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»Wie eine Lotterie«

Verfassungsschutz-Akten, ungeschreddert Foto: ddp

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»Wie eine Lotterie«

NSU-Ausschuss zieht Zwischenbilanz zum Versagen der Behörden

von André Anchuelo  09.07.2012 17:37 Uhr

»Wir hatten seit unserer Einsetzung im Januar 24 Sitzungen, und das Erfreuliche ist, dass parteipolitische Profilierungen bislang ausgeblieben sind«, sagt Petra Pau. Die Obfrau der Bundestagsfraktion Die Linke zieht nach einem halben Jahr Tätigkeit des Untersuchungsausschusses zum Terror des Nationalsozialistischen Untergrunds» (NSU) ein insgesamt positives Zwischenfazit.

Fraktionsübergreifend strebe man nach Aufklärung der Frage, warum die Mitglieder des Terrortrios weitgehend unbehelligt «über zehn Jahre raubend und mordend durchs Land» ziehen konnten, sagt die Bundestags-Vizepräsidentin im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen.

Doch noch immer sind viele wichtige Fragen rund um NSU unbeantwortet. Weiterhin unklar ist beispielsweise, ob die Nazigruppe auch hinter dem Bombenattentat auf jüdische Zuwanderer an einem Düsseldorfer S-Bahnhof im Sommer 2000, zwei Anschlägen auf einen jüdischen Friedhof in Berlin 1998 und 2002 sowie an der Ermordung des Rabbiners Abraham Grünbaum im Juni 2001 in Zürich steckt. Man betrachte sich im Untersuchungsausschuss aber nicht als «die besseren Kriminalisten», erklärt Pau. Es gehe vielmehr darum, herauszufinden, wie Sicherheitsbehörden und Politik derart versagen konnten.

Wahlkampf Inwieweit das am Ende wirklich beantwortet werden kann, ist eher fraglich: Spätestens im März muss die Arbeit am Abschlussbericht beginnen. Bald danach folgt der Wahlkampf. Zudem werden die Bundesparlamentarier wohl kaum die Arbeit der Untersuchungsausschüsse in Sachsen, Thüringen und Hessen berücksichtigen können, denn – anders als im Bundestag – wurde hier Akteneinsicht nur schleppend und teils eingeschränkt gewährt.

Clemens Binninger, Obmann der CDU/ CSU im Ausschuss, fühlt sich dadurch «an eine Lotterie» erinnert. Nach der Vernehmung des scheidenden Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Heinz Fromm, in der vergangenen Woche geht nicht nur Pau davon aus, dass entweder Fromm oder der noch amtierende BKA-Chef Jörg Ziercke gelogen haben. Fromm sagte, bei den wöchentlichen nachrichtendienstlichen Lagebesprechungen im Bundeskanzleramt sei nicht über die rechtsextremistische Szene berichtet worden, Ziercke hingegen sagt das Gegenteil. Schon zuvor legte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, dem BKA-Chef den Rücktritt nahe.

Petra Pau hält nichts von Rücktrittsforderungen. Man solle zunächst so viel wie möglich aufklären. Deshalb kritisiert die Linke-Politikerin auch «aktionistische» und «hektische» Änderungen an der Architektur der Sicherheitsdienste, etwa die jüngst beschlossene Einführung einer zentralen Neonazidatei.

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