NS-Kriegsverbrecher

Verfassungsschutz muss Zugang zu Akte von Alois Brunner gewähren

Eingang zum Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln Foto: imago

Der Verfassungsschutz muss einem Journalisten Zugang zu Akten über den Nazi-Kriegsverbrecher Alois Brunner gewähren. Das hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. (Az.: BVerwG 6 C 21.18) Das Leipziger Gericht verwarf eine Revision des Bundesamtes für Verfassungsschutz gegen ein vorheriges Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster.

Das OVG hatte die Weigerung des Geheimdienstes, dem Journalisten der »Bild«-Zeitung die Akteneinsicht zu gewähren, 2018 für teilweise rechtswidrig erklärt. Das gelte für alle Akten, die älter als 30 Jahre sind. Nach Ablauf dieser Schutzfrist lägen die Voraussetzungen für einen »archivrechtlichen Nutzungsanspruch« vor, bestätigte das Bundesverwaltungsgericht.

SYRIEN Der Reporter Hans-Wilhelm Saure sagte, er erhoffe sich neue Erkenntnisse über Alois Brunner. »Das war einer der schlimmsten NS-Verbrecher. Bis heute ist unklar, wer seine Unterstützer und Helfer gewesen sind«, sagte Saure. Brunner hatte sich aus Deutschland nach Syrien abgesetzt, wo er 2001 gestorben sein soll.

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hatte in der »Bild«-Zeitung vor der Entscheidung eine Offenlegung gefordert.

Das Internationale Auschwitz Komitee bezeichnete das Urteil als eine Genugtuung für Überlebende des Holocaust in aller Welt. Vizepräsident Christoph Heubner appellierte zugleich an den Verfassungsschutz, der Öffentlichkeit alle Akten zu Brunner nicht länger vorzuenthalten. Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hatte in der »Bild«-Zeitung vor der Entscheidung eine Offenlegung gefordert. Nach dem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts erklärte der Zentralrat, das Urteil sei ein wahrer Sieg für die Transparenz.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Der Streit zwischen dem Verfassungsschutz und dem Journalisten drehte sich in Leipzig um die Frage, wie die 30-Jahres-Frist nach dem Bundesarchivgesetz zu berechnen ist. Das Bundesamt hatte argumentiert, die Frist beginne mit der letzten inhaltlichen Bearbeitung der Gesamtakte.

FRIST Aus Sicht des Klägers ein Unding - denn dann würde mit jedem Blatt und jedem Bild, das hinzugefügt werde, die Frist von vorn beginnen. Er werde eine »immerwährende Akte« produziert, kritisierte der Anwalt des Journalisten, Axel Mütze.

Die Bundesverwaltungsrichter folgten der Argumentation des Reporters. Es komme nicht darauf an, wann die Akte insgesamt zuletzt bearbeitet wurde, sondern die Frist sei jeweils an einzelne Bestandteile der Akte gekoppelt.  dpa/ja

Musik

Nach Antisemitismus-Eklat: Bundeskanzler Merz äußert sich zur Ausladung von Lahav Shani

Die Hintergründe

 14.09.2025

Essay

Ausweg Palästina

Große Teile der Linken sind mit der Komplexität der Gegenwart überfordert. Orientierung suchen sie ausgerechnet im Hass auf den jüdischen Staat. Mit progressiver Politik hat das wenig zu tun

von Jessica Ramczik, Monty Ott  13.09.2025

Sachsenhausen

120 Minuten Holocaust

Angesichts des grassierenden Antisemitismus sollen Schüler zum Besuch einer NS-Gedenkstätte verpflichtet werden. Doch was kann eine Führung vor Ort tatsächlich bewirken?

von Mascha Malburg  13.09.2025

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Berlin

Humboldt-Universität will gegen Antisemitismus vorgehen

Präsidentin Julia von Blumenthal sieht ihre Hochschule für künftige Auseinandersetzungen rund um den Nahost-Konflikt gut vorbereitet

von Lukas Philippi  12.09.2025

Kommentar

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  12.09.2025

Nachkriegsjustiz

Verhandlung über Massenmord: Vor 80 Jahren begann der Belsen-Prozess

Fünf Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erhob ein britisches Militärgericht in Lüneburg Anklage gegen die Täter. In einer Turnhalle begann damit vor 80 Jahren der erste große NS-Kriegsverbrecherprozess in Deutschland

von Karen Miether  12.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025