Talmudisches

Datteln

Foto: Getty Images

Talmudisches

Datteln

Was unsere Weisen über den Verzehr der Frucht lehrten

von Rabbinerin Yael Deusel  01.11.2024 10:17 Uhr

Zwischen August und Oktober sind die Datteln geerntet worden. Damit kamen sie rechtzeitig zu den Hohen Feiertagen auf den Tisch. In talmudischen Zeiten galt der Verzehr von Datteln zu Rosch Haschana als glückbringend, wobei auch Lauch, Kürbisse und Mangold mit auf dem Speiseplan für die Neujahrstage stehen sollten. Weil sich alle diese Früchte- und Gemüsearten relativ schnell vermehren, betrachtete man sie als ein gutes Omen für das neue Jahr (Keritot 6a, Horajot 12a).

Außerdem sind Datteln wohlschmeckend, und der aus ihnen gewonnene Sirup wird bis heute mit Honig gleichgesetzt. Allerdings sollte man darauf achten, wirklich nur reife Datteln zu essen, denn unreife sind schlecht bekömmlich. Man kann sie jedoch zum Nachreifen in Körbe verpacken, was im Talmud mehrfach empfohlen wird.

Datteln sättigen nicht nur und wärmen den Körper von innen, sondern sie regen auch die Verdauung an (Ketubot 10b). Selbst gegen Würmer in der Leber sollen sie helfen (Schabbat 109b). Da man frische Datteln nicht lange lagern kann, sollte man sie besser rechtzeitig weiterverarbeiten. Im Talmud waren sie sogar als Grundlage für alkoholische Getränke wie Dattelbier bekannt (Berachot 38a).

In Pessachim 113a wird empfohlen, die Datteln zum Brauer zu bringen, falls man zu viele davon auf Lager hat und befürchten muss, dass sie verderben. Es scheint, dass man als Brauer gut daran verdient hat, denn in dem Zusammenhang berichtet der Talmud von Rav Pappas Feststellung, er wäre nicht reich geworden, wenn er nicht Brauer geworden wäre. Die Datteln waren günstig zu haben, das fertige Gebräu war wohl teurer und offenbar auch beliebt. Gewarnt wird allerdings davor, das Bier am Abend zu trinken, weil es abführend wirkt, ebenso wie frische Datteln (Schabbat 140b).

In talmudischen Zeiten galt der Verzehr von Datteln zu Rosch Haschana als glückbringend.

Der Talmud erwähnt mehrfach, dass Datteln ziemlich wenig kosteten. Nicht einmal als Fallobst wurden sie besonders beachtet. So erklärt Bava Metzia 22b, durch den Wind vom Baum herabgefallene Datteln gelten von vornherein als herrenlos, also vom Besitzer aufgegeben, und sind daher frei verfügbar. Was auf dem Boden liegt, ist zudem möglicherweise von Würmern oder Insekten befallen und im Grunde wertlos. Wer wollte, konnte das Fallobst unentgeltlich mitnehmen. Man durfte jedoch nicht nachhelfen, um die Datteln vom Baum fallen zu lassen. Keinesfalls sollte man etwa mit Steinen nach den Datteln auf der Palme werfen, schon damit kein Passant zu Schaden kam, entweder durch den Stein oder durch einen herunterbrechenden Ast (Makkot 8a).

Aber es gab wohl auch Leute, die im Verdacht standen, unberechtigterweise anderer Leute Palmen für sich selbst abzuernten. Ein solcher Fall wird in Bava Batra 33b erörtert. Dort heißt es, dass einer, der mit einer Sichel und einem Strick zum Besteigen der Palme oder einem Korb beziehungsweise einer Matte zum Auffangen der geernteten Früchte angetroffen werde und versichere, er habe die Palme rechtmäßig erworben, glaubhaft sei. Unsere Weisen konnten sich nicht vorstellen, dass jemand derart unverschämt sein könnte, einfach eine fremde Dattelpalme abzuleeren. Sollte der eigentliche Besitzer danach protestieren, war sein Einspruch daher leider erfolglos.

So gering der Wert einer Dattel auch war, konnte sie unter Umständen doch als Heiratsgabe zu einer gültigen Verlobung führen, wie im Traktat Kidduschin ausführlich erläutert wird. Die Frau musste allerdings einverstanden sein. In Kidduschin 9a wird berichtet, dass ein Mann gerade Datteln erntete, als eine Frau vorbeikam und sagte: »Wirf mir zwei Datteln herunter.« Er fragte sie: »Willst du mich heiraten, wenn ich sie dir hinunterwerfe?« Das war wohl nicht ihre Absicht. Sie rief: »Ach, wirf sie doch einfach herunter.« Folgerichtig entschied Rav Sevid, dass dies zwar ihre Bitte erfüllte, nicht aber einem gültigen Heiratsantrag entsprach.

Wajigasch

Mut und Hoffnung

Jakow gab seinen Nachkommen die Kraft, mit den Herausforderungen des Exils umzugehen

von Rabbiner Jaron Engelmayer  19.12.2025

Mikez

Füreinander einstehen

Zwietracht bringt nichts Gutes. Doch vereint ist Israel unbesiegbar

von David Gavriel Ilishaev  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

»Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben«, schreibt Rafael Seligmann

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Chanukka

»Wegen einer Frau geschah das Wunder«

Zu den Helden der Makkabäer gehörten nicht nur tapfere Männer, sondern auch mutige Frauen

von Rabbinerin Ulrike Offenberg  18.12.2025

Essay

Chanukka und wenig Hoffnung

Das hoffnungsvolle Leuchten der Menorah steht vor dem düsteren Hintergrund der Judenverfolgung - auch heute wieder

von Leeor Engländer  18.12.2025

Chanukka

Berliner Chanukka-Licht entzündet: Selbstkritik und ein Versprechen

Überschattet vom Terroranschlag in Sydney wurde in Berlin am Mittwoch mit viel Politprominenz das vierte Licht an Europas größtem Chanukka-Leuchter vor dem Brandenburger Tor entzündet

von Markus Geiler  18.12.2025

Chanukka

Wofür wir trotz allem dankbar sein können

Eine Passage im Chanukka-Gebet wirkt angesichts des Anschlags von Sydney wieder ganz aktuell. Hier erklärt ein Rabbiner, was dahinter steckt

von Rabbiner Akiva Adlerstein  17.12.2025

Attentat in Sydney

»Was würden die Opfer nun von uns erwarten?«

Rabbiner Yehuda Teichtal hat bei dem Attentat in Sydney einen Freund verloren und wenige Stunden später in Berlin die Chanukkia entzündet. Ein Gespräch über tiefen Schmerz und den Sieg des Lichts über die Dunkelheit

von Mascha Malburg  16.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  15.12.2025