Grossbritannien

Unterhaus erkennt Palästinenserstaat an

Abstimmung im Unterhaus Foto: Screenshot JA

In einer gemeinsamen Erklärung fordern jüdische Organisationen in Großbritannien ihr Parlament auf, »einseitige Aktionen zu vermeiden, die das Bemühen um eine einvernehmliche Lösung« im Nahostkonflikt erschweren. Am Montagabend hatte das britische Unterhaus beschlossen, einen Palästinenserstaat anerkennen zu wollen.

Die Erklärung der jüdischen Organisationen, wurde an britische Zeitungen versandt. Sie wurde von Alan Aziz (Zionist Federation), Simon Johnson (Jewish Leadership Council), Dermot Kehoe (BICOM) und Gillian Merron (Board of Deputies) unterzeichnet.

hinterbänkler Mit der Mehrheit von 274 Abgeordneten und bei nur zwölf Gegenstimmen hatte das britische Unterhaus »für die Anerkennung eines palästinensischen Staates an der Seite des Staates Israel« votiert. Die Abstimmung, an der viele der insgesamt 650 Abgeordneten nicht teilnahmen – darunter die Minister der konservativen Regierung von Premierminister David Cameron – ist nicht bindend. Kritiker sprechen davon, dass es eine »Hinterbänklerentscheidung« gewesen sei.

In einer eigenen Stellungnahme erklärte das Board of Deputies, die Dachorganisation der britischen Juden, dass die Abstimmung nur eine Absichtserklärung sei, »die nichts über den Zeitpunkt der Anerkennung palästinensischer Staatlichkeit sagt«. Das Board verstehe den Wunsch einiger Abgeordneter, »ihre Unterstützung für eine Zweistaatenlösung zu äußern«, gleichwohl sei man besorgt.

entscheidungen Die israelische Regierung in Jerusalem hatte am Dienstag von einer »verfrühten« Anerkennung eines palästinensischen Staates gesprochen. Dies könne auf palästinensischer Seite so verstanden werden, dass man sich der schwierigen Verhandlungen und anstehenden »harten Entscheidungen, die beide Seiten zu treffen haben«, entziehen könne.

Ähnlich äußerte sich auch ein Sprecher der israelischen Botschaft in London im Online-Portal »Jewish Chronicle«. »Die Anerkennung eines palästinensischen Staates sollte der Abschluss direkter Friedensgespräche zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde sein.«

Der Beschluss des Unterhauses, der sich, wie es in dem Antrag hieß, als Unterstützung einer Zweistaatenlösung versteht, wurde auch von jüdischen Abgeordneten und Parlamentariern, die sich als Freunde Israels verstehen, unterstützt. Labour-Chef Ed Miliband, der Jude ist, hatte alle Abgeordneten seiner Partei aufgefordert, dafür zu stimmen.

voraussetzungen Der konservative jüdische Abgeordnete Sir Malcolm Rifkind unterstützte zwar den Antrag, erklärte aber, dass hier ein Staat anerkannt werde, »der nicht einmal die grundlegenden Voraussetzungen erfüllt, die es braucht, damit ein Staat internationale Funktionen erfüllen kann«.

Ein Sprecher von Premierminister Cameron erklärte schon vor der Abstimmung, dass die Haltung seiner Regierung »sehr klar« sei. »Es wird sich nichts ändern.«

Erst vor einer Woche hatte der neue Ministerpräsident von Schweden, der Sozialdemokrat Stefan Löfven, angekündigt, einen Palästinenserstaat anzuerkennen. Ähnliche Erklärungen wie das britische Unterhaus haben die Parlamente der EU-Mitglieder Bulgarien, Malta, Polen, Rumänien, Tschechien, Ungarn und Zypern verabschiedet.

Geschichte

Rechts und links: Wie die AfD ein falsches Goebbels-Zitat verbreitet

Ein Faktencheck

 02.07.2025

Reaktionen

Massive Kritik an Urteil über Charlotte Knoblochs Ex-Leibwächter

Der Mann bewachte die Präsidentin der IKG München, obwohl er sich privat judenfeindlich und rassistisch äußerte. Für das Verwaltungsgericht nicht genug, um ihn aus dem Polizeidienst zu entlassen

 02.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025

Australien

Zwei Krankenpfleger, die damit drohten, jüdische Patienten zu töten, haben Arbeitsverbot

Im Februar sorgte ein TikTok-Video für Abscheu und Empörung, in dem zwei Krankenpfleger ihrem blanken Judenhass freien Lauf ließen. Nun stehen sie vor Gericht

 02.07.2025

Nach Skandal-Konzert

Keine Bühne bieten: Bob-Vylan-Auftritt in Köln gestrichen

Die Punkband hatte beim Glastonbury-Festival israelischen Soldaten den Tod gewünscht

 02.07.2025

Statistik

Deutlich mehr antisemitische Vorfälle in Brandenburg

Der aktuelle Monitoringbericht der Fachstelle Antisemitismus für 2024 dokumentiere einen Anstieg um mehr als 28 Prozent auf insgesamt 484 Fälle

 02.07.2025

Pro & Contra

Sollte der Krieg in Gaza beendet werden?

Zwei Meinungen zur Debatte

von Dan Schueftan, Sabine Brandes  02.07.2025

Einspruch

Wir müssen gegen den Iran wehrhaft sein

Die deutsche Politik braucht eine entschlossene Haltung gegen die terroristische Bedrohung aus Teheran. Die jüdischen Gemeinden machen es vor: Sie investieren in Sicherheit und mentale Standhaftigkeit

von Josef Schuster  02.07.2025

Berlin

»BILD«: Hinweis auf Ausspähung von deutschen Juden durch den Iran kam vom Mossad

Die Hintergründe

 01.07.2025