Von Rabbi Jochanan lesen wir in Bava Metzia 84a, dass er offenbar sehr stolz auf sein Äußeres war. Er sagte von sich selbst, dass er allein übrig geblieben sei von den Schönen Jerusalems.
Leider ist kein Porträt von ihm vorhanden, aber der Talmud beschreibt ihn folgendermaßen: Wer die Schönheit von Rabbi Jochanan sehen wolle, der fülle einen silbernen Becher, wie er gerade neu vom Juwelier kommt, mit roten Granatapfelkernen, bekränze den oberen Rand des Bechers mit roten Rosen und stelle ihn an einen Platz zwischen Sonnenlicht und Schatten.
Der Glanz, der von diesem geschmückten Kelch ausgehe, vermittle eine Ahnung von Rabbi Jochanans Schönheit. Allerdings wird er in der nachfolgenden Aufzählung gut aussehender Männer, von Rav Kahana bis Adam, dem ersten Menschen, nicht genannt, mit der Begründung, Rabbi Jochanan habe keinen Bart gehabt. Dies erklärt wohl auch, weshalb ihn Resch Lakisch bei ihrem schicksalshaften ersten Zusammentreffen vermutlich zuerst für eine Frau gehalten hatte, als er ihn im Jordan baden sah: »Deine Schönheit für Frauen!«
Der schöne Rabbi pflegte am Eingang der Mikwe zu sitzen
Der schöne Rabbi pflegte am Eingang der Mikwe zu sitzen. Denn er dachte sich, wenn ihn die Frauen gleich als Erstes nach dem Tauchbad beim Verlassen der Mikwe dort sähen, würde sie der Anblick so beeindrucken, dass sie schöne Kinder bekämen, genauso schön wie er, wenn sie nun nach Hause zu ihren Männern gingen. Immerhin fügte er noch hinzu, dass ihre Söhne auch genauso gelehrt sein sollten wie er.
Nicht allen dürften diese Gedankengänge gefallen haben, und so fragten ihn die Rabbanan, ob er denn keine Bedenken hätte, dass ihn der böse Blick treffen könnte, wenn er sich so zur Schau stelle. Aber darüber fühlte er sich erhaben. Er erwiderte ihnen, er stamme schließlich von Josef ab, und als dessen Nachkomme stehe er darüber, da könne ihm der böse Blick nichts anhaben.
Dies mag sich offenbar auf Berachot 55b beziehen. Dort lesen wir: Um sich vor dem »bösen Auge« zu schützen, nehme man seinen rechten Daumen in die linke und den linken Daumen in die rechte Hand und sage, als Nachkomme Josefs sei man gegen den bösen Blick geschützt, denn »ben porat Josef, ben porat alej-ajin«, ein fruchtbarer Spross ist Josef, ein fruchtbarer Spross am Wasserquell, aber statt »alej-ajin« (Wasserquell) sage man »olej-ajin« (das Auge übersteigend). Vermutlich vertraute Rabbi Jochanan allerdings eher auf die Tora als auf Aberglauben.
Bereits damals standen wirksame Pflanzenpräparate zur Verfügung
Wir wissen nicht, ob er tatsächlich ein Nachkomme von Josef war. Falls ja, so hatte er offenbar dessen gutes Aussehen geerbt. Und um dieses gute Aussehen und seine Gesundheit zu erhalten, um die er sehr besorgt war, standen ihm bereits zu seiner Zeit wirksame Pflanzenpräparate zur Verfügung. So werden beispielsweise in Gittin 70a Färberdistel, Lein und Weizenkörner als natürliche Heilmittel und Pflegeprodukte beschrieben.
Das Weizenkeimöl stärkt die Immunabwehr, hilft gegen Hauterkrankungen und kann sogar der Hautalterung und Faltenbildung vorbeugen. Lein oder Flachs, dessen Inhaltsstoffe den Chia-Samen ähneln, ist nicht nur ein Cholesterinsenker, sondern reguliert auch den Blutzuckerspiegel und wirkt gegen Gallen- und andere Verdauungsbeschwerden. Außerdem lindert sein Öl auch rheumatische Schmerzen, die sich mit zunehmendem Lebensalter verstärkt bemerkbar machen können. Und die Inhaltsstoffe des dornenblättrigen Saflors können durch ihre positive Wirkung auf Herz und Blutgefäße nicht nur Herzinfarkten und Schlaganfällen vorbeugen, sondern sie helfen auch gegen Migräneanfälle.
Eine weitere Eigenschaft von Saflor war offenbar ebenfalls sehr geschätzt, wie uns im Talmudtraktat Gittin (70a) berichtet wird. Saflordornen, zerrieben und dann in Wein gekocht, waren in ihrer Wirkung schon frühe Vorläufer des heutigen Viagras. Und so sagte Rabbi Jochanan von diesem Saflor-Trunk: »Dies ist es, was mir meine Jugend wiedergab.«