Rosch Haschana

Hast du Töne?

Ein Schofar zum Klingen zu bringen, erfordert viel Puste, Training – und tolerante Nachbarn. Foto: Getty Images

Der Ton des Schofars gehört für Jehuda Wältermann und seine Familie zu Rosch Haschana. Es sei etwas ganz Besonderes, deshalb schmerzt ihn, in diesem Jahr darauf verzichten zu müssen.

»Leider können wegen Corona nur zehn Beter die Gottesdienste besuchen«, bedauert er. Da der ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Oldenburg kein gesundheitliches Risiko eingehen möchte, wird er zu Neujahr den Ruf des Schofars nicht in der Synagoge hören können.

Ein kleiner Trost: Er beherrscht das Horn selbst. Und mit ihm seine Frau und seine drei Kinder, von denen ein Sohn gerade in Israel seinen Militärdienst leistet. »Da Lior Trompete spielt, fiel es ihm leicht, das Schofar zu blasen. Er hat sogar Melodien und Tonleitern hinbekommen.«

Kurs Vor einiger Zeit habe ein Rabbiner einmal einen Kurs zum Schofarblasen angeboten, und die Familie nahm teil. Das Können geht sogar so weit, dass Jehuda Wältermann wiederum jemandem die Technik vermittelte, der dann prompt an den Hohen Feiertagen in der Synagoge in Oldenburg blies.

Bei YouTube gibt es Tutorials, in denen die Technik erklärt wird.

Mittlerweile verfügt Familie Wältermann über ein ein Meter langes Horn – »wenn man das im Wohnzimmer spielt, fliegen einem die Ohren weg« –, über ein mittellanges und mehrere kleine. »Selbstverständlich werden wir es zu Neujahr blasen.«

Ihm falle es auch leicht, Töne herauszubekommen, da er als Kind Fanfare, eine Naturtrompete, spielte. In den vergangenen Jahren ist die Familie für diesen Moment auch in ihren kleinen Garten hinausgegangen.

Technik Das haben auch die Beter der Berliner Synagoge Fraenkelufer vor, »damit auch Leute es hören können, die nicht zum Gebet kommen können oder wollen. Unsere Plätze beim Gebet sind ja leider sehr begrenzt. Und für viele fühlt es sich auch nicht sicher genug an, in die Synagoge zu kommen«, sagt Nina Peretz, Vorsitzende der Freunde der Synagoge Fraenkelufer.

Sie hat sich umgehört, auf welche Art und Weise sich die Gemeindemitglieder die Blastechnik aneignen. »Sie nutzen YouTube-Videos, und da soll es nun auch viele neue geben.« Wer in Nürnberg lebt und das Schofar spielen lernen möchte, der kann sich an Mark Spivak wenden, heißt es bei der dortigen Gemeinde. Kurse werden nicht gegeben, denn in dem Gemeindezentrum ist auch das Altersheim untergebracht – da müsse man Rücksicht nehmen. Aber eine höhere Nachfrage wurde gar nicht festgestellt.

Geschenk Das kleine, aber sehr schöne Schofar, das er als Fünfjähriger von seiner Großmutter geschenkt bekommen hat, begleitet Rabbiner Avichai Apel schon sein ganzes Leben.

Jedes Mal zu Neujahr holt er es wieder heraus und entlockt ihm ein paar Töne, so der Frankfurter Rabbiner, der auch Vorstandsmitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland ist. Mittlerweile könne man im Internet leicht ein koscheres Horn bestellen, hat er beobachtet. Eigentlich habe er sich das Schofarblasen selbst beigebracht – und auch seine Kinder lernen es in diesen Tagen. »Man beginnt damit, mit dem Mundstück zu spielen und ihm richtige Töne zu entlocken.«

Das Schofar seiner Großmutter begleitet Rabbiner Avichai Apel.

Das könne jeder für sich in den eigenen vier Wänden versuchen. Sobald Töne herauskommen, sollte man sich an einen Rabbiner oder Kantor wenden, um besser zu werden, lautet Apels Tipp. Aber von Kursen rät er ab, die findet er wegen Corona und der damit einhergehenden Aerosole sehr problematisch.

Klang Wichtig sei auch, dass jeder sein eigenes Schofar nutzt und es nicht untereinander ausgetauscht wird. »Darauf sollte man jedes Jahr achten, aber diesmal ganz besonders.« Einen Rat für einen schönen Schofarklang hat er auch noch: einen Tag vor Neujahr das Horn mit Wodka gefüllt liegen lassen. Dann klinge es noch weicher.

Man bräuchte kein besonderes Talent, um es hinzubekommen, sagt Rabbiner Shmuel Segal von Chabad Lubawitsch in Berlin. Er erinnere sich nicht mehr genau, von wem er es gelernt hat, wahrscheinlich von seinem Vater.

Das Schofar soll schön klingen, wenn es vorher mit Wodka gefüllt wird.

Der Rabbiner plant, vor den Hohen Feiertagen einen kleinen Kurs anzubieten, bei dem sich alles rund um Bedeutung und Spieltechnik dreht.

Für ihn ist wichtig, dass sie zu den alten und kranken Menschen in Seniorenresidenzen oder Krankenhäusern gehen, um dort für sie das traditionelle Widderhorn zu blasen. In diesem Jahr geschieht das wahrscheinlich eher vor den Fenstern statt im Gebäude.

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

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