Einspruch

Zerstörte Unbeschwertheit

Sabine Brandes Foto: privat

Einspruch

Zerstörte Unbeschwertheit

Sabine Brandes bedauert, dass ihre Kinder im Ausland aus Angst die israelische Identität verbergen müssen

von Sabine Brandes  10.05.2024 09:16 Uhr

Es muss zehn Jahre her sein. Meine Tochter sollte mit ihrer israelischen Klasse zum Schüleraustausch ins Ruhrgebiet. Der Vorbereitungsabend fand im Stuhlkreis statt. Eine Mutter sagte, die Kinder sollten auf der Straße kein Hebräisch sprechen, eine andere riet, bei Fragen nach ihrer Herkunft auf keinen Fall Israel zu nennen. Ein Stuhlkreis der Angst. Ich war geschockt.

Niemals wollte ich meinen Kindern mit auf den Weg geben, dass sie verstecken müssen, wer sie sind oder woher sie kommen. Im Gegenteil: Sie sollten sich überall auf der Welt natürlich bewegen. Und das tun sie. Sie sind in zwei Kulturen aufgewachsen, sprechen drei Sprachen und sehen alle Menschen als gleich an. Zu sagen, dass sie aus Israel kommen, gehörte selbstverständlich dazu.

Doch die Toleranz, die ich bei meinen Kindern erlebe, wird ihnen nicht mehr entgegengebracht. Meine Tochter studiert in den USA. Israelhass und Antisemitismus gehören seit Monaten zu ihrem Alltag, mehr als einmal versteckte sie aus Angst ihre Identität.

Die Toleranz, die ich bei meinen Kindern erlebe, wird ihnen nicht mehr entgegengebracht.

Vor Kurzem haben wir sie besucht. Nach dem Horror des vergangenen Jahres hatten wir uns auf etwas Abstand gefreut. Wir waren angetan von der Offenheit der Menschen. Viele fragten interessiert, welche Sprache wir sprechen, woher wir kommen, der Taxifahrer, die Bedienung.

Frage eins war leicht zu beantworten: Wir sprechen Deutsch miteinander. Die zweite aber ließ uns zögern, verstummen. Meine kleine Tochter schaute mich oft ungläubig an, mein Sohn wurde wütend. Die Unbeschwertheit und das Selbstbewusstsein im Hinblick auf ihre Identität sind zerstört. Auch wenn sich die Situation beruhigt, so, wie es war, wird es nicht mehr.

Ich bin von Natur aus trotzig und werde weiterhin sagen, dass ich in Deutschland geboren wurde und in Israel lebe. Dafka! Doch natürlich will ich meine Kinder nicht in Gefahr bringen. Vor der nächsten Reise setzen wir uns in einen Stuhlkreis und besprechen, was sie sagen können – und was besser nicht.

Die Autorin ist Israel-Korrespondentin der Jüdischen Allgemeinen.

Meinung

Israel hat eine historische Chance auf Frieden

Nach den militärischen Erfolgen der vergangenen 20 Monate hat der jüdische Staat keinen Feind mehr, der seine Existenz ernsthaft bedrohen könnte. Nun ist die Zeit für Diplomatie gekommen

von Joshua Schultheis  19.06.2025

Straßburg/Berlin

Israelfeindliche Demos: Europarat kritisiert Deutschland

Menschenrechtskommissar Michael O’Flaherty kritisiert das Vorgehen gegen Demonstranten. Er bezieht sich auch auf die »Nakba-Tag«-Demo am 15. Mai, bei der ein Polizist fast zu Tode geprügelt wurde

 19.06.2025

Diplomatie

»Israel macht die Drecksarbeit für uns«

Beim G7-Gipfel in Kanada lobt der Bundeskanzler den Angriff auf Iran

von Michael Thaidigsmann  19.06.2025

Nahost

NGO: Iran seit über zwölf Stunden vom Internet getrennt

Viele Iraner haben nun keinen Kontakt mehr zur Außenwelt

 19.06.2025

Diplomatie

Europäische Außenminister wollen mit Iran verhandeln

In Genf sollen am Freitag direkte Gespräche europäischer Top-Diplomaten mit dem iranischen Außenminister stattfinden

 19.06.2025

Bundesregierung

Kabinett Merz: Bisher 4 Mio. Euro Rüstungsexporte für Israel

In der ersten fünf Wochen ihrer Amtszeit hat die neue Bundesregierung aber keine Ausfuhrgenehmigungen für Kriegswaffen erteilt

 19.06.2025

Berlin

Prosor nimmt Merz gegen Kritik in Schutz

Der Kanzler hat sich hinter die israelischen Angriffe auf den Iran gestellt. Für seine drastische Wortwahl wird Merz scharf kritisiert, aber er bekommt auch Unterstützung

 19.06.2025

Berlin

Kritik an Merz-Zitat zur »Drecksarbeit« Israels im Iran

Der Bundeskanzler lobt den Mut Israels beim Vorgehen gegen den Iran. Die Äußerungen sorgen in Deutschland auch für Kritik – auch in den Reihen des Koalitionspartners SPD

 18.06.2025

Extremismus

Jüdische Studenten fordern Maßnahmen gegen »Jüdische Stimme«

Der VJSH verlangt unter anderem, dass dem Verein »Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden« die Gemeinnützigkeit entzogen wird

von Imanuel Marcus  18.06.2025