Einspruch

Willkommen im Klub

Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan hat es in letzter Zeit seinen Freunden im Westen nicht gerade leicht gemacht. Da gab es den gezielten Affront auf offener Bühne gegen Israels Präsident Schimon Peres in Davos. Da war seine Sympathie für den hochgefährlichen iranischen Wirrkopf Mahmud Ahmadinedschad in Teheran. Und dazu kam schließlich die Unter- stützung für die Gaza-Flottille, in deren Leitschiff Mavi Marmara sich islamistische Antisemiten tummelten. All das nach innen populistische, nach außen demonstrative Gesten. Erdogan zeigte so, dass er auch anders kann – weg von Europa mit seinen Demokratien, hin zur islamischen Welt mit seinen Diktaturen.

Referendum Insofern sollte man die Aufforderung vor allem der kemalistisch-westlichen Elite in der Türkei nicht einfach ignorieren, Erdogans Erfolg im jüngsten Verfassungsreferendum wenigstens ambivalent zu bewerten: Einerseits ist das klar gewonnene Referendum ein Sieg für die Demokratie, da es die alte Putschisten-Verfassung von 1980 endlich abschafft und das übermächtige Militär in die Schranken weist. Andererseits wird die Macht von Erdogans gemäßigt-islamistischer Partei AKP gestärkt. Sie gewinnt nun vorerst mehr Einfluss auf die Besetzung des säkular orientierten Verfassungsgerichts.

Dennoch sollte der Westen Gelassenheit zeigen. Seit Erdogans Amtsantritt vor sieben Jahren hat er mit teilweise knallharten Reformpaketen mehr für die Demokratisierung und den möglichen EU-Beitritt seines Landes getan als alle Regierungen vor ihm. Die gerierten sich prowestlich, gingen aber Konflikten aus dem Weg, die Erdogan um der Reform seines Landes willen einzugehen bereit war. Er mag kein lupenreiner Demokrat sein. Doch wenn eines Tages die Türkei in den exklusiven EU-Klub einziehen sollte – was nicht zuletzt mit Blick auf den Nahost-Konflikt zu begrüßen wäre –, dann wird das auch ihm zu verdanken sein.

Der Autor ist Reporter bei der Tageszeitung »taz«.

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025

Washington D.C.

Kritik an fehlenden Epstein-Dateien: Minister erklärt sich

Am Freitag begann das US-Justizministerium mit der Veröffentlichung von Epstein-Akten. Keine 24 Stunden später fehlen plötzlich mehrere Dateien - angeblich aus einem bestimmten Grund

von Khang Mischke  22.12.2025

Australien

Behörden entfernen Blumenmeer für die Opfer von Bondi Beach

Die Regierung von New South Wales erklärt, man habe sich vor dem Abtransport der Blumen eng mit der jüdischen Gemeinde abgestimmt

 22.12.2025

Sydney

Attentäter warfen Sprengsätze auf Teilnehmer der Chanukka-Feier

Die mutmaßlichen Attentäter Naveed und Sajid Akram bereiteten sich auf das Massaker vor. Ihre Bomben explodierten nicht

 22.12.2025

New York

Tucker Carlson ist »Antisemit des Jahres«

Die Organisation StopAntisemitism erklärt, ausschlaggebend seien Beiträge, in denen er erklärten Judenhassern, Holocaustleugnern und extremistischen Ideologen eine große Bühne geboten habe

 22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Gaza

Das Problem mit der Entwaffnung

Die Hamas weigert sich strikt, die Waffen niederzulegen. Was Zustimmung in der palästinensischen Bevölkerung findet und den Friedensplan stocken lässt

 21.12.2025 Aktualisiert

Interview

»Die Zustände für Juden sind unhaltbar. Es braucht einen Aufstand der Anständigen«

Zentralratspräsident Josef Schuster über den islamistischen Anschlag von Sydney und das jüdische Leben in Deutschland nach dem 7. Oktober

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025