Debatte

Zentralrat: »Rasse« nicht aus Grundgesetz streichen

Foto: Chris Hartung

Der im Grundgesetz genutzte Begriff »Rasse« sollte aus Sicht des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, unbedingt darin erhalten bleiben. Der Begriff erinnere an die deutsche Geschichte, vor allem »an die Verfolgung und Ermordung von Millionen Menschen, in erster Linie Jüdinnen und Juden; an die Schrecken der Schoa«, schreibt Schuster in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (Dienstag). »Streichen wir diese Erinnerung aus unserer Verfassung, werden wir sie irgendwann auch aus unserem Gedächtnis streichen.«

Hintergrund von Schusters Äußerungen sind politische Bestrebungen, den in Artikel drei des Grundgesetzes genutzten Begriff »Rasse« zu streichen. Wörtlich heißt es im sogenannten Gleichheitsartikel: »Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.«

Aus Sicht von Kritikern könne diese Formulierung etwa im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie von »Menschenrassen« interpretiert werden.

Schuster begrüßt im Namen des Zentralrats die Diskussion über den Begriff, sieht darin aber keinen Anknüpfungspunkt an die NS-Zeit. »Der Begriff wurde von den Verfassungsvätern vielmehr bewusst gewählt, um die Diskontinuität zur völkischen Ideologie der Nationalsozialisten zu untermauern« so Schuster. Zwar sei es heute gesellschaftlicher Konsens, dass es keine Menschenrassen gebe, das sei aber in der Geschichte nicht immer so gewesen. Artikel drei schaffe »ein Bollwerk« gegen die NS-Ideologie.

Ein Verfassungstext müsse »klar und schnörkellos sein«, sei aber gleichzeitig »keine heilige Schrift«, sondern Identifikationspunkt für alle Menschen in Deutschland, betont Schuster.

»Ich hege eine große Zuneigung zur Idee des Verfassungspatriotismus aus der Feder des Politikwissenschaftlers und ehemaligen F.A.Z.-Leitartiklers Dolf Sternberger, der das Bekenntnis zur Verfassung als Ergänzung und untrennbar mit dem Patriotismus verbunden hat, der sich auf ein Gebiet bezieht. Für mich ist die Verfassung mit der in ihr verankerten Religionsfreiheit und ihrer klaren Ausrichtung auf eine offene und freie Gesellschaft die Grundlage für jüdisches Leben in Deutschland überhaupt.« kna/ja

Deutschland

Shahak Shapira »superverbittert« über Antisemitismus

Shahak Shapira spricht offen über seinen Frust angesichts von Antisemitismus in Deutschland – und wie er mit politischer Comedy darauf reagiert

 29.12.2025

Analyse

Warum die Anerkennung Somalilands so viel Aufsehen erregt

Das kleine Land am Horn von Afrika hat plötzlich eine große geopolitische Bedeutung. Dafür gibt es gute Gründe

von Ralf Balke  29.12.2025

Kommentar

Wer Glaubenssymbole angreift, will Gläubige angreifen

Egal ob abgerissene Mesusot, beschmierte Moscheen oder verwüstete Kirchen: Politik und Religion werden zurzeit wieder zu einem hochexplosiven Gemisch. Dabei sollte man beides streng trennen

 29.12.2025

Großbritannien

Freigelassener Demokratie-Aktivist rief zum Mord an »Zionisten« auf

Der Brite Alaa Abdel Fattah galt als Held der ägyptischen Demokratiebewegung. Doch nach seiner Freilassung und Ankunft in London kamen judenfeindliche Tweets ans Licht. Jetzt wird seine Abschiebung gefordert

von Christoph Meyer, Johannes Sadek  29.12.2025

Teheran

Iran schießt mit russischer Hilfe drei Satelliten ins All

Im Mullah-Staat machen Gerüchte über einen möglichen neuen Militärkonflikt mit Israel die Runde. Mit Raumfahrtprojekten will das Land Stärke demonstrieren

 28.12.2025

Berlin

Mehr Demonstrationen mit Nahost-Bezug

Auf den Straßen der Hauptstadt ist 2025 weniger demonstriert worden, die Kundgebungen mit Bezug zum Nahen Osten haben jedoch zugenommen

 28.12.2025

Berlin

»Jeder sollte sich überlegen, ob er mit dem Teufel ins Bett geht«

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hält Koalitionen mit der AfD auf Länderebene für gefährlich

 27.12.2025

Genua

Italien geht gegen mutmaßliches Hamas-Netzwerk vor

Die Ermittler decken ein Netzwerk zur Unterstützung der islamistischen Terrororganisation auf

 27.12.2025

Berlin

Wadephul: Keine deutsche Beteiligung an Gaza-Stabilisierungstruppe

Er sei dafür, »dass Deutschland eine vermittelnde Rolle einnimmt, um der Sicherheit Israels Rechnung zu tragen«, so der Außenminister

 26.12.2025