Interview

»Wir dürfen nicht scheitern«

Holger Stahlknecht über V-Leute, die Innenministerkonferenz und ein neues NPD-Verbotsverfahren

von Hans-Ulrich Dillmann  20.03.2012 19:06 Uhr

Der Innenminister von Sachsen-AnhaltHolger Stahlknecht Foto: cdu

Holger Stahlknecht über V-Leute, die Innenministerkonferenz und ein neues NPD-Verbotsverfahren

von Hans-Ulrich Dillmann  20.03.2012 19:06 Uhr

Herr Minister, an diesem Donnerstag beraten die Innenminister der Länder und des Bundes bei einer Sonderkonferenz den neuen Anlauf für ein NPD-Verbot. Wann endlich rechnen Sie mit einem Verfahren?
Ich möchte erreichen, dass wir zum 1. April die V-Leute in den Führungsgremien der NPD abschalten und im selben Moment mit einer Materialsammlung beginnen, um klare Fakten dafür zu finden, dass und wie sich die NPD außerhalb der Verfassung bewegt. Das wird gut ein halbes Jahr dauern. Danach wird über den Start eines neuen Verfahrens entschieden.

Warum jetzt der Abzug der V-Leute?
Das Abschalten der V-Leute in Führungsgremien wie Bundes- und Landesvorständen ist erste Voraussetzung dafür, ein NPD-Verbot seriös in Gang zu setzen. Nur ohne V-Leute kann rechtssicher bewiesen werden, dass die Partei verfassungswidrig gegen den Staat agiert. Steht der Verfassungsschutz – also der Staat selbst – mit am Ruder, kann man niemandem erklären, dass die NPD gegen Staat und Demokratie arbeitet. Sie gilt dann nicht als staatsfern.

Bisher haben die CDU-Länder eher Zurückhaltung in dieser Frage geübt. Warum dieser plötzliche Meinungsumschwung?
Ich denke, dass die Ereignisse um die Mordanschläge der Zwickauer Terrorzelle NSU auch ein Umdenken gebracht und den politischen Entwicklungsprozess befeuert haben.

Wie lange wollen Staat und Justiz die verfassungsfeindlichen Aktivitäten der NPD und ihrer Mitglieder noch dulden?
Als Politiker und als Mensch antworte ich Ihnen: Keinen Tag länger! Als Jurist sage ich, dass wir prüfen müssen, ob das Material reicht, einen solchen Prozess zu gewinnen. Die Beweise müssen erheblich genug sein, um die Tatsache zu stützen, dass die NPD nicht auf dem Boden unserer Verfassung steht. Ein gescheitertes Verbotsverfahren würde die NPD stärken. Das können wir uns nicht erlauben.

Wird ein Verbot auch Auswirkungen auf die viel radikaleren »Kameradschaften« haben?
Das sehe ich nicht. Ein gescheitertes NPD-Verbotsverfahren hingegen könnte andere radikale Kräfte ermutigen, eine eigene Partei zu gründen.

Was unternehmen Sie in Ihrem Bundesland aktuell gegen NPD und andere Neonazis?
Ich habe bereits im Mai 2011 als Innenminister ein neues Referat gegründet, das sich mit Extremismusprävention und verfassungswidrigen Parteien beschäftigt. Hier werden präventive Ansätze verfolgt, hier wird Aufklärungsarbeit koordiniert. Sachsen-Anhalt legt darüber hinaus derzeit ein Programm gegen Extremismus auf, das alle Ansätze zur Bekämpfung verfassungswidriger Umtriebe neu sortiert.

Welches Ergebnis erwarten Sie konkret von der Innenministerkonferenz?
Die Entscheidung über das Abschalten der V-Leute und den Beginn einer Materialsammlung zur Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen für ein erneutes NPD-Verbotsverfahren.

Mit dem CDU-Innenminister von Sachsen-Anhalt sprach Hans-Ulrich Dillmann.

Umfrage

Studie: Für die meisten muslimischen Schüler ist der Koran wichtiger als deutsche Gesetze

Fast die Hälfte der Befragten will einen islamischen Gottesstaat

 22.04.2024

Vereinte Nationen

»Whitewash«: UNRWA-Prüfbericht vorgelegt

Eine Untersuchung sollte die schweren Vorwürfe gegen das UN-Hilfswerk aufklären - vorab sickerten erste Details durch

von Michael Thaidigsmann  22.04.2024

Berlin

Ausstellung will Leben in Geiselhaft simulieren

In der Fasanenstraße werden in einem Container die Bedingungen der Geiseln in Gaza simuliert

von Pascal Beck  22.04.2024

Rechtsextremismus

»Höckes Sprachgebrauch ist ein klarer Angriff - und erfolgreich«

Der Soziologe Andreas Kemper zu Strategien des AfD-Politikers

von Nils Sandrisser  22.04.2024

Frankreich

Französischer Bürgermeister zeigt Hitlergruß - Rücktrittsforderungen

Die Präfektur Val-de-Marne will die Justiz einschalten

 22.04.2024

Meinung

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Fall Samir

Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Österreich

Vier Deutsche nach Gedenkbesuch bei Hitlers Geburtshaus angezeigt

Die Verdächtigen waren nach Braunau gefahren, um dort weiße Rosen niederzulegen

 22.04.2024

Berlin

Große KZ-Gedenkstätten gegen Schüler-Pflichtbesuche

Die Unionsfraktion hatte sich dafür ausgesprochen

 22.04.2024

Meinung

Erinnert euch an Ägypten

Nur eine Handvoll Mitglieder zählen die Gemeinden in Kairo und Alexandria heute. Jedoch haben die wenigsten Juden ihre Heimat aus religiöser Sehnsucht verlassen – sie wurden gewaltvoll vertrieben

von Mascha Malburg  22.04.2024