Fußball-EM

Verbände fordern Verbot der »Grauen Wölfe«

Merih Demiral zeigt den »Wolfsgruß«. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Der »Wolfsgruß« des türkischen Fußball-Nationalspielers Merih Demiral beim EM-Spiel gegen Österreich sorgt weiter für Kritik. Die Kurdische Gemeinde in Deutschland fordert ein Verbot der Vereinigung »Graue Wölfe« in Deutschland sowie einen Ausschluss des Spielers vom Turnier.

Auch die Bundesregierung erwartet, dass der europäische Fußballverband UEFA Konsequenzen zieht.

»Wir sind als Kurdische Gemeinde Deutschland wie alle vom türkischen Rechtsextremismus in der Türkei betroffen und über das Zelebrieren von Faschismus und Rassismus bei der EM mehr als entsetzt«, heißt es in einer Erklärung der Kurdischen Gemeinde. Das Verhalten sei eine Verhöhnung der Opfer von Faschismus und Rassismus in der Türkei.

Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, fordert ein Verbot der »Grauen Wölfe«: »Es wird Zeit, endlich die Grauen Wölfe und den Wolfsgruß zu verbieten. Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Vollzugsdefizit. Schon 2020 hat der Deutsche Bundestag ein Verbot gefordert. Jetzt muss die Prüfung endlich zu einem Ergebnis führen«, teilte Beck mit.

Der Direktor des American Jewish Committee in Berlin, Remko Leemhuis, warnt: »Mit über 12.000 Anhängern sind die Grauen Wölfe die größte rechtsextreme Gruppierung in Deutschland. Die Gefahr, die diese Gruppe für Jüdinnen und Juden sowie für die kurdischen, jesidischen, armenischen und alevitischen Communities darstellt, wurde lange Zeit von der Politik ignoriert.« Leemhuis hält es außerdem für »nicht hinnehmbar«, dass die Ideologie der »Grauen Wölfe« über den Verband ATIB noch immer im Zentralrat der Muslime vertreten ist.

»Absoluter Skandal«

Ähnlich schockiert äußerten sich auch die deutsch-kurdische Menschenrechtlerin Düzen Tekkal sowie die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Dass Demiral die Geste ausgerechnet am Jahrestag des Brandanschlages von Sivas zeigte, bei dem am 2. Juli 1993 35 Menschen, größtenteils Aleviten, getötet wurden, sei ein absoluter Skandal sowie »eine Verhöhnung der alevitischen Opfer des Massakers«, erklärte die GfbV.

Tekkal mahnte die deutsche Gesellschaft, bei Rassismus und Faschismus in Teilen der Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte nicht wegzusehen. »Es gilt alle Formen der Menschenverachtung und Verfassungsfeindlichkeit zu bekämpfen! Alles andere ist Makulatur«, schrieb sie auf X.

Der Wolfsgruß sei nicht nur ein Angriff auf den Fußball, sondern auf Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat, kritisiert die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) am Donnerstagmorgen. Unter diesem Zeichen seien unter anderem Millionen Armenier und Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten im Osmanischen Reich massakriert worden.

Sofortige Sperre

Die IGFM fordert eine sofortige Sperre des Spielers durch die UEFA und bei fehlender Distanzierung durch den türkischen Fußballverband einen sofortigen Ausschluss der gesamten Mannschaft.

Der »Wolfsgruß« steht als Symbol für die Vereinigung der »Grauen Wölfe«, auch als Ülkücü-Bewegung bekannt. Der Verfassungsschutz stuft die Bewegung, der in Deutschland nach Schätzungen über 12.000 Menschen angehören, als rechtsextremistisch ein und beobachtet sie. Verboten ist der »Wolfsgruß« in Deutschland bislang jedoch nicht.

Der türkische Doppeltorschütze hatte beim 2:1-Sieg gegen Österreich das Handzeichen bei seinem Jubel nach dem 2:0 gezeigt und ein Foto davon auch auf Sozialen Medien veröffentlicht. Bei einer Pressekonferenz im Anschluss hatte der Abwehrspieler die Geste verteidigt und betont, dass keine versteckte Botschaft dahinter stecke.

Konsequenzen gefordert

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) forderte zunächst die UEFA auf, Konsequenzen zu ziehen. Der Fußballverband gab bekannt, ein Untersuchungsverfahren laufe bereits.

Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, verurteilte die Geste. »Es ist den Fans der türkischen Mannschaft zu wünschen, dass sie friedlich und fröhlich das Fußballfest gemeinsam feiern können - ohne politischen Extremismus«, schrieb sie auf X. kna/ja

Rechtsextremismus

Fragezeichen nach skurriler Rede bei AfD-Jugendkongress 

Wer steckt hinter dem mysteriösen Auftritt des Mannes, der mit einer Rede im Hitler-Stil den Gründungskongress der AfD-Jugend aufmischte? Ihm droht der Parteiausschluss

von Jörg Ratzsch  01.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Das Ausmalbuch "From the river to the sea" in einer Buchhandlung in Zürich.

München

Hugendubel streicht antisemitisches Kinderbuch aus Sortiment

»Sofort nach Kenntnisnahme über dessen Existenz« sei das Malbuch entfernt worden, heißt es aus dem Unternehmen

 01.12.2025

Berlin

Karoline Preisler bei Marsch gegen Antisemitismus

»Es ist ganz besonderer Marsch, weil Männer Frauen und Kinder, Menschen aus ganz Deutschland und darüber hinaus zusammengekommen sind«, sagt die Juristin und Politikerin

 01.12.2025

Potsdam

Anne Frank mit Kufiya: Jüdische Gemeinde fordert Ausstellungs-Stopp

Eine Ausstellung im Museum Fluxus+ will Ähnlichkeiten zwischen Palästinensern und Israelis aufzeigen. Doch die Darstellung zieht Kritik aus der Jüdischen Gemeinde und von Brandenburgs Antisemitismusbeauftragten auf sich

 01.12.2025

Interview

»Nach dem Waffenembargo gibt es einiges zu kitten«

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter über den Antrittsbesuch des Bundeskanzlers in Israel, Siedlergewalt im Westjordanland und die Kooperation mit dem Mossad

von Joshua Schultheis  01.12.2025

Hamburg

So reagiert die Politik auf den Rücktritt Stefan Hensels

Wegen der vorzeitigen Amtsaufgabe des Antisemitismusbeauftragten macht die CDU dem rot-grünen Senat schwere Vorwürfe. Der Erste Bürgermeister lobt dagegen die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Beauftragten

von Joshua Schultheis  01.12.2025

Verteidigung

Deutschland stellt Arrow 3 in Dienst

Erstmals kommt das Raketenabwehrsystem außerhalb Israels zum Einsatz

 01.12.2025