Meinung

Wer hat Angst vor Edward Snowden?

Foto: Stephan Pramme

Selbstverständlich gibt es sie, die Verschwörungstheorien, die im Skandal um Edward Snowden und die NSA die Juden bezichtigen, ihnen gehöre vielleicht nicht der amerikanische Geheimdienst, wohl und bestimmt aber die gesamte Technologie und Infrastruktur des Internets und der sozialen Netzwerke weltweit. Das ist bekannt, dumm und gehört zur antisemitischen Folklore unseres Zeitalters. Aber davon abgesehen: Beschäftigt und beunruhigt Juden in Deutschland die Diskussion um Snowden und die Abhörprogramme der NSA überhaupt?

Sicherheit war und ist immer ein jüdisches Thema; sich darum Gedanken zu machen, gehört heute zum Alltag in jüdischen Gemeinden überall auf der Welt. Deshalb, so scheint es, ist in jüdischen Kreisen die Überraschung darüber, dass es ein Programm wie PRISM gibt, nicht sonderlich groß. Man ist daran gewöhnt, sich gegen Angriffe zu wappnen, selbstverständlich auf der Höhe der verfügbaren Technik.

Überwachung Alles andere wäre fahrlässig angesichts einer Bedrohungssituation durch weltweit agierende rechtsextreme und islamistische Antisemiten. Ebenfalls wenig erregt zeigt man sich über Zumutungen, die in diesen Überwachungssystemen stecken. Auch, weil es vermutlich ein größeres Vertrauen in die Ethik der Sicherheitspolitik gibt als bei der nichtjüdischen Mehrheit. Vor allem in die der USA, die sich in der Frage der Sicherheit der Juden und des Staates Israel immer eindeutig verhalten hat. Dass in Deutschland nicht einmal generell der Ethik der Demokratie vertraut wird, hat eine Tradition, die möglicherweise auch einem Selbstmisstrauen entstammt.

Vielmehr verfolgt ein großer Teil der Juden die Art, wie in Deutschland über Snowden diskutiert wird, mit Sorge. Während in anderen Ländern Kritik laut wird, ist hier die Empörung überbordend. Da wird ein Ton angeschlagen, der aus der Nachkriegsgeschichte bekannt ist: Amerika sei ein Besatzer, von dem man sich nichts mehr sagen lassen müsse. Und, plumps, sind die Deutschen wieder schmählich besiegt und keineswegs befreit worden. Juden haben bei solchen Tönen durchaus Grund zur Besorgnis, denn Antisemitismus ist davon nur wenige Gefühls- und Gedankenklicks entfernt.

Noch gibt es also keinen besonderen Grund, dass sich Juden zu dem NSA-Skandal äußern. Es sei denn, sie haben Angst davor, dass es mit solchen Programmen kein Entrinnen oder Verstecken mehr gibt, wenn sie in die falschen Hände geraten.

Die Autorin ist Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung.

Diplomatie

Bosnien: Diplomatischer Eklat um Nazi-Helm an deutschen UN-Vertreter

Vor 30 Jahren endete der Krieg in Bosnien und Herzegowina. Jetzt flammt die Debatte um die politischen Nachwehen von Neuem auf. Im Fokus eines skandalösen Angriffs steht ein deutscher UN-Politiker

 20.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  20.11.2025 Aktualisiert

Berlin

Messerangriff am Holocaust-Mahnmal: Prozess beginnt

Ein 19-jährigen Syrer soll dort im Februar einem spanischen Touristen lebensgefährlich verletzt haben. Aufgrund einer sofortigen Notoperation überlebte das Opfer

 20.11.2025

Washington D.C.

Trump unterschreibt Gesetz zur Freigabe von Epstein-Akten

Der Druck auf den US-Präsidenten wurde zu groß - nun hat er die Veröffentlichung von Akten zu einem Fall genehmigt, den er nicht loswurde. Was das bedeutet

von Anna Ringle, Franziska Spiecker, Khang Mischke, Luzia Geier  20.11.2025

Russischer Eroberungskrieg

Neuer US-Friedensplan: Ukraine unter Druck

Die USA haben Sanktionen gegen Russland verhängt, doch hinter den Kulissen scheint weiter verhandelt worden zu sein. Kiew trifft dies zu einem doppelt ungünstigen Zeitpunkt

 20.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  20.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  20.11.2025

Essay

All die potenziellen Schüsse

In diesem Herbst liest man fast täglich von vereitelten Anschlägen auf Juden. Was die ständige Bedrohung mit uns macht

von Mascha Malburg  20.11.2025

Stuttgart

Polizei plant Großeinsatz bei Maccabi-Spiel

Vor den Europa-League-Auftritten gegen Maccabi Tel Aviv sind der VfB Stuttgart und der SC Freiburg alarmiert. Ein Fan-Ausschluss wie zuletzt in Birmingham ist momentan nicht geplant

 19.11.2025