Nahost

Zeit für Frieden

Abbas, Netanjahu, Abdullah (v.l.): Ein Staaten-Dreibund Israel-Palästina-Jordanien ist strategisch klug gedacht und wäre auch für Israel sinnvoll. Foto: imago stock&people

Trump ist ein Idiot!», denken und sagen viele. Sie verwechseln Dummheit mit Persönlichkeit. Bringt sein Friedensplan realistische Lösungsvorschläge für den israelisch-palästinensischen Dauerkonflikt? Das weiß außer den Eingeweihten keiner genau, denn noch ist er unveröffentlicht. Hinweise gibt es.

Ohne genaues Wissen wissen Deutschland und sieben weitere EU-Staaten (Frankreich, Niederlande, Polen, Schweden, Großbritannien, Belgien, Italien) freilich schon vor Bekanntgabe des Trump-Plans ganz genau: Nur die Zweistaatenlösung könne den Konflikt beenden. Hier also der jüdische Staat Israel, dort Westjordanland + Gazastreifen = Palästina. Selbst wenn dieser Ansatz richtig wäre, ist angesichts der erwiesenen und weiter zu erwartenden Erfolglosigkeit seiner Durchsetzung die intellektuelle und politische Sturheit seiner Dauerwiederholung erstaunlich und geradezu altkatholisch dogmatisch, weil absurd wirklichkeitsfremd.

Die Zweistaatenlösung überzuckert die Fakten. Weil beide Konfliktparteien genau das wissen, lehnen sie sie, jenseits freundlich anerkennender Floskeln, aus unterschiedlichen Gründen ab.

westjordanland Unausgesprochen beinhaltet die Zweistaaten-«Lösung» als Leitgedanke Nummer eins ein siedler- beziehungsweise «judenreines» Westjordanland. Auch diejenigen, die das wollen, werden die rund 600.000 Juden nicht ohne Waffengewalt aus Westjordanien umsiedeln können. Wenn es «Palästina» versuchte, gäbe es Krieg. Versuchte es eine israelische Regierung, gäbe es Bürgerkrieg.

Leitgedanke zwei besagt unausgesprochen, dass die rund 1,4 Millionen palästinensisch-arabischen Israelis, anders als die 600.000 jüdischen Siedler, nicht umgesiedelt werden. Klingt für manche gut, ist jedoch ebenfalls ohne einen innerjüdischen Konflikt mit zwischenstaatlichen Kriegsfolgen ausgeschlossen.
Leitgedanke drei besagt bei einem großen Teil der Palästinenser, dass aus jenen zwei räumlich getrennten Staatsteilen (Gaza plus Westjordanland) eines Tages einer werde, weil werden müsse, denn «Ganz Palästina ist unser», also Palästina ohne Israel. Diese Dynamik haben die Zweistaaten-«Denker» nicht bedacht oder nicht bedenken wollen.

Das Team um Trump hat offenbar sehr wohl diese Fallstricke erkannt und umschifft. Weil weder von den USA noch von Israel oder den Palästinensern dementiert, ist dies ein öffentlich angedachtes Faktum beziehungsweise ein Baustein des Trump-Plans: eine Konföderation Palästina-Jordanien. Der Staat Palästina bestünde aus dem Westjordanland plus Gazastreifen – beide entmilitarisiert – und würde mit dem Königreich Jordanien einen Staatenbund bilden. Minus Israel entspräche dieser Staatenbund «Palästina-Jordanien» mehr oder weniger dem historischen britischen Mandatsgebiet Palästina von 1918/22 bis 1948.

Die Zweistaatenlösung überzuckert die Fakten.

Historisch, geografisch und demografisch (= bevölkerungspolitisch) wüchse in diesem Staatenbund wieder zusammen, «was zusammengehört»: Palästinenser mit Palästina, zumal rund drei Viertel der Jordanier Palästinenser sind. Demografisch und historisch ist das Königreich Jordanien ohnehin Palästina. Regiert, genauer: scheindemokratisch beherrscht, wird es von der ursprünglich mit britischer Hilfe aus dem heutigen Saudi-Arabien importierten, prowestlichen und mit Israel inzwischen auch offen zusammenarbeitenden Haschemiten-Dynastie.

Der seit 1999 regierende König Abdullah II. hat, zumindest öffentlich, dem Trump-Plan noch nicht zugestimmt. Sein Nein wäre der Anfang vom Ende der ohnehin innenpolitisch-demografisch gefährdeten Haschemiten-Monarchie. Es würde die Radikalisierung seiner palästinensischen Staatsbürger dramatisch beschleunigen.

verflechtung Des Königs Ja wäre seine wohl letzte Möglichkeit, die Palästinenser innerhalb und außerhalb Jordaniens durch völkerrechtlich-institutionelle Verflechtung zu entradikalisieren, zu befriedigen und dadurch zu befrieden. Sicher ist das nicht, doch möglich. Anders als der «dumme Trump» haben die «Denker» der Zweistaaten-«Lösung» an das palästinensisch-jordanische Junktim keinen Gedanken verschwendet.

Der 2005 demokratisch gewählte und seitdem ohne neuerliche Wahlen amtierende Palästinenserpräsident Abbas verkündete bereits: Er nähme den Plan an – sofern auch Israel Teil des Staatenbundes wäre. Ein Staaten-Dreibund Israel-Palästina-Jordanien ist strategisch klug gedacht und wäre auch für Israel sinnvoll. Es bliebe ein beziehungsweise der jüdische Staat.

Ein entmilitarisiertes Palästina wäre keine Bedrohung

Ein entmilitarisiertes Palästina wäre keine Bedrohung. Palästinensische Staatlichkeit würde die meisten Palästinenser mäßigen und Frieden, zumindest Nicht-Krieg, ermöglichen. Wenn das tatsächlich der Plan des «Idioten» Trump ist, so bietet er mehr Befriedungspotenzial als die «Lösung» der Weisen von Berlin und Brüssel.

Doch eine Schlüsselfrage bleibt auch von Trump unbeantwortet: Was wird aus den jüdischen Siedlern im Westjordanland und den palästinensischen Staatsbürgern Israels? Der US-Rückzug aus Syrien ändert zwar den regionalen Rahmen, nicht jedoch den israelisch-palästinensischen.

Der Autor ist Historiker und Publizist, zuletzt erschienen von ihm: «Friedenskanzler? Willy Brandt zwischen Krieg und Terror» und «Deutschjüdische Glückskinder».

Berlin

Messerangriff am Holocaust-Mahnmal: Prozess beginnt

Ein 19-jährigen Syrer soll dort im Februar einem spanischen Touristen lebensgefährlich verletzt haben. Aufgrund einer sofortigen Notoperation überlebte das Opfer

 20.11.2025

Washington D.C.

Trump unterschreibt Gesetz zur Freigabe von Epstein-Akten

Der Druck auf den US-Präsidenten wurde zu groß - nun hat er die Veröffentlichung von Akten zu einem Fall genehmigt, den er nicht loswurde. Was das bedeutet

von Anna Ringle, Franziska Spiecker, Khang Mischke, Luzia Geier  20.11.2025

Russischer Eroberungskrieg

Neuer US-Friedensplan: Ukraine unter Druck

Die USA haben Sanktionen gegen Russland verhängt, doch hinter den Kulissen scheint weiter verhandelt worden zu sein. Kiew trifft dies zu einem doppelt ungünstigen Zeitpunkt

 20.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  20.11.2025

Essay

All die potenziellen Schüsse

In diesem Herbst liest man fast täglich von vereitelten Anschlägen auf Juden. Was die ständige Bedrohung mit uns macht

von Mascha Malburg  20.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  19.11.2025

Stuttgart

Polizei plant Großeinsatz bei Maccabi-Spiel

Vor den Europa-League-Auftritten gegen Maccabi Tel Aviv sind der VfB Stuttgart und der SC Freiburg alarmiert. Ein Fan-Ausschluss wie zuletzt in Birmingham ist momentan nicht geplant

 19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

München

LMU sagt Veranstaltung zu palästinensischer Wissenschaft ab

Die Universität verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass es erhebliche Zweifel gegeben habe, »ob es sich um eine wissenschaftliche Veranstaltung auf dem erforderlichen Niveau gehandelt hätte«

 19.11.2025