Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnet am Freitag im Deutsch-Russischen Museum Karlshorst in Berlin eine Ausstellung über sowjetische Kriegsgefangene. »Dies wird die zentrale Gedenkrede des Bundespräsidenten aus Anlass des 80. Jahrestages des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion sein«, teilte das Bundespräsidialamt am Mittwoch mit. Mit der Ukraine ist es wegen der Veranstaltung zu einem diplomatischen Eklat gekommen.
Steinmeier gehe es darum, das Ausmaß des Vernichtungskrieges im Osten bekannter zu machen und insbesondere an das Schicksal der drei Millionen umgekommenen sowjetischen Kriegsgefangenen zu erinnern, hieß es. Dies sei in der Erinnerung in Deutschland noch viel zu wenig präsent. Das heutige Museum in Karlshorst ist der historische Ort, an dem am 8. Mai 1945 die Kapitulation der deutschen Wehrmacht unterzeichnet worden ist.
botschafter Steinmeier hatte zu seine Rede alle 15 Botschafter der Nachfolgestaaten der Sowjetunion eingeladen. Zugesagt hätten bislang acht Vertreter, hieß es dazu aus dem Präsidialamt. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, sagte seine Teilnahme wegen der Gleichsetzung von Russland und der Sowjetunion ab, wie zuerst der »Tagesspiegel« berichtet hatte.
Dass die zentrale Gedenkrede ausgerechnet im Deutsch-Russischen Museum stattfinde, sei »aus Sicht der Ukrainer ein Affront«, betonte Melnyk. »Dieses unsensible Herangehen ist ein weiteres Zeugnis fehlenden Bewusstseins für die Gefühle und die Befindlichkeiten der Ukrainer, die als eine der größten Opfernationen übersehen werden.« Aufgrund des Kriegs in der Ostukraine und der Annexion der Krim nehmen Russland und die Ukraine seit 2015 nicht mehr gemeinsam an Gedenkveranstaltungen zum Zweiten Weltkrieg teil.
Aus dem Bundespräsidialamt hieß es dazu, die Absage sei bedauerlich, weil die dem Anliegen Steinmeiers widerspreche, durch Erinnerung Versöhnung zu fördern. Zugleich sei sie angesichts des russischen Vorgehens »zu respektieren«.
gedenkpolitik Ausdrücklichen Widerspruch äußerte das Bundespräsidialamt gegenüber der Kritik des Botschafters an der deutschen Gedenkpolitik. Melnyk hatte erklärt, dass »die gezielte russische Geschichtsumdeutung nach wie vor in der Bundesrepublik ein breites politisches und gesellschaftliches Echo findet«. Es handele sich um einen »nicht zu akzeptierenden Rundumschlag«, der den beiderseitigen Beziehungen einen schlechten Dienst erweise, sagte ein Sprecher.
Steinmeier erinnert in diesen Tagen mit insgesamt fünf Veranstaltungen an den deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 und den darauf folgenden Vernichtungskrieg. Mit 27 Millionen Toten, davon 14 Millionen Zivilisten, hatte die Sowjetunion die meisten Opfer des Krieges zu beklagen.
Am 22. Juni legt Steinmeier in Berlin einen Kranz am Sowjetischen Ehrenmal Schönholzer Heide in Berlin-Pankow nieder. Der Bundespräsident gedenkt vor dem Denkmal der »Mutter Heimat« der vielen gefallenen sowjetischen Soldaten und der zivilen Opfer. Rund um das Ehrenmal sind über 13.000 Offiziere und Soldaten der Roten Armee begraben, die in der Schlacht um Berlin 1945 starben.