Berlin

»Wir stehen als Bundesregierung fest an ihrer Seite«

Bundesfamilienministerin Anne Spiegel und Rabbiner Yehuda Teichtal beim Besuch der Geflüchteten in Berlin Foto: Chabad

Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) hat geflüchteten jüdischen Kindern, Jugendlichen und Müttern aus dem ukrainischen Odessa Unterstützung versprochen. »Wir stehen als Bundesregierung fest an ihrer Seite. Wir helfen und unterstützen, wo wir können«, sagte Spiegel am Dienstag bei einem Besuch in dem Hotel am Ku’damm in Berlin, in dem viele der inzwischen knapp 350 Menschen aus der jüdischen Gemeinde in Odessa untergebracht sind. Sie betonte: »Wir haben eine historische Verantwortung, Verpflichtung, insbesondere die Menschen jüdischen Glaubens aufzunehmen und ihnen einen sicheren Hafen zu geben.«

Im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen zeigte sich Rabbiner Yehuda Teichtal erfreut: »Es war ein sehr schöner Besuch. Frau Spiegel hat mit den Kindern gesprochen und Geschenke für sie mitgebracht.« Mit der Hilfsbekundung der Ministerin seien noch keine konkreten finanziellen oder materiellen Mittel verbunden, sagte Teichtal. »Die Ministerin hat aber versprochen, weiter mit uns in Kontakt zu bleiben und gesagt, dass wir uns auf die Unterstützung des Familienministeriums verlassen können.«

WAISEN 108 Kinder und Jugendliche sowie Betreuer aus einem jüdischen Heim waren am 4. März in Berlin angekommen und werden seitdem von dem jüdischen Zentrum Chabad Berlin betreut. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte die Kinder bereits wenige Tage später. Unter den Kindern sind auch Waisen, andere wurden von ihren Müttern in dem Heim abgegeben. Inzwischen seien zwei weitere Gruppen von insgesamt rund 230 jüdischen Müttern, Kindern und einigen älteren Männern angekommen, sagte Rabbiner Teichtal.

Die jüdischen Kinder und Jugendlichen könnten durchaus für immer in Deutschland bleiben, sagte Teichtal. »Das Ziel ist, wenn die Kinder hier dauerhaft bleiben wollen, dass wir helfen, sie in die Gesellschaft zu integrieren und gleichzeitig ein jüdisches Bewusstsein weiter behalten zu können.« Derzeit würden die Kinder sich eingewöhnen, lernten Deutsch und erhielten Unterricht, auch Religionsunterricht.

Familienministerin Spiegel, die nach einer wochenlangen Corona-Erkrankung seit Montag wieder arbeitet, kündigte an, ihr Ministerium schaffe eine Koordinierungsstelle, um zusammen mit den Bundesländern die Kräfte zu bündeln, um besonders Waisenkinder und ihre Betreuer aufnehmen zu können.

Wegen ihrer Krankheit hatte Spiegel kürzlich nicht an einer aktuellen Stunde im Bundestag teilgenommen, bei der es um ihre Arbeit als Landesumweltministerin bei der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz im Sommer 2021 ging. Bei der teils heftigen Debatte gab es aus den Reihen von Union und AfD Rücktrittsforderungen gegen sie. Ihr wurde vorgeworfen, sie habe die Flut nicht ausreichend bekämpft und die Menschen geschützt, sondern sich stattdessen Sorgen um ihr politisches Image gemacht. Spiegel wies das zurück. dpa/ja

Debatte

Schuster: AfD-Regierung wäre für Juden das Signal zur Auswanderung

Die hohen Zustimmungswerte der AfD machen gerade Juden besorgt. Zentralratspräsident Josef Schuster erinnert an die 1930er Jahre: Auch in der NS-Zeit hätten viele Juden lange nicht für möglich gehalten, was dann folgte

von Christoph Schmidt  07.05.2025

Globaler Antisemitismus

J7 beklagen Staatsversagen beim Kampf gegen Judenhass

Ziele sind Einrichtungen wie Synagogen und Schulen - aber auch Menschen. Ein Bericht zeigt erschreckende Zahlen zu Antisemitismus in Deutschland, den USA, Argentinien, Großbritannien, Kanada, Frankreich und Australien

von Leticia Witte  07.05.2025

Berlin

Weimer: Antisemitismus in der Kultur als erstes großes Thema

Der neue Staatsminister für Kultur und Medien will an seinem ersten Tag ein Zeichen setzen - und empfängt gleich einen besonderen Gast

 07.05.2025

Urteil

Klage von jüdischem Erben gegen Sparkasse Hagen bleibt erfolglos

Der Großvater des Klägers hatte den Angaben zufolge 1932 ein Konto bei der Sparkasse in Hagen eröffnet und darauf Geld eingezahlt. Später floh er mit seiner Ehefrau in die Schweiz

 07.05.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  07.05.2025

Digitale Erinnerung

Neue App zeigt Deutschland-Karte mit Nazi-Verbrechen

Von 1933 bis 1945 haben die Nationalsozialisten Menschen enteignet, missbraucht, getötet. Die Untaten auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik versammelt eine neue App. Schon zum Start gibt es eine Erweiterungs-Idee

von Christopher Beschnitt  07.05.2025

Kommentar

Mit aller gebotenen Härte

Ein AfD-Verbotsverfahren ist nach der Verfassungsschutz-Einschätzung der Partei als rechtsextremistisch dringlicher denn je

von Philipp Peyman Engel  07.05.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel und Deutschland: 60 Jahre diplomatische Beziehungen

Deutschland und Israel haben am 12. Mai 1965 diplomatische Beziehungen aufgenommen. Dies feiern beide Länder mit einem symbolträchtigen Besuch von Herzog in Berlin und Steinmeier in Israel

 07.05.2025

Potsdam

Auch AfD Brandenburg als gesichert rechtsextrem eingestuft

Die Einstufung stammt bereits aus dem April, doch Innenministerin Lange erfuhr erst jetzt davon. Landesverfassungsschutz-Chef Müller muss deshalb gehen

 07.05.2025