Wieso Weshalb Warum

Elul

Zur Einstimmung auf Rosch Haschana: Ab dem zweiten Tag des Monats Elul wird das Schofar geblasen. Foto: Thinkstock

Wenn jemand einen wichtigen Gerichtstermin hätte, in dem es um sein ganzes Vermögen, die Qualität seines Lebens oder gar um sein Leben selbst gehen würde, dann würde er sich wochenlang auf diesen Termin vorbereiten. Er würde Bekannte, die in einer ähnlichen Situation gewesen sind oder sich mit solchen Fällen besser auskennen, um Ratschläge bitten. Und er würde versuchen, die besten Anwälte zu finden. Er würde alle ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen und Mittel einsetzen, um aus diesem Gerichtstag das Beste für sich herauszuholen.

Weichen An Rosch Haschana wird die ganze Welt gerichtet. An diesem Tag werden unsere Finanzen für das kommende Jahr festgelegt. Es wird über unsere Gesundheit und die unserer Angehörigen und Freunde entschieden. An diesem Tag wird auch bestimmt, wer von uns das kommende Jahr überleben wird und wer nicht. So gesehen ist Rosch Haschana der wichtigste Tag des Jahres, denn da werden die Weichen für das kommende Jahr gestellt. Folglich muss der letzte Monat des Jahres, also der Monat Elul, für uns als der Vorbereitungsmonat zum wichtigsten Tag des Jahres werden, an dem über uns Gericht gehalten wird.

Elul ist der Monat, in dem wir versuchen müssen, in uns hineinzuschauen, unsere Taten und unser Verhalten des zu Ende gehenden Jahres ehrlich zu reflektieren und unsere Ziele für das nächste Jahr zu formulieren, damit wir am Gerichtstag dem Richter aller Richter etwas vorweisen können.

»Elul« ist auch die Abkürzung eines Verses aus dem Hohelied, dem biblischen Buch Schir Haschirim: »Ani Ledodi Wedodi Li« (6,3). Das heißt übersetzt: »Ich bin meines Geliebten, und mein Geliebter ist mein«.

Nähe Wie wir wissen, symbolisiert die Liebesbeziehung, die im Hohelied beschrieben wird, die Beziehung zwischen dem Allmächtigen und dem jüdischen Volk. Demzufolge symbolisiert der Monat Elul die besondere Nähe zwischen G’tt und seinem Volk. Er kommt uns entgegen und wartet, bis wir uns Ihm annähern.

Und so wurden für den Monat Elul besondere Gebete geschaffen, die Slichot. Bei den sefardischen Juden ist es Brauch, die Slichot während des gesamten Monats zu rezitieren. Die Aschkenasim sagen die Slichot erst ab dem Schabbatausgang vor Rosch Haschana.

Das Herzstück der Slichot bilden die »13 Eigenschaften der Barmherzigkeit (des Ewigen)«. Als sich Mosche Rabejnu nach der Sünde mit dem Goldenen Kalb an G’tt wandte und verstehen wollte, wie G’tt die Welt regiert, erhielt er als Antwort auf seine Frage: die 13 Eigenschaften der Barmherzigkeit. In diesem Gebet handelt es sich vor allem um die Geduld des Allmächtigen, der, trotz unserer Vergehen, immer bereit ist, uns eine zweite Chance zu geben.

Besinnung Bei aschkenasischen Juden ist es üblich, ab dem zweiten Tag des Monats Elul jeden Morgen nach dem Gebet den Schofar zu blasen. Die Stimme des Schofars soll uns zur Besinnung bringen und uns daran erinnern, dass bald Rosch Haschana kommt und Gericht gehalten wird. Wir müssen uns also darauf vorbereiten. Außerdem sagt man am Ende des Morgen- und Abendgebets den Psalm 27, den König David verfasst hat. In Vers 4 steht: »Eines wünsche ich vom Ewigen, das erbitte ich, dass ich möge bleiben im Hause des Ewigen all meine Lebenstage«.

Dieser Vers soll uns den Anstoß geben, den Sinn des Monats Elul zu erfüllen und die Nähe zum Allmächtigen zu suchen. Mögen wir die Vorbereitungszeit des Monats Elul sinnvoll nutzen, um an Rosch Haschana ins Buch des Lebens eingeschrieben zu werden.

Bayern

Merz kämpft in wiedereröffneter Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  15.09.2025 Aktualisiert

Ki Tawo

Echte Dankbarkeit

Das biblische Opfer der ersten Früchte hat auch für die Gegenwart eine Bedeutung

von David Schapiro  12.09.2025

Talmudisches

Schabbat in der Wüste

Was zu tun ist, wenn jemand nicht weiß, wann der wöchentliche Ruhetag ist

von Yizhak Ahren  12.09.2025

Feiertage

»Zedaka heißt Gerechtigkeit«

Rabbiner Raphael Evers über Spenden und warum die Abgabe des Zehnten heute noch relevant ist

von Mascha Malburg  12.09.2025

Chassidismus

Segen der Einfachheit

Im 18. Jahrhundert lebte in einem Dorf östlich der Karpaten ein Rabbiner. Ohne je ein Werk zu veröffentlichen, ebnete der Baal Schem Tow den Weg für eine neue jüdische Strömung

von Vyacheslav Dobrovych  12.09.2025

Talmudisches

Stillen

Unsere Weisen wussten bereits vor fast 2000 Jahren, was die moderne Medizin heute als optimal erkennt

von David Schapiro  05.09.2025

Interview

»Die Tora ist für alle da«

Rabbiner Ethan Tucker leitet eine Jeschiwa, die sich weder liberal noch orthodox nennen will. Kann so ein Modell auch außerhalb New Yorks funktionieren?

von Sophie Goldblum  05.09.2025

Trauer

Eine Brücke zwischen den Welten

Wenn ein Jude stirbt, gibt es viele hilfreiche Riten. Doch auch für Nichtjuden zeigt die Halacha Wege auf

von Rabbiner Avraham Radbil  05.09.2025

Ki Teze

In Seinem Ebenbild

Was der Tanach über die gesellschaftliche Stellung von Frauen sagt

von Rabbinerin Yael Deusel  04.09.2025