Pandemie

»Es gibt ein Danach«

Rabbiner Julian-Chaim Soussan Foto: Marco Limberg

Rabbiner Soussan, was hat sich für Ihre Arbeit durch die jüngsten Corona-Beschlüsse geändert?
In Frankfurt hat sich konkret nichts geändert. Wir haben immer versucht, größtmögliche Sicherheit und höchsten Gesundheitsschutz zu gewähren. Im Gottesdienst besteht überall und permanent Maskenpflicht. Die üblichen Hygienemaßnahmen gelten ebenso. Die kleineren Synagogen sind alle geschlossen. Die Westend-Synagoge hat den Vorteil, dass sie so groß ist, dass die Abstände gut eingehalten werden können. Die Anmeldungen erfolgen ohnehin. Gesetzt den Fall, dass etwas passiert – Gott behüte –, ist eine Rückverfolgung möglich.

War der Gesang im Gottesdienst bisher erlaubt?
Es besteht ein Gesangsverbot für die Beter. Nur der Vorbeter singt vor, und das in einem großen Abstand zu den Gemeindemitgliedern. Wenn der nicht eingehalten werden kann, muss Maske getragen werden.

Was empfehlen Sie Gemeindemitgliedern, die Krankheitssymptome haben oder zur Corona-Risikogruppe zählen?
Wir freuen uns natürlich über funktionierende Gottesdienste. Das Mindestquorum von zehn Männern ist sehr erwünscht, damit wir Tora lesen und alle Gebete sprechen können. Aber die Gesundheit geht vor. Wer also Krankheitssymptome zeigt oder zur Risikogruppe gehört, sollte auf keinen Fall in den Gottesdienst kommen.

Kanzleramtsminister Helge Braun hat den Kirchen Online-Gottesdienste empfohlen. Wäre das für jüdische Gemeinden denkbar?
Der Minjan funktioniert nur, wenn die Menschen in einem Raum anwesend sind. Virtuell kann man das nicht herstellen.

Wie viele Beter kamen in den vergangenen Wochen zum Gottesdienst?
Wir sehen einen sehr starken Rückgang der Gottesdienstbesucher. Wir haben derzeit am Samstagmorgen um die 60 Besucher. Zu normalen Zeiten sind es etwa 150 Besucher allein in der Westend-Synagoge.

Wie blicken Sie auf die Gottesdienste im Jahr 2020 zurück?
Ich bin sehr beeindruckt gewesen, wie bereitwillig die Gottesdienstbesucher alle neuen Maßnahmen mitgetragen haben. Es gab keine Verweigerer. Das Anstrengendste und Traurigste war für mich, dass man nicht mitsingen kann. Es ist ein Gefühl von Bedrückung da im Gegensatz zur Freude und Spiritualität, die wir sonst erleben.

Was gibt Ihnen dennoch Hoffnung?
Wir wissen, dass es ein Danach gibt. Man muss glücklich sein, dass wir insgesamt glimpflich davongekommen sind. Wir können froh sein, dass wir überhaupt die Möglichkeit hatten, Gottesdienste abzuhalten. Das ist ein Gewinn und ein Mehrwert auch für diejenigen, die nicht in der Synagoge dabei sind. Das wirkt positiv auf die ganze Gemeinde.

Mit dem Frankfurter Gemeinderabbiner und ORD-Mitglied sprach Eugen El.

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