Rechtspopulisten

»Wir müssen diese Leute entlarven«

Herr Becerra, Sie haben am 9. November unter Protest das Rathaus in Delmenhorst verlassen, als AfD-Mitglieder an einer Veranstaltung zum Pogromgedenken teilnehmen wollten. Was war da los?
Ich habe erklärt, dass ich nicht an einem Gedenken im Ratssaal teilnehme, an dem sich auch Rechtspopulisten beteiligen. So wurde die Feierstunde nach draußen verlegt. Dort habe ich zudem angekündigt, dass ich Anzeige erstatten würde, wenn AfD-Mitglieder bei der anschließenden Kranzniederlegung auf dem jüdischen Friedhof erscheinen würden. Das war mir wichtig, denn die AfDler in Delmenhorst haben eine Vorgeschichte – so wie im Übrigen alle AfD-Mitglieder. Letzten Winter haben sie vor dem Rathaus eine Veranstaltung für »besorgte Bürger« organisiert, die nichts anderes war als eine ausländerfeindliche Aktion, die darauf abzielte, Unruhe in der Stadt zu stiften wegen der Verteilung der Flüchtlinge. Diese Leute haben sich auf Facebook wiederholt ausländerfeindlich geäußert. Sie zeigen durch ihre politische Einstellung, dass sie extrem rechtsorientiert sind. Damit wollen wir nichts zu tun haben.

War der Vorstand sich darüber einig?
Zu 100 Prozent. Denn wir wollen nicht instrumentalisiert werden und denen in der Demokratie auch noch eine Plattform bieten, von der sie dann behaupten können: Wir partizipieren an so einer ehrenvollen Gedenkveranstaltung. Damit sind wir nicht einverstanden.

Wie kam Ihre Haltung in der Gemeinde an?
Da kam durchweg Zustimmung.

Vor einer Situation wie dieser könnte jede Gemeinde stehen. Welche Handlungsempfehlung geben Sie anderen?
Das muss jede Gemeinde für sich selbst entscheiden, ich möchte da nicht vorgreifen. Alle Leute, die bei der AfD sind, haben eine Vorgeschichte im Hinblick auf Rassismus, Antisemitismus oder bestimmte politische Aktivitäten. Alle. Das müssen wir uns klarmachen. Es geht jetzt darum, dass das ein Sammelort ist für Menschen, die eine bestimmte Ausrichtung haben. Da muss man entsprechend reagieren.

Was schlagen Sie konkret vor?
Man muss frühzeitig aufklären und informieren – das gilt nicht nur für uns als Minderheit. Das ist Aufgabe der Gesellschaft und der Politik. Wir müssen diese Leute entlarven. Vor allem, weil sie die Gesellschaft spalten: Sie machen sich die Ängste der Menschen zunutze.

Also Fakten statt Emotionen?
Ganz genau. Gerade kleine Gemeinden wie unsere sollten immer hellhörig sein, was unsere politische Stimme, der Zentralrat, sagt. Außerdem empfehle ich, Kontakte mit Kommunalpolitikern und allen demokratischen Parteien aufzunehmen und zu pflegen – politische Aufklärung findet in den Städten und Kommunen statt. Darüber hinaus kann sich jeder politisch bilden und zudem die Angebote der ZWST wahrnehmen. Wir sind gut organisiert und gut aufgestellt. Und: Wir sind nicht von gestern, sondern von heute.

Mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Delmenhorst sprach Katharina Schmidt-Hirschfelder.

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 05.11.2025

Laudatio

»Wie hält man so etwas aus?«

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hielt die Laudatio auf Karoline Preisler anlässlich der Verleihung des Paul-Spiegel-Preises in Berlin. Eine Dokumentation

von Julia Klöckner  05.11.2025

Thüringen

Universität Jena berät über Umgang mit israelischen Partnern

Jenaer Professoren wollen die Kooperationen ihrer Hochschule mit israelischen Partnern prüfen lassen, die Verbindungen zur israelischen Armee haben könnten. Das Netzwerk Jüdischer Hochschullehrender mahnt, Wissenschaft dürfe kein Ort für Ausgrenzung werden

von Matthias Thüsing  05.11.2025

Prozesse

Berliner Verwaltungsgericht verhandelt Waffenlieferungen an Israel

Zwei unterschiedliche Klagen im Zusammenhang mit Waffenlieferungen an Israel beschäftigen am 12. November das Berliner Verwaltungsgericht. Unter anderem geht es um mehrere Tausend Panzerabwehrwaffen

 05.11.2025

Berlin

Davidstern-Gemälde an East Side Gallery beschmiert

Ein Gemälde an der bekannten East Side Gallery ist Ziel einer antisemitischen Schmiererei geworden. Der Tatverdächtige konnte gefasst werden. Bei der Begehung seines Wohnhauses fand die Polizei mehrere Hakenkreuze

 05.11.2025

Islamismus

Dobrindt: Muslim Interaktiv spaltet die Gesellschaft

Der Innenminister hat die Organisation, die sich gezielt an junge Menschen richtet, verboten. Jetzt erklärt er warum

 05.11.2025

Ostdeutschland

Zentralrat warnt vor AfD-Regierung: »Echte Gefahr für jüdisches Leben«

Der Präsident des Dachverbands der jüdischen Gemeinden sieht in den hohen Umfragewerten der AfD zehn Monate vor den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt einen »Weckruf«

von Joshua Schultheis  05.11.2025

Berlin

Dobrindt verbietet islamistische Vereinigung Muslim Interaktiv

Zudem laufen gegen die Vereine Generation Islam und Realität Islam vereinsrechtliche Ermittlungen

von Martina Herzog  06.11.2025 Aktualisiert

Medien

So erzeugt man einen gefährlichen Spin

Wie das Medienunternehmen »Correctiv« den Versuch unternimmt, die Arbeit des israelischen Psychologen Ahmad Mansour fragwürdig erscheinen zu lassen

von Susanne Schröter  05.11.2025