Neulich beim Kiddusch

Der hochmütige Barmizwa

Der Größte und der Beste: Hochmut kommt vor dem ... Foto: Mack Radin

Fast jede Woche Gast bei einer anderen Barmizwa zu sein, fordert seinen Tribut. Ich nehme weltmeisterlich zu. Seitdem wir die Barmizwa unseres Sohnes auf dem Schirm haben, klappern wir die Feste im Umkreis ab. Wenn die Barmizwa nicht bald wäre, könnte ich demnächst nur noch als Sumo-Ringer arbeiten.

Blamage Freunde aus den USA haben mir von ihrer Gemeinde berichtet, in der jeden Schabbat mindestens ein Kind Barmizwa wird. Das würde mich umbringen! Der Grund dafür, dass wir auf jede Barmizwa gehen, ist der, dass mein Sohn sieht, wie so etwas abläuft und dass sich auch andere Kinder blamieren.

Wir haben schon so einiges gesehen: den perfekt vorbereiteten Jungen, der die Haftara mit einer schönen Stimme in der traditionellen Melodie vorsingt etwa. Oder auch den, der so leise spricht, dass man ihn gar nicht hört. Oder den, der sich einen Zettel mit lateinischer Umschrift in die Torarolle gelegt hat. Unvergessen die Barmizwa, bei der sich der junge Mann vor lauter Aufregung in der Toilette einschloss und sich weigerte, wieder herauszukommen. Naja, besser als der Bursche, der sich vor dem Aufruf übergeben musste. Den Festkiddusch haben wir trotzdem verputzt. War lecker.

All diese Feste hatten gemeinsam, dass der kleine Daniel mit seinem Vater jeweils auch zugegen war. Und das war noch schlimmer als die gesundheitlichen Risiken durch übermäßiges und zu fettiges Essen. Daniel und sein Vater hatten den gleichen Plan wie wir.

Fauxpas Während mein Sohn die Sache mit entspannter Ruhe verfolgte und von Woche zu Woche auf einen immer größeren Fauxpas wartete, wertete Daniel alles genauestens aus und stattete beim anschließenden Kiddusch stets Bericht ab. Von Daniel erfuhr ich, dass der rothaarige Dimitri derjenige mit dem Zettel in der Torarolle war, obwohl er vom Rabbiner als bester Schüler aller Zeiten gelobt wurde.

Daniel analysierte alles ganz genau, und natürlich fiel ihm jeder winzige Fehler sofort auf. Dann schüttelte er stets energisch den Kopf. »Der Junge hatte nicht beide Hände an der Torarolle« oder »das war ein anderer Vokal, der hat ja gar keine Ahnung« oder auch »man darf sich ruhig vernünftig vorbereiten« und »der hatte bei der Amida gar nicht die Füße richtig zusammen. So etwas nennt sich Barmizwa!« Zwischendurch konnte man Daniel sagen hören: »Was für ein Trottel.«

Spott Niemand konnte Daniel entgehen. Als wir herausfanden, dass er selbst bald fällig sein würde, fiel uns ein Stein vom Herzen. Wahrscheinlich würde damit diese Plage enden und wir blieben verschont von seinem Spott. Auf jeden Fall würden wir uns zu seiner Barmizwa selbst einladen und genauestens hinschauen.

Allerdings kam es nicht dazu. Daniel hatte sich zwar mehr als ein Jahr lang gemeinsam mit seinem Vater gründlich vorbereitet und konnte meisterhaft lejnen. Doch hielt er den Rabbi für einen Stümper und hatte ihm schon lange nicht mehr zugehört. So hatte er den falschen Wochenabschnitt einstudiert.

Ki Teze

In Seinem Ebenbild

Was der Tanach über die gesellschaftliche Stellung von Frauen sagt

von Rabbinerin Yael Deusel  04.09.2025

Anti-Judaismus

Friedman: Kirche hat »erste globale Fake News« verbreitet

Der gebürtige Pariser warnte zudem vor weltweiten autokratischen Tendenzen und dem Verlust der Freiheit

 02.09.2025

Schoftim

Recht sprechen

Eine Gesellschaft hat nur dann eine Zukunft, wenn sie sich an ihrer moralischen Gesetzgebung orientiert

von Rabbiner Avraham Radbil  29.08.2025

Talmudisches

Der heimliche Verbrecher

Über Menschen, die nicht aus Wahrheit, sondern aus Selbstdarstellung handeln

von Vyacheslav Dobrovych  29.08.2025

Kiddusch Haschem

»Ich wurde als Jude geboren. Ich werde als Jude sterben«

Yarden Bibas weigerte sich gegenüber den Terroristen, seinen Glauben abzulegen. Wie viele vor ihm lehnte er eine Konversion ab, auch wenn ihn dies beinahe das Leben gekostet hätte

von Rabbiner Dovid Gernetz  28.08.2025

Israel

Rabbiner verhindert Anschlag auf Generalstaatsanwältin

Ein Mann hatte den früheren Oberrabbiner Jitzchak Josef um dessen religiöse Zustimmung zur »Tötung eines Aggressors« ersucht. Die Hintergründe

 26.08.2025 Aktualisiert

Re'eh

Freude, die verbindet

Die Tora zeigt am Beispiel der Feiertage, wie die Gemeinsamkeit gestärkt werden kann

von Vyacheslav Dobrovych  22.08.2025

Elul

Der erste Ton des Schofars

Zwischen Alltag und Heiligkeit: Der letzte Monat vor dem Neujahr lädt uns ein, das Wunderhafte im Gewöhnlichen zu entdecken

von Rabbiner Raphael Evers  22.08.2025

Talmudisches

Positiv auf andere schauen

Was unsere Weisen über den Schutz vor bösem Gerede und die Kraft positiver Gedanken lehren

von Diana Kaplan  21.08.2025