Berlin

»Wir werden Antisemitismus in Deutschland nicht dulden«

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD Foto: Gregor Matthias Zielke

Wenige Wochen nach der Empörung über Holocaust-Äußerungen des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, im Berliner Kanzleramt hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen nochmals scharf verurteilt.

»Der Holocaust, die Tötung von sechs Millionen Menschen, ist singulär«, sagte Scholz am Sonntag bei einer Veranstaltung zum 25-jährigen Bestehen des Freundeskreises Yad Vashem im Berlin.

»Antisemitismus - und dazu gehört die Relativierung des Holocaust - werden wir in Deutschland nicht dulden«, betonte Scholz. Wer den Holocaust infrage stelle oder falsche Vergleiche anstelle, schüre Hass und verhöhne die Opfer.

Mitte August wurde Scholz dafür kritisiert, dass er bei einer Pressekonferenz nach einem Besuch von Abbas nicht dessen Holocaust-Vergleich widersprochen hatte. Abbas hatte gesagt, Israel habe »50 Massaker«, »50 Holocausts« in palästinensischen Dörfern und Städten verübt.

Scholz erklärte später über seinen Sprecher, dass er jeden Versuch, den Holocaust zu leugnen oder zu relativieren, scharf verurteile. Die Äußerungen von Präsident Abbas seien für die gesamte Bundesregierung unerträglich und völlig inakzeptabel.

Scholz unterstrich am Sonntag in seiner Rede, der Kampf gegen Antisemitismus, Rechtsextremismus und Rassismus habe für die Bundesregierung allerhöchste Priorität. Er verwies auf die von den Behörden registrierte Rekordzahl von mehr als 3000 antisemitischen Straftaten im vergangenen Jahr. »Dagegen kommen wir nur an, wenn eine handlungsbereite Politik und eine engagierte Zivilgesellschaft zusammenwirken«, sagte der Kanzler.

Zudem unterstrich Scholz die Verpflichtung Deutschlands, an die Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden durch die Nationalsozialisten zu erinnern und Überlebende zu unterstützen. Dabei verwies er auch auf die Aufnahme von Holocaust-Überlebenden aus der Ukraine. 94 von ihnen seien bislang in Deutschland aufgenommen worden, sagte der Regierungschef.

An der Veranstaltung in der Zentralen Orthodoxen Synagoge der Jüdischen Gemeinde in der Joachimsthaler Straße in Berlin nahmen auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), der israelische Botschafter Ron Prosor sowie der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland, Felix Klein, teil. Ehrengast war die 92-jährige Schoa-Überlebende Fanny Ben-Ami.

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, verurteilte vor Scholz‘ Rede nochmals Abbas‘ Äußerungen und forderte, die finanzielle Unterstützung der palästinensischen Autonomiebehörde durch Deutschland an Bedingungen zu knüpfen: »Es muss ein Ende haben, dass diese Behörde zum Terror gegen Israelis anstachelt, indem sie den Familien getöteter Terroristen sogenannte Märtyrerrenten bezahlt. Ebenso muss die hasserfüllte Propaganda gegen Israel in palästinensischen Schulbüchern aufhören«, so Schuster.

Der Freundeskreis Yad Vashem unterstützt die Arbeit der internationalen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Der deutsche Verein wurde 1997 in Frankfurt am Main gegründet und hat seinen Sitz heute in Berlin. Vorstandsvorsitzender ist der frühere »Bild«-Chefredakteur Kai Diekmann. epd/ja

Lesen Sie mehr dazu in der kommenden Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von 
janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025

Aufarbeitung

Französische Entnazifizierungs-Dokumente erstmals online abrufbar

Neue Hinweise zu Leni Riefenstahl und Martin Heidegger in der NS-Zeit: Künftig können Forscher online auf französische Akten zugreifen. Experten erwarten neue Erkenntnisse

von Volker Hasenauer  10.12.2025

Deutschland

Wegen Antisemitismus und AfD: Schauspiellegende Armin Mueller-Stahl (95) denkt ans auswandern

Armin Mueller-Stahl spricht offen über seine Gelassenheit gegenüber dem Tod – und warum aktuelle Entwicklungen ihn dazu bringen, übers Auswandern nachzudenken

 10.12.2025

Justiz

Mutmaßlicher Entführer: Chef eines israelischen Sicherheitsunternehmens packt aus

Die Hintergründe

 10.12.2025

Fußball

Sorge vor Maccabi-Spiel in Stuttgart

Tausende Polizisten, Metalldetektoren beim Einlass, Sorge vor Gewalt: Warum der Besuch von Maccabi Tel Aviv in der Europa League beim VfB aufgrund der politischen Lage kein sportlicher Alltag ist.

 10.12.2025