Ich gestehe: Ich habe nie Sex and the City geguckt. Nie. Eine ganze Menge anderer Sachen lief Ende der 90er-, Anfang der 2000er-Jahre über meinen Bildschirm, aber nie diese Serie. Während sich viele meiner Freundinnen die Abenteuer (gähn) von Carrie Bradshaw und ihren Ladies anschauten, kicherte ich über The King of Queens, Blackadder in der 30. Wiederholung oder The Sopranos.
Jetzt aber – und es tut mir selbst leid, dass ich das schreiben muss, jetzt habe ich mich durch eine Schlagzeile von »Spiegel« und »Bild« dazu verleiten lassen, Clips von diesem Vierergespann-Geschnattere mit viel zu bunten Designer-Sachen anzusehen. Und daran ist nur Annalena Baerbock schuld.
Okay, nicht sie direkt persönlich, sondern dieses Instagram-Video, in dem sie sich, wie Spiegel und Bild es formulierten, wie in der Serie Sex and the City ein Taxi rufe und dann so Carrie-Bradshaw-mäßig zum UN-Gebäude fahre.
Davon abgesehen, dass ich durch diesen Clip die Verwendung des englischen Verbs und Jugendwortes aus dem Jahr 2021, »to cringe« (es leitet sich übrigens laut Oxford Advanced Learner’s Dictionary über sieben Ecken vom deutschen Wort »krank« ab), besser verstehe, kann ich die Analogie der »Spiegel-Bild«-Artikel schwer nachvollziehen. Weder trägt Baerbock, die seit Dienstag bei den Vereinten Nationen ist, auffällige Tüllröcke oder Pelz – sondern Jeans, T-Shirt und Blazer –, noch raucht sie. Wie ich in fast allen Clips gesehen habe, raucht hingegen Bradshaw kurz vor Kette.
Aber zurück zum Reel bei Instagram. Ich frage mich seitdem: Warum? Warum dieses Video? Wenn Personen der Öffentlichkeit heutzutage etwas Peinliches tun, heißt es ja oft, das sei ironisch. Aber ich befürchte, dass es wirklich so gemeint ist, wie es zu sehen ist. Und während ich noch über Sinn und Unsinn dieses Clips sinne, ploppt ein neuer auf. Eine Fortsetzung.
Zugegeben: Das ist besser, als auf den neuen Tarantino zu warten. In diesem neuen Video geht die ehemalige Außenministerin frühstücken, und zwar so, wie es echte New Yorker nun einmal tun. Sie holt sich einen Kaffee und einen Bagel.
Hmm, denke ich: Die Leute, die ich in New York kenne, essen immer Cereal zu Hause, aber well, die Geschmäcker sind ja verschieden. Die Uhrzeiten offenbar auch. Die Uhr im Chelsea Bagel & Tudor Shop an der East 43rd Street und Second Avenue zeigt nicht etwa zehn vor acht, sondern zehn nach halb elf. Nun, wir nehmen es nicht allzu genau. Manche Menschen essen halt später.
Aber: Was sehen meine Augen? Meine Güte, diese Folge ist echt spannend – im Hintergrund hängt ein Schild: »Fresh Challah baked on premises«, jeden Donnerstag und Freitag gibt es sie. Außerdem sind noch im Angebot Pita, ein Israeli Platter und Sabich. Genial.
Das ist doch mal eine Empfehlung der neuen Kollegin an die alten UN-Mitarbeiter, oder? Und wenn das nicht so gut ankommt: Vielleicht hilft Baerbock dem Bagelshop mal bei der Aktualisierung seines Instagram-Accounts. Da sieht es nämlich etwas öde aus.