Talmudisches

Die Zauberer des Pharaos

It’s magic! Moses verwandelt den Stab in eine Schlange Foto: Getty Images / istock

»Als Mosche und Aharon vor dem Pharao standen und ihre Stäbe in Schlangen verwandelt hatten, da sprachen Jochana und Mamre zu ihnen: ›Wollt ihr etwa billiges Stroh an einen Ort bringen, an dem mit Getreide gehandelt wird?‹ Darauf antworteten ihnen Mosche und Aharon: ›Das ist es, was die Leute zu sagen pflegen: Wenn es in einer Stadt viel Gemüse gibt, trag auch du Gemüse dahin‹« (Menachot 85a).

Sprichwort In dieser kurzen talmudischen Anekdote zitieren die beiden Ägypter Jochana und Mamre ein bekanntes Sprichwort, das in der antiken Welt verschiedene lokale Formen angenommen hat. So sagte etwa der griechische Dichter Aristophanes, es habe nicht viel Sinn, ins eulenreiche Athen weitere Eulen zu tragen.

In diesem Sinne könnte man, gemäß Jochana und Mamre, mit einem Import von Stroh nach Ägypten, der Kornkammer des Nahen Ostens, auch nichts gewinnen. Was ist aber hier der Sinn dieses Gleichnisses?
Nach verschiedenen jüdischen Überlieferungen aus der Zeit des Zweiten Tempels waren »Jochana und Mamre« – oder gräzisiert »Jannes und Jambres« – die Namen der beiden Hofzauberer des Pharaos zu der Zeit, als das jüdische Volk aus Ägypten auszog.

Brüder Wo die Tora immer nur unbestimmt von den »Zauberern Ägyptens und ihren Finessen« spricht (etwa 2. Buch Mose 7,11), setzt die Tradition greifbare Personen: das Brüderpaar Jochana (»der von G’tt Bestellte«) und Mamre (»der Rebellische«), Schüler von Bil’am, dem Mosche ebenbürtigen aramäischen Propheten.

Nach der Tradition waren es diese beiden Höflinge, die den Pharao berieten, als Mosche und Aharon ihn davon zu überzeugen suchten, das Volk Israel in die Freiheit zu entlassen.

Da Jochana und Mamre mithilfe ihrer magischen Kniffe fähig waren, ihre Zepter ebenfalls in Schlangen zu verwandeln und einige der Plagen, die der Ewige über Ägypten brachte, nachzuahmen, verhärtete der Pharao sein Herz und ließ die Israeliten nicht ziehen.

Magie Unsere talmudische Geschichte berichtet von dem ersten Eindruck, den die beiden Zauberer von Mosches und Aharons Schlangenwunder hatten. Sie erkannten es nicht als g’ttliches Zeichen an, sondern sahen darin nur eine weitere Form von Magie, minderer Qualität noch dazu − und das in Ägypten, dem Land der Zauberei?

Auch anderswo erzählt uns die rabbinische Literatur, dass Ägypten das Zentrum der Zauberei war: »Zehn Kaw (Maß) Zauberei sind in die Welt gekommen, neun nahm sich Ägypten« (Kidduschin 49b).

Doch Mosche und Aharon lehnten dieses klassische Sprichwort und die ihm zugrunde liegende Weisheit ab. Genau das Gegenteil sei der Fall, argumentieren sie. »Wo es, metaphorisch gesprochen, viel Gemüse, also Schlangen und Zauberei, gibt, trag ruhig noch mehr hin!« Was meinten sie damit?

Wenn Mosche und Aharon den Pharao beeindrucken wollten, dann mussten sie ihn mit den Mitteln bekämpfen, die ihm vertraut waren und die er in Ehren hielt. Sie mussten seine »Sprache« sprechen, um mit ihm kommunizieren zu können.

Tricks So wie dem Pharao, der mit dem Symbol der Urae­us-Schlange gekrönt war, mythologisch anmutende Zaubertricks mit Schlangen und Stäben im Stile von Jochana und Mamre vertraut waren, so versuchten auch Mosche und Aharon, dem ägyptischen Herrscher die Wahrhaftigkeit ihrer Sendung auf ebendiese Art zu demonstrieren. »Und der Stab Aharons verschlang die Stäbe (der Zauberer)« (2. Buch Mose 7,12).

Damit waren die beiden Anführer der Hebräer erfolgreich. Denn obwohl Jocha­na und Mamre sich anfänglich nicht überzeugen lassen wollten, mussten sie doch bald einsehen, dass es sich bei Mosches und Aharons Wundern keineswegs um amateurhafte Nachahmungen ägyptischer Zaubertricks handelte. »Schließlich sprachen die Zauberer zum Pharao: ›Es ist ein Finger G’ttes!‹«

Mezora

Die Reinheit zurückerlangen

Die Tora beschreibt, was zu tun ist, wenn Menschen oder Häuser von Aussatz befallen sind

von Rabbinerin Yael Deusel  18.04.2024

Tasria

Ein neuer Mensch

Die Tora lehrt, dass sich Krankheiten heilsam auf den Charakter auswirken können

von Yonatan Amrani  12.04.2024

Talmudisches

Der Gecko

Was die Weisen der Antike über das schuppige Kriechtier lehrten

von Chajm Guski  12.04.2024

Meinung

Pessach im Schatten des Krieges

Gedanken zum Fest der Freiheit von Rabbiner Noam Hertig

von Rabbiner Noam Hertig  11.04.2024

Pessach-Putz

Bis auf den letzten Krümel

Das Entfernen von Chametz wird für viele Familien zur Belastungsprobe. Dabei sollte man es sich nicht zu schwer machen

von Rabbiner Avraham Radbil  11.04.2024

Halacha

Die Aguna der Titanic

Am 14. April 1912 versanken mit dem berühmten Schiff auch jüdische Passagiere im eisigen Meer. Das Schicksal einer hinterbliebenen Frau bewegte einen Rabbiner zu einem außergewöhnlichen Psak

von Rabbiner Dovid Gernetz  11.04.2024

Berlin

Koscher Foodfestival bei Chabad

»Gerade jetzt ist es wichtig, das kulturelle Miteinander zu stärken«, betont Rabbiner Yehuda Teichtal

 07.04.2024

Schemini

Äußerst gespalten

Was die vier unkoscheren Tiere Kamel, Kaninchen, Hase und Schwein mit dem Exil des jüdischen Volkes zu tun haben

von Gabriel Rubinshteyn  05.04.2024

Talmudisches

Die Kraft der Natur

Was unsere Weisen über Heilkräuter lehren

von Rabbinerin Yael Deusel  05.04.2024