Gazastreifen

»Wir reden mit jedem, der Einfluss nehmen kann«

Marsch der Geisel-Angehörigen nach Jerusalem Foto: copyright (c) Flash90 2023

Frau Synenko, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) steht in Israel aktuell schwer in der Kritik, weil es von den rund 240 aus Israel nach Gaza verschleppten Personen bislang kein Lebenszeichen gibt. Was entgegnen Sie?
Wir haben rund 100 Mitarbeiter vor Ort, die unter extrem schwierigen Bedingungen arbeiten. Sie sind bestrebt, Zugang zu den Geiseln zu bekommen und ihr Schicksal zu klären. Wir haben gegenüber der Hamas und den anderen Gruppen auf Zugang gedrängt, auf verschiedenen Ebenen, und tun das weiterhin sehr hartnäckig. Doch bislang wurde unser Ansinnen immer wieder abgelehnt.

Hat das IKRK die Hamas auch darum gebeten, dass die Geiseln Nachrichten an ihre Familien übermitteln können?
Ja. Eines unserer Hauptanliegen ist es, den Angehörigen der Verschleppten Nachrichten zu überbringen über die Lage ihrer Liebsten. Bislang ist uns aber auch das noch nicht gelungen.

Sprechen Sie mit allen Gruppen, also auch solchen wie der Hamas, die international als Terrororganisationen eingestuft wird?
Ja, unsere Präsidentin, Mirjana Spoljaric, hat sich beispielsweise am Montag mit dem Hamas-Chef Ismail Haniyya in Katar getroffen. Wir sind als IKRK strikt neutral und haben eine ganz praktische Philosophie: Wir reden mit jedem, von dem wir glauben, dass er Einfluss auf die humanitäre Situation nehmen kann, also auch mit der Hamas.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Ist das IKRK in die Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln involviert?
Nein. Diese Verhandlungen sind politischer Natur. Als Rotes Kreuz bieten wir ausschließlich humanitäre Dienste an.

Israel wirft der Hamas vor, Krankenhäuser für militärische Zwecke zu benutzen. Konnte das IKRK dies bereits verifizieren?
Krankenhäuser stehen unter dem Schutz des humanitären Völkerrechts und müssen von Kampfhandlungen und jeglichem Missbrauch durch Konfliktparteien verschont bleiben. Wir prüfen, soweit das möglich ist, ob die Konfliktparteien vor Ort das humanitäre Völkerrecht und die Genfer Konventionen einhalten. Wenn festgestellt wird, dass eine Partei dagegen verstößt, setzen wir uns mit ihr in Verbindung. Das geschieht aber in einem vertraulichen Dialog und nicht in der Öffentlichkeit. Uns geht es vor allem darum, die Situation zu verbessern und das Fehlverhalten zu beenden.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Konnte das IKRK bereits die Lage im Shifa-Krankenhaus überprüfen, seitdem die israelische Armee dort die Kontrolle übernommen hat? Es wurden dort ja offenbar Geiseln festgehalten.

Wir haben momentan kein Personal im Shifa. Das letzte Mal konnten wir das Krankenhaus am 7. November besuchen, um dringende medizinische Hilfsgüter abzuliefern und sechs Krankenwagen von dort zum Grenzübergang Rafah zu eskortieren.

Mit der Sprecherin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz sprach Michael Thaidigsmann.

Essay

Ausweg Palästina

Große Teile der Linken sind mit der Komplexität der Gegenwart überfordert. Orientierung suchen sie ausgerechnet im Hass auf den jüdischen Staat. Mit progressiver Politik hat das wenig zu tun

von Jessica Ramczik, Monty Ott  13.09.2025

Sachsenhausen

120 Minuten Holocaust

Angesichts des grassierenden Antisemitismus sollen Schüler zum Besuch einer NS-Gedenkstätte verpflichtet werden. Doch was kann eine Führung vor Ort tatsächlich bewirken?

von Mascha Malburg  13.09.2025

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Berlin

Humboldt-Universität will gegen Antisemitismus vorgehen

Präsidentin Julia von Blumenthal sieht ihre Hochschule für künftige Auseinandersetzungen rund um den Nahost-Konflikt gut vorbereitet

von Lukas Philippi  12.09.2025

Kommentar

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  12.09.2025

Nachkriegsjustiz

Verhandlung über Massenmord: Vor 80 Jahren begann der Belsen-Prozess

Fünf Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erhob ein britisches Militärgericht in Lüneburg Anklage gegen die Täter. In einer Turnhalle begann damit vor 80 Jahren der erste große NS-Kriegsverbrecherprozess in Deutschland

von Karen Miether  12.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025

Debatte

Zentralrat: Ausladung Shanis ist »fatales Signal«

Wer einen Künstler aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder seiner jüdischen Religion ausgrenzt und diskreditiert, trete die Demokratie mit Füßen

 11.09.2025