Glosse

Hummus verboten?

Als ich kürzlich von einem Boykottaufruf gegen ein israelisches Restaurant in Berlin hörte, war ich zuerst der Meinung, es ginge wieder einmal um den »Genozid«, den Israel ja täglich in Gaza begehen würde – aber weit gefehlt. Es handelte sich um den Versuch der Verhinderung einer »kulturellen Aneignung«, kurz gesagt, um Hummus!

Nun ist das mit der angeblichen kulturellen Aneignung so eine Sache, die man auch »komplex« nennen dürfte, vorausgesetzt man ist Römer. Die Kichererbse an sich ist ohne Frage eine alte Kulturpflanze, die schon seit über 8000 Jahren in der Levante angebaut wird, zu einer Zeit, als die Menschen irgendetwas Polytheistisches waren, nur noch keine Juden, Christen oder gar Muslime.

Später erfanden sich die Juden, daraus übernahmen die Christen vor gut 2000 Jahren Teile ihres Glaubens und etwa 600 Jahre später machte Mohammed aus dieser Melange dann den Koran unter Hinzufügung eigener Ideen. Das zum Thema »kulturelle Aneignung«.

Geistige Fehlleistung

Was heute von kulturbeflissenen, wohlmeinenden, leider geschichtslosen und oft sehr jungen Menschen so bezeichnet wird, ist eine gewaltige geistige Fehlleistung, um nicht zu sagen: Verirrung. Denn was wären wir, ohne diese Aneignung? Wir würden selbst bei Kälte nackt oder in Fellen herumlaufen, wissen wir doch, dass der Anorak eine Erfindung der Inuit darstellt.

Bei uns in Deutschland wäre der Schuhplattler die rechtlich zugelassenen Musikform, zu genießen nur in einer Lederhose. Rockmusik und Jeans wären tabu. Pommes oder Wan-Tan wären verboten, ebenso die Pizza und das Wiener Schnitzel. Schwedenhäuser dürften bei uns nicht mehr gebaut werden und Coffee-to-go wäre ein No-Go. Ebenso dieses Getränk nebst Anglizismen. Die Dreadlocks, die ursprünglich aus Abessinien stammen, wären selbst in der Karibik fragwürdig, denn ob man Haarkultur exportieren darf, ist fraglich.

Zurück zum Hummus. Weitgereiste, weltoffene Menschen wissen, dass es vergnüglich sein kann, in der Ferne auf unbekannte Speisen oder Gewürze zu stoßen und diese dann in den Alltag in Münster oder Freiburg zu integrieren. Wie groß ist die Freude, plötzlich auf Restaurants zu stoßen, die tibetische, patagonische oder libanesische Küche anbieten, zu zivilen Preisen. Vorsicht! Kenner wissen, dass eine Aussage wie »Asiatische Küche« eine denkwürdige ist, denn sowohl Pakistan als auch Vietnam gehören zu diesem Kontinent.

Indigene Unterstützer

»Was aber hat das mit Hummus zu tun?«, werden Sie mit Recht fragen. Nun denn also: Palästinensische Aktivisten und ihre deutschen indigenen Unterstützer haben sich dazu verstiegen, den Kichererbsenbrei als ein palästinensisches Kulturgut zu deklarieren, das sich hinterhältige, israelische Garküchenbetreiber nur angeeignet haben, um es als ihres auszugeben.

Das soll mit einem Boykott des Speiselokals sanktioniert werden. Dumm ist nur, der Koch ist ein Palästinenser aus Hebron. Sie sehen: Es bleibt komplex. Über das tragische Schicksal der Falafel erfahren wir in der nächsten Folge.