein Vater den Becher von Elijahu Hanavi ausgetrunken hat. Seitdem ist mein Leben zerstört.«

Auf den Becher des Propheten hatte es auch Oorell, der wie sein Freund Sammy die Lichtigfeld-Schule in Frankfurt besucht, jahrelang abgesehen: »Ich hab’ immer gesagt, ich bleibe die ganze Nacht wach, bis Elijahu getrunken hat. Aber ich habe es nie geschafft.« Abgesehen davon ist der 14-Jährige »früher«, wie er sagt, während des Seders sogar eingeschlafen.

cool »Wir lesen die ganze Haggada, das dauert ewig«, meint Oorell. Aber Abkürzungen gibt es in seiner Familie nicht. In diesem Jahr ist Oorell auf den Seder gespannt: Weil Besuch aus Israel kommt und der Arbeitsaufwand für den Seder auszuufern droht, »feiern wir in der Budge-Stiftung«. Eines lässt ihn auf einen angenehmen Abend hoffen: »Andy Steiman, der Rabbi dort, ist cool!«

Tamaras Eltern sind religiös. »Wir machen Pessach von A bis Z«, sagt sie. Für die 13-Jährige bedeutet das einen großen Verzicht: An den Feiertagen kann sie ihr Handy nicht benutzen. »Das ist schon hart«, sagt Tamara. Oorell kann ihr da nur zustimmen.

Abgesehen davon freut sich Tamara aber »richtig auf Pessach«. Den ersten Sederabend verbringt ihre Familie in der Jüdischen Gemeinde, den zweiten zu Hause. Bei den Vorbereitungen dafür hilft sie ihrer Mutter – im Moment in erster Linie damit, dass sie auf ihre knapp zweijährige Schwester aufpasst.

Melodien »Mein Papa liest vor, das ist sehr schön«, sagt Tamara. Trotzdem bevorzugt sie den Abend im Gemeindezentrum: »Man erlebt den Seder zu 100 Prozent richtig, und man kennt dort alle Melodien«, sagt sie zufrieden. Dafür nimmt sie auch einen Fußmarsch in Kauf: Tamaras Familie wohnt etwa 30 Minuten zu Fuß vom Gemeindezentrum entfernt.

Bei der Wahl des Lieblingsliedes ist die 13-Jährige mit Oorell einer Meinung: »›Echad mi yodea‹ – vor allem, wenn alle die Reihenfolge der Aufzählung durcheinanderbringen«, darauf freuen sie sich. Und was sie gänzlich entspannt: Das »Ma nischtana« wird die beiden Frankfurter in diesem Jahr nicht treffen.

Ha'Asinu

Die Kraft der Musik

Der Tanach enthält bedeutende Lieder – aber auch beim Beten, Lesen und Toralernen wird gesungen

von Rabbiner Salomon Almekias-Siegl  02.10.2024

Mizwot

613 Kerne, 613 Chancen

Mosche Sofer schrieb im 18. Jahrhundert, dass der Granatapfel genauso viele Kerne enthält, wie die Tora Gebote und Verbote zählt. Hier stellen wir acht vor, die Sie im neuen Jahr ausprobieren können

von Rabbiner Dovid Gernetz  02.10.2024

Rosch Haschana

Es beeinflusst unser Schicksal, wie wir den Neujahrstag begehen

Ein Gastbeitrag von Rabbiner Elischa Portnoy

von Rabbiner Elischa Portnoy  02.10.2024

Israel

David Josef zum neuen sephardischen Oberrabbiner Israels gewählt

Bei der Wahl des aschkenasischen Konterparts kam es hingegen zu einem Patt

 30.09.2024

Familie

»Mein Mann und ich hatten das Gefühl zu versagen«

Seit Jahrtausenden ist es ein jüdisches Ideal, viele Kinder zu bekommen. Doch schon die Tora berichtet, wie kompliziert der Weg dahin sein kann. Hier erzählen zwei Frauen ihre Geschichte

von Mascha Malburg  29.09.2024

Nizawim-Wajelech

Einer für alle

Die Tora lehrt, dass jeder Einzelne Verantwortung für das gesamte Volk trägt

von Yaakov Nektalov  26.09.2024

Antisemitismus-Forschung

Wie Europa im Mittelalter antisemitisch wurde

Donald Trump hat ausgerechnet bei einem Event gegen Antisemitismus angedeutet, die Juden seien schuld, wenn er die Wahl verliere. Was hat Antisemitismus von heute mit dem Mittelalter zu tun?

von Christiane Laudage  24.09.2024

Jüdische Kulturtage

Festzug durch Berlin-Mitte

In einer feierlichen Zeremonie wurde eine neue Torarolle mit den Namen der 1200 israelischen Opfer vom 7. Oktober vollendet

 26.09.2024 Aktualisiert

Interview

»Diese Tora ist ein Zeichen, dass wir überlebt haben«

Micha Mark Farnadi-Jerusalmi über das Schreiben religiöser Texte und den Beruf des Sofers

von Mascha Malburg  22.09.2024