Deutschland

»Extremisten haben in Behörden nichts verloren«

Bundesinnenministerin Nancy Faeser Foto: imago images/photothek

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat ein entschlossenes Vorgehen gegen Extremisten im öffentlichen Dienst angekündigt. Gleichzeitig betonte die SPD-Politikerin bei der Jahrestagung des Beamtenbund dbb am Montag in Berlin, viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes wüchsen in der Pandemie täglich über sich hinaus. »Viele halten tagtäglich den Kopf hin.« Spitzenvertreter des öffentlichen Dienstes warfen der Politik Versagen im Corona-Krisenmanagement vor. 

Faeser sagte: »Verfassungsfeinde werden wir schneller aus dem öffentlichen Dienst entfernen als bisher.« Ihr Eindruck sei, dass dies »oft viel zu lange dauert«. Die Rahmenbedingungen müssten so gesetzt werden, dass »schneller und konsequenter« gehandelt werde - auch wenn es letztlich nur um »sehr, sehr wenige Fälle« gehe.

Faeser versprach außerdem, mehr für den Schutz der im öffentlichen Dienst arbeitenden Menschen zu tun, die Anfeindungen ausgesetzt seien. »Unerträglich« sei Gewalt gegen Polizisten und auch gegen Journalisten, wie sie zuletzt bei Corona-Protesten zu beobachten gewesen sei. Positiv hob Faeser die hohe Impfquote bei Beschäftigten der Sicherheitsbehörden hervor. Nach Angaben der Innenministerin liegt sie über 80 Prozent.

Der dbb-Vorsitzende Ulrich Silberbach kritisierte heftig die von Bund und Ländern aufgestellten Corona-Regeln. Die Menschen seien mit teils »widersprüchlichen und widersinnigen Maßnahmen und Ansagen« kirre gemacht worden. Dabei sei der Eindruck erweckt worden, »dass in diesem Land jeder Kindergeburtstag besser organisiert ist als das staatliche Krisenmanagement«.

Silberbach warf der Politik »Saumseligkeit und Begeisterung für schwarze Nullen« vor. Deshalb sei es über Jahre versäumt worden, Behörden und Verwaltung krisenfest aufzustellen. Man dürfe sich nun nicht wundern, »dass Marokko das Impfen besser hinkriegt als wir«.

Der öffentliche Dienst sei an allen Ecken und Enden mit zu vielen Aufgaben für zu wenig Personal konfrontiert. Die Ausstattung sei veraltet, die Vorgaben des Gesetzgebers seien zu bürokratisch. »Heute sind wir das Land der Funklöcher und Sicherheitslücken«», sagte Silberbach. «Wir brauchen einen klaren Schnitt in Sachen Staat, um all diesen Fehlentwicklungen nachhaltig Einhalt zu gebieten.»

Der dbb-Chef schlug die Schaffung eines eigenen Bundestagsausschusses für die Belange des öffentlichen Dienstes vor. Aktuell fehlten dort 330 000 Beschäftigte. Der öffentliche Dienst müsse krisenfest modernisiert und personell wie technisch «in die Zeit gestellt» werden. Sonst meistere das Land seine Aufgaben nicht - ob bei Bildung, Integration, Klimawandel, Sicherheit, Konjunktur, Infrastruktur oder sozialer Gerechtigkeit. Gleichzeitig wandte sich Silberbach gegen Quoten zur Steigerung der Vielfalt beim Personal des öffentlichen Dienstes.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) wies auf die Finanzspielräume hin und kündigte an, Schwerpunkte sollten auf zukünftige Technologien und die Ertüchtigung des Staates gelegt werden. Dafür müssten Entscheidungen etwa zu Konsumausgaben und «Umverteilungsvorhaben» erst einmal vertagt werden. «Wenn man investieren will und den Staat handlungsfähig machen will, muss anderes zurückstehen.»

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) lobte die Arbeit der Verwaltung in der Pandemie. «Wir haben gesehen, dass in der Pandemie eine handlungsfähige Verwaltung noch umso wichtiger ist.» Viele Beschäftigte hätten laut einer Studie in der Krise eine höhere Arbeitslast geschultert und sich flexibel gezeigt. «Der öffentliche Dienst hat dazu beigetragen, dass Deutschland an vielen Stellen die Krise auch gut gemeistert hat.»

Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst schwor die Angestellten und Beamten auf weitere digitale Veränderungen ein. «Wir brauchen eine leistungsfähige Verwaltung auf dem neuesten Stand», sagte der CDU-Politiker. Deutschland müsse in vielen Bereichen besser werden - etwa bei Klimaschutz, Bildung, Wissenschaft und Infrastruktur.

Interview

»Die Altersarmut bleibt«

Aron Schuster über das Ende des Härtefallfonds, Einmalzahlungen und Gerechtigkeit für jüdische Rentner

von Mascha Malburg  02.12.2025

Meinung

Die neue AfD-Jugendpartei ist kein bisschen weniger extrem

Die »Junge Alternative« wurde durch die »Generation Deutschland« abgelöst. Doch die Neuordnung der AfD-Jugendorganisation diente keineswegs ihrer Entradikalisierung

von Ruben Gerczikow  02.12.2025

Berlin

Zentrum für Politische Schönheit errichtet »Walter Lübcke Memorial« vor CDU-Zentrale

Am Freitag soll außerdem eine Gedenkveranstaltung mit Michel Friedman durchgeführt werden

 02.12.2025

Berlin

Israel-Flagge vor Rotem Rathaus eingeholt

Nach mehr als zwei Jahren wurde die Fahne am Dienstag vom Mast geholt. Die Hintergründe

 02.12.2025

Berlin

Steinmeier erinnert an Stiftungsgründung für NS-Zwangsarbeiter

Im Jahr 2000 gründeten die deutsche Wirtschaft und der Bund nach langem Vorlauf die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft. Millionen NS-Opfer erhielten zumindest einen symbolischen Betrag

 02.12.2025

Rechtsextremismus

Fragezeichen nach skurriler Rede bei AfD-Jugendkongress 

Wer steckt hinter dem mysteriösen Auftritt des Mannes, der mit einer Rede im Hitler-Stil den Gründungskongress der AfD-Jugend aufmischte? Ihm droht der Parteiausschluss

von Jörg Ratzsch  01.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Das Ausmalbuch "From the river to the sea" in einer Buchhandlung in Zürich.

München

Hugendubel streicht antisemitisches Kinderbuch aus Sortiment

»Sofort nach Kenntnisnahme über dessen Existenz« sei das Malbuch entfernt worden, heißt es aus dem Unternehmen

 01.12.2025