Meinung

Wir brauchen mehr als Konzerte

Ayala Goldmann Foto: Marco Limberg

Wir sind mehr», heißt es in den sozialen Medien – doch leider sind seit Beginn der großen Migration im Sommer 2015 immer weniger Menschen in der Lage, ein Gespräch mit Andersdenkenden zu führen. Wer Besorgnis über die Folgen der Flüchtlingsbewegungen äußert, gilt schnell als Rechtsextremist.

In vielen Freundeskreisen ist es unmöglich geworden, offene Gespräche über Zuwanderung zu führen. Andererseits nehmen auch in der jüdischen Gemeinschaft Aversionen gegenüber Muslimen, ganz gleich welcher Herkunft, zu – ehrlich gesprochen wird über das Problem aber nicht. Und während sich Politiker und Künstler im «Widerstand gegen Nazis» überbieten, steigen die Umfragewerte für die AfD.

Keine Frage: Ein Anti-Rechts-Konzert vor Zehntausenden von Zuhörern ist ein schönes Zeichen. Wichtiger wäre es, im Alltag anderen zuzuhören – nicht nur in Chemnitz. Erinnern wir uns: Am 26. August wurde in der sächsischen Stadt der Deutsch-Kubaner Daniel H. erstochen.

Rechtspopulismus Die Dokumente des Tatverdächtigen Youssef A., der 2015 nach Deutschland kam und 2017 im Asylverfahren einen irakischen Personalausweis vorlegte, sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums eine «Totalfälschung». Ja, es muss möglich sein, zu fragen, wie solche Fälle in Zukunft verhindert werden können, ohne sofort des Rechtspopulismus verdächtigt zu werden. Auch unter Juden. Sonst wird die Zahl der AfD-Wähler weiter steigen. Auch unter Juden.

Vielleicht könnten die Hohen Feiertage Anlass sein, unter anderem in den Synagogen wieder mit Menschen zu reden, deren Ängste von Rechtspopulisten instrumentalisiert werden.

Wer sich aber schon als Kämpfer für das Gute fühlt, nur weil er zu einem kostenlosen Konzert nach Sachsen fährt, ist bestenfalls naiv. Und wenn nicht «mehr» passiert, dann sind «wir», die Demokraten, vielleicht demnächst nicht mehr die Mehrheit.

goldmann@juedische-allgemeine.de

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