Interview

»Wir schützen die Religionsfreiheit«

Thorbjørn Jagland Foto: dpa

Herr Jagland, Sie sind in der kommenden Woche Gast der Europäischen Rabbinerkonferenz in Berlin. Was werden Sie dort zu der vor gut vier Wochen gefassten Anti-Beschneidungsresolution der parlamentarischen Versammlung des Europarates sagen?
Ich werde klarstellen, dass der Europarat die Religionsfreiheit schützt und dass wir in keiner Weise die Praxis der Beschneidung verbieten wollen.

Israel hat heftig gegen die Straßburger Entscheidung protestiert. Wie haben Sie darauf reagiert?
Ich habe dem israelischen Präsidenten, meinem Freund Schimon Peres, umgehend geantwortet, dass ich die Reaktionen vieler Juden – wie auch vieler Muslime – nachvollziehen kann. Bei der Resolution ging es um den Schutz der körperlichen Unversehrtheit von Kindern. Der Europarat kennt aber keine Rechtsgrundlage, die es erlaubt, die religiöse Beschneidung von Jungen mit der weiblichen Genitalverstümmelung auf eine Stufe zu stellen.

Die mit großer Mehrheit angenommene Resolution hat erneut eine emotionale Verunsicherung bei Juden in Europa ausgelöst. Wie kann Vertrauen zurückgewonnen werden?
Mir geht es vor allem um die Kernziele des Europarates: Wie keine andere Organisation setzen wir uns mit einer Vielzahl von internationalen Verträgen und Projekten für religiöse Toleranz und den interreligiösen Dialog ein. Wenn wir nicht lernen, in Vielfalt zusammenzuleben, ist die Einheit Europas gefährdet. Die Politik muss daher entschiedener gegen Rassismus und Diskriminierung vorgehen. Dafür werbe ich kontinuierlich bei den Staats- und Regierungschefs unserer Mitgliedsstaaten.

Sind ähnliche Angriffe auf religiöse Traditionen in Zukunft ausgeschlossen?
Die Europäische Menschenrechtskonvention, in der die Religionsfreiheit verankert ist, schließt das aus. Die Einhaltung der Konvention wird durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte überwacht.

Wie geht der Europarat als führende Organisation für Menschenrechte gegen antisemitische Tendenzen in den Mitgliedsstaaten vor?
Der Europarat wurde als Antwort auf den Holocaust und den Kollaps der Menschenrechte während des Zweiten Weltkriegs gegründet. Die Bekämpfung von Antisemitismus und Rassismus ist bei uns von Anfang an eine zentrale Aufgabe. Unsere Kommission gegen Rassismus und Intoleranz registriert entsprechende Vorfälle und stellt somit ein einzigartiges Frühwarnsystem dar. Leider können wir aber keine Entwarnung geben, denn Rassismus und Hassreden grassieren heute insbesondere im Internet. Deshalb richten wir uns aktuell mit einer Kampagne für junge Internetnutzer gegen Hassreden im Netz (nohatespeechmovement.org). Die Kommunikationskanäle verändern sich, aber unsere Maxime bleibt dieselbe: »Niemals Vergessen, Never Again«.

Das Interview mit dem Generalsekretär des Europarates führte Detlef David Kauschke.

Kirchen

Theologe Staffa kritisiert Apartheidsbeschluss des Weltkirchenrates

Der Apartheidsvorwurf sei einfach falsch, sagte der christliche Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christen und Juden beim Deutschen Evangelischen Kirchentag

von Stephan Cezanne  01.07.2025

Berlin

Schuster: Vernichtungsfantasien des Mullah-Regimes gegen Israel und Juden nicht mehr kleinreden

In Dänemark wurde ein Spion festgenommen, der für den Iran jüdische und pro-israelische Ziele ausspioniert haben soll - darunter auch den Zentralrat der Juden

 01.07.2025

Festnahme

Spion soll für Iran jüdische Einrichtungen in Deutschland ausgespäht haben

Der Tatverdächtige wurde in Dänemark festgenommen

von Nils Kottmann  01.07.2025 Aktualisiert

USA

82-Jährige stirbt nach Angriff von Boulder

Die Frau erlag ihren schweren Verletzungen. Die Anklage gegen den Täter soll nun erweitert werden

 01.07.2025

Nahost

Israel: Wir stehen kurz vor Abschluss des Einsatzes in Gaza

US-Präsident Donald Trump sagte jüngst, dass es bald im Gaza-Krieg eine Waffenruhe geben könnte. Auch Israels Verteidigungsminister Katz äußert sich nun optimistisch

 30.06.2025

Debatte

Anti-Israel-Parolen: USA entziehen britischer Band Visa

Ein britischer Festivalauftritt mit israelfeindlichen Parolen wird live von der BBC übertragen. Der Sender steht unter Druck – und die USA kündigen an, der Band die Einreise zu verweigern

 30.06.2025

Interview

Nuklearforscher: »Das iranische Atomprogramm neu aufzubauen, wird Jahre dauern«

Georg Steinhauser über die israelischen und amerikanischen Schläge gegen Atomanlagen im Iran, die Eigenschaften von Uran-235 und mögliche Szenarien für die Zukunft

von Michael Thaidigsmann  30.06.2025

Israel

Früherer Geheimdienstchef der israelischen Armee: Jerusalem musste das Atomprogramm der Mullahs stoppen

Im Juni 1981 war Amos Yadlin an der Zerstörung von Saddam Husseins Kernreaktor beteiligt. Nun hat er ausführlich über Israels Präventivschlag gegen das Mullah-Regime und den angeblichen »Völkermord« in Gaza Auskunft gegeben

von Imanuel Marcus  30.06.2025 Aktualisiert

Drohung

Iranische Zeitung fordert Todesstrafe gegen IAEA-Chef Grossi

Das staatliche Propagandablatt wirft Rafael Grossi vor, für Israel spioniert zu haben

 30.06.2025