Würzburg

Zwei Studenten müssen gehen

Würzburger Priesterseminar Foto: Ralph Bauer

Es war wohl keine leichte Lektüre für den Bamberger Erzbischof Ludwig Schick und den Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann. Mehr als 200 Seiten dick ist der Bericht der Untersuchungskommission zu den antisemitischen und rassistischen Vorfällen im Würzburger Priesterseminar. In dem Bericht wird nicht nur vieles von dem bestätigt, was bereits bekannt war. Auch weitere Vorkommnisse werden aufgelistet. Zwei Studenten müssen das Seminar sofort verlassen, ein dritter Priesterkandidat wackelt.

Der Bamberger Oberlandesrichter Norbert Baumann als Vorsitzender der Untersuchungskommission und deren zwei weiteren Mitglieder haben in den vergangenen zwei Monaten ein Mammutprogramm absolviert. Mehr als 90 Stunden Sitzungen, davon mehr als 37 Stunden Befragungen von 28 Personen. Alles in der Freizeit, versteht sich. Nach den Ermittlungen kommt die Kommission zu dem Schluss: Im Würzburger Priesterseminar – das die katholischen Priester für das Bistum Würzburg und das Erzbistum Bamberg ausbildet – gebe es »kein braunes Netzwerk und keinen braunen Sumpf«. Es handle sich um das Fehlverhalten Einzelner.

KZ-Witze Ein Student des Erzbistums Bamberg im achten Semester muss das Seminar verlassen, weil er mindestens drei KZ-Witze zur Unterhaltung erzählt sowie im Seminar-Bierkeller Adolf Hitler »imitiert« und »parodiert« hat. Ein Würzburger Seminarist muss gehen, weil er im Bierkeller ganz Ähnliches getan hat. Zudem soll einer der beiden mindestens einmal den Hitlergruß gezeigt haben. Außerdem hat der angehende Würzburger Priester am 20. April, dem Geburtstag Adolf Hitlers, ein Konzert der umstrittenen Band »Frei.Wild« besucht – und habe für die dafür notwendige Genehmigung den Seminarleiter bewusst im Unklaren über die »Umstrittenheit der Band« gelassen, erläuterte Baumann.

»Frei.Wild« werden rechtsextreme Tendenzen nachgesagt. Der Würzburger Student sei »zu einer kritischen Auseinandersetzung« mit den Liedtexten »bis heute nicht bereit«. Überhaupt, die Einsicht. Von dieser habe man bei den drei betroffenen Seminaristen nichts gemerkt, sagt Richter Baumann. Würzburgs Bischof Friedhelm Hofmann sagt, er habe in den vergangenen Tagen ein längeres Gespräch mit dem jungen Mann geführt, ihn angehört, obwohl bereits festgestanden habe, dass er das Seminar verlassen muss. Von Reue oder Buße habe er bei dem Seminaristen nichts gemerkt. Für Schick gab es »keinen Anlass« mehr für ein Gespräch. Der Bericht sei eindeutig, der Student musste gehen.

Konsequenzen
Für einen weiteren Seminaristen aus Bamberg haben die Ermittlungen der Kommission vielleicht auch Konsequenzen. Er soll im Hinblick auf die Anti-Rechts-Demonstration »Würzburg ist bunt – nicht braun« am 1. Mai dieses Jahres im Bierkeller des Priesterseminars gesagt haben, den Demo-Teilnehmern gehöre »eine reingehauen« oder »auf die Fresse gehauen«. Mit diesem Seminaristen werde in den kommenden Wochen noch intensiv zu reden sein, sagte Schick. Sollte dieser sich nicht einsichtig zeigen, könne auch er noch entlassen werden. Jede Form von Rassismus, Antisemitismus und Extremismus sei mit dem Christentum unvereinbar.

Fragen nach einer verschärften Eignungsprüfung für Seminaristen oder einer grundsätzlichen Reform der Priesterausbildung blieben weitgehend unbeantwortet bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.

Kommissionschef Norbert Baumann legte gesteigerten Wert darauf, dass der Regens als Leiter des Seminars nicht für die Umtriebe der Studenten verantwortlich gemacht werden könne. Er habe glaubhaft versichert, bis Anfang Mai nichts von solchen Äußerungen mitbekommen zu haben – danach habe er reagiert und auch die Bischöfe informiert. Demzufolge wird es zumindest vorerst keine personellen Konsequenzen bei der Seminarleitung geben.

Zentralrat Josef Schuster, Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, der auch der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg vorsteht, ist mit den nun verkündeten Konsequenzen zufrieden. Seinem wesentlichen Anliegen, nämlich dass Menschen mit einer antisemitischen oder rassistischen Grundhaltung »nicht für den Beruf als Priester geeignet sind«, sei mit dem Rauswurf der beiden Seminaristen Rechnung getragen worden. Bischof Hofmann kündigte zudem an, dass Schuster künftig das Priesterseminar besuchen und dort den christlich-jüdischen Dialog mit vorantreiben wolle.

Jom Hasikaron

Israel gedenkt der Terroropfer und Kriegstoten

Seit dem 7. Oktober 2023 sind 850 israelische Soldaten und 82 Sicherheitskräfte getötet worden

 30.04.2025

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025

Mauthausen

Überlebenswunderkind Eva Clarke: Geburt im KZ vor 80 Jahren

Es war eines der größten und gefürchtetsten Konzentrationslager der Nazizeit. Im Mai 1945 wurde es von US-Soldaten befreit. Unter den Überlebenden waren eine Mutter und ihr Neugeborenes

von Albert Otti  29.04.2025

Umfrage

Mehrheit hält AfD wegen deutscher Geschichte für unwählbar

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fragt die »Memo«-Studie Menschen in Deutschland nach dem Blick zurück

 29.04.2025

Potsdam

Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert besseren Schutz für Synagoge

Vermutlich wurde in Halle ein zweiter Anschlag auf die Synagoge verhindert. Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert deshalb dazu auf, auch die Potsdamer Synagoge besser zu schützen

 29.04.2025

Menschenrechte

Immer schriller: Amnesty zeigt erneut mit dem Finger auf Israel

Im neuesten Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation wirft sie Israel vor, einen »live übertragenen Völkermord« zu begehen

von Michael Thaidigsmann  29.04.2025

Berlin

Streit um geforderte Yad-Vashem-Straße

Zwischen dem Freundeskreis Yad Vashem und dem Roten Rathaus herrscht Unmut

von Imanuel Marcus  29.04.2025

Den Haag

Strafgerichtshof verpflichtet Chefankläger zur Vertraulichkeit

Karim Khan, der unter anderem gegen Benjamin Netanjahu einen Haftbefehl erwirkt hat, darf einem Bericht des »Guardian« zufolge künftig nicht mehr öffentlich dazu Stellung nehmen

 29.04.2025

Urteil

»Impfen macht frei«-Bild ist Volksverhetzung

Ein 65-Jähriger hatte während der Corona-Pandemie die Schutzmaßnahmen der Regierung mit dem Holocaust verglichen

 29.04.2025