Impfung

»Gelobt sei, der uns Leben gegeben hat«

Corona-Impfung in Israel Foto: Flash90

Die Freude über den Beginn der Impfungen gegen die Lungenkrankheit Covid-19 ist groß. Viele Jüdinnen und Juden, die bereits geimpft wurden – die meisten in Israel und den USA – sind deswegen sehr emotional und möchten gerne ihre Dankbarkeit ausdrücken, auch gegenüber G’tt. Doch was ist der richtige Segensspruch oder das richtige Gebet für die Impfung?

Natürlich spricht nichts dagegen, ein persönliches Lobgebet, das von Herzen kommt, zu sagen. Es gibt aber auch einige klassische Gebete, die vielleicht passen. Einige Rabbiner haben die Birkat Hagomel vorgeschlagen, den Segensspruch, der gesagt wird, wenn man einer Lebensgefahr entgangen ist. Das passt sicherlich bei denjenigen, die sich infiziert hatten, oder vielleicht auch für Krankenhauspersonal, das besonderen Risiken ausgesetzt ist. Für alle anderen ist es wohl eher unpassend.

Zeitsegen Eine andere Möglichkeit ist das Schehechejanu (»der uns Leben gegeben hat«). Diesen Zeitsegen können wir immer sagen, wenn wir etwas sehr selten oder zum ersten Mal tun und davon einen Nutzen oder große Freude daran haben – insofern sicherlich treffend. Daher ist es beispielsweise die erste Wahl für Rabbiner Yosef Zvi Rimon, Rosch Jeschiwa des Lev Academic Center und international anerkannter Posek.

Andere Rabbiner wiederum bevorzugen den Segensspruch Hatow Wehameitiw (»der Gute, der Gutes erweist«), den man ebenfalls bei freudigen Ereignissen sagt. Der Unterschied zwischen beiden Segenssprüchen ist, dass das Schehechejanu gesagt wird, wenn man alleine persönliche Freude erfährt, während Hatow Wehameitiw rezitiert wird, wenn man die Freude mit anderen teilt (Schulchan Aruch, Orach Chaim 232,1).

Von der Impfung profitieren viele Menschen und teilen die Freude, nicht nur Einzelpersonen. Aufgrund dieser Überlegung empfiehlt Rabbiner Her­shel Schachter, der Rosch Jeschiwa von RIETS, dem Rabbinerseminar der Yeshiva University und führender amerikanischer Posek, Hatow Wehameitiw zu sagen – was er übrigens auch getan hat, als er vor Kurzem geimpft wurde.

Heiler Gemäß dem Schulchan Aruch (Orach Chaim 230,4) sollte man das Gebet »Möge es Dein Wille sein, Ewiger, mein G’tt, dass dieser Vorgang mir Heilung bringt, denn Du bist Heiler, ohne etwas zu verlangen« vor medizinischen Eingriffen sagen und danach »Gelobt sei Derjenige, der die Kranken heilt« (siehe Mischna Berura 230,6). Rabbiner Eliezer Waldenberg meinte, man sollte diese Gebete vor und nach der Einnahme von Medikamenten sprechen, was auch bei einer Impfung geeignet wäre.

Es gibt aber auch Rabbiner, die eigens für die Impfung gegen Corona ein Gebet geschrieben haben. Zwei Beispiele möchte ich hier kurz nennen. Das eine stammt von den Reformrabbinerinnen Barbara Symons und Doris Dyen aus Pittsburgh. Es besteht aus zwei Segenssprüchen. Der erste ist eine Variante des Ascher Jazar (»der Menschen mit Weisheit formt«) aus der Morgenliturgie, das G’tt für das Wunder und die Funktionsfähigkeit unseres Körpers dankt. Es endet allerdings mit einem Schwerpunkt auf dem Wirken des Menschen, also der Forscher und Mediziner, die bei der Bekämpfung des Virus als Partner G’ttes fungieren. Der zweite Segensspruch ist das Schehechejanu.

Mediziner Das andere Gebet ist von Rabbiner Eli Yoggev und Rabbanit Bracha Jaffe, beides bekannte modern-orthodoxe Persönlichkeiten aus zwei großen jüdischen Gemeinden in Baltimore und New York. Es wendet sich an den »Herrn der Welt« und »Weisheitsgeber«, dem wir für den Impfstoff danken und dem »Wissen, der Weisheit und der Ausdauer«, mit der Mediziner und Wissenschaftler ihn hervorgebracht haben.

In dem Gebet bittet man auch um die Heilung der Kranken und die Rettung durch den Impfstoff, ohne Nebenwirkungen. Alle Menschen sollen noch »viele Jahre lang viel Segen, Licht und Gutes genießen«. Zwei Verse aus Psalm 19 und 36 beenden das Gebet.

Wer übrigens bei der ersten Impfung vergessen hat, einen Segensspruch oder ein Dankgebet zu sagen, kann das bei der zweiten Impfung nachholen.

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Rosch Haschana

Jüdisches Neujahrsfest: Bischöfe rufen zu Verständigung auf

Stäblein und Koch betonten in ihrer Grußbotschaft, gerade jetzt dürfe sich niemand »wegducken angesichts von Hass und Antisemitismus«

 16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in wiedereröffneter Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  16.09.2025 Aktualisiert

Ki Tawo

Echte Dankbarkeit

Das biblische Opfer der ersten Früchte hat auch für die Gegenwart eine Bedeutung

von David Schapiro  12.09.2025

Talmudisches

Schabbat in der Wüste

Was zu tun ist, wenn jemand nicht weiß, wann der wöchentliche Ruhetag ist

von Yizhak Ahren  12.09.2025

Feiertage

»Zedaka heißt Gerechtigkeit«

Rabbiner Raphael Evers über Spenden und warum die Abgabe des Zehnten heute noch relevant ist

von Mascha Malburg  12.09.2025

Chassidismus

Segen der Einfachheit

Im 18. Jahrhundert lebte in einem Dorf östlich der Karpaten ein Rabbiner. Ohne je ein Werk zu veröffentlichen, ebnete der Baal Schem Tow den Weg für eine neue jüdische Strömung

von Vyacheslav Dobrovych  12.09.2025

Talmudisches

Stillen

Unsere Weisen wussten bereits vor fast 2000 Jahren, was die moderne Medizin heute als optimal erkennt

von David Schapiro  05.09.2025

Interview

»Die Tora ist für alle da«

Rabbiner Ethan Tucker leitet eine Jeschiwa, die sich weder liberal noch orthodox nennen will. Kann so ein Modell auch außerhalb New Yorks funktionieren?

von Sophie Goldblum  05.09.2025