Gefahr für jüdische Einrichtungen

Verfassungsschutz warnt vor »erheblicher Gefährdungslage«

Der designierte Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Sinan Selen Foto: picture alliance / Ipon

Das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht mit Blick auf den zweiten Jahrestag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel am Dienstag eine »erhebliche Gefährdungslage« auch für Deutschland.

»Der Terror der Hamas hat nicht nur in Israel fatale Folgen gezeitigt - sie wirken bis heute in Deutschland nach, indem sie antisemitische und israelfeindliche Narrative stärken und Extremisten aller Couleur neuen Nährboden geben«, erklärte der Vizepräsident des Bundesamtes, Sinan Selen, am Montag in Köln.

Extremistische Gruppen versuchten, das Leid dieses Konfliktes für ihre Ideologien zu instrumentalisieren. Als Gefahren wurden gezielte Ausforschung, Hackerangriffe, bewusste Verbreitung von Falschinformationen, versuchte Beeinflussung sowie Bemühungen um die Weitergabe sensibler Technologien genannt.

Diese Gruppierungen nutzen laut Selen den Hamas-Überfall und die aktuell eskalierende Lage, um ein gemeinsames Feindbild zu schüren: »Juden, Jüdinnen und der Staat Israel sind die Projektionsfläche für globale Verschwörungstheorien und Feindseligkeiten.« Unter dem Deckmantel legitimer Kritik gerieten Grenzen zu Hass und Gewalt zunehmend ins Wanken, fügte der Verfassungsschutzvizepräsident hinzu.

Das Bundesamt beobachte, wie in Deutschland Aufrufe erfolgten -
teilweise verdeckt, teilweise offen - zu Anschlägen auf jüdische und projüdische sowie israelische und proisraelische Einrichtungen, sagte
Selen weiter: »Diese Gefahr darf nicht unterschätzt werden.« Vor allem in den sozialen Medien existiere ein gemeinsamer Resonanzraum für israelfeindliche Propaganda. Auch propalästinensische extremistische Gruppierungen würden verstärkt auf Demonstrationen in Erscheinung treten, die »vermehrt einen prägenden Einfluss auf das Demonstrationsgeschehen entfalten«. Diese stellten eine konkrete Herausforderung dar.

Es sei zu erwarten, dass auch der zweite Jahrestag der Terrorangriffe der Hamas auf Israel dazu geeignet sei, weite Teile des Protestspektrums zu emotionalisieren und zur Teilnahme an propalästinensischen extremistischen Veranstaltungen zu bewegen, sagte Selen: »Unsere Aufgabe als Abwehrdienst ist es, frühzeitig zu erkennen, wie sich diese extremistischen Gruppierungen vernetzen und wie sie Narrative von Antisemitismus und Israelfeindlichkeit verbreiten. Mit unseren Erkenntnissen können aus diesen Strukturen hervorgehende Straf- und Gewalttaten wirksam verhindert werden.«

Beim Terrorangriff der Hamas vor zwei Jahren waren rund 1.200
Menschen in Israel getötet und mehr als 240 in den Gaza-Streifen verschleppt worden. Der Angriff führte zum Krieg zwischen Israel und
der Hamas, dem im Gaza-Streifen Zehntausende Menschen zum Opfer
fielen. epd/ja

Dortmund

Ermittlungen gegen Wachmann von NS-Gefangenenlager 

Die Polizei ermittelt gegen einen Ex-Wachmann des früheren NS-Kriegsgefangenenlagers in Hemer. Er soll an Tötungen beteiligt gewesen sein - und ist laut »Bild« inzwischen 100 Jahre alt

 22.11.2025

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Tobias Kühn

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025