Geschichte

Unerbittliche Kämpferin

Auf einen Schlag berühmt: Beate Klarsfeld machte mit ihrer Ohrfeige für Bundeskanzler Kiesinger von sich reden. Foto: dpa

Ich werde Kiesinger öffentlich ohrfeigen», sagte Beate Klarsfeld im Mai 1968 den Studenten im Audimax der Technischen Universität Berlin. Sie tat es – und wurde von einem Tag auf den anderen berühmt. Später wurde sie zur Nazi-Jägerin und kandidierte im Jahre 2012 als Herausforderin von Joachim Gauck sogar bei der Bundespräsidentenwahl.

Die Biografie Klarsfelds ist beeindruckend. 1939 in Berlin geboren, zog sie 1960 als Au-pair-Mädchen nach Paris. Hier lernte sie den Jurastudenten Serge Klarsfeld kennen. 1963 heiratete sie den französischen Juden, dessen Vater in Auschwitz ermordet worden war. «Er hat mir die Augen geöffnet», wird sie später sagen. Für weltweites Aufsehen sorgte Beate Klarsfeld, als sie 1968 auf einem CDU-Bundesparteitag in Berlin dem Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger mit den Worten «Nazi, Nazi, Nazi!» eine Ohrfeige verpasste.

gefängnis Noch am selben Tag wurde sie in einem Schnellverfahren zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Die Strafe wurde im Berufungsverfahren auf vier Monate zur Bewährung reduziert. Zwei Monate erhielt Klarsfeld einige Jahre darauf – ebenfalls ausgesetzt zur Bewährung –, weil sie 1971 zusammen mit ihrem Mann versucht hatte, den unbehelligt in Köln lebenden früheren SS-Obersturmbannführer und Gestapo-Chef Kurt Lischka zu entführen und an die französische Justiz auszuliefern.

Auch zahlreiche andere NS-Verbrecher wie Alois Brunner, Ernst Ehlers, Kurt Asche, Walter Rauff oder Josef Mengele nahmen die Klarsfelds ins Visier. Zu der Auslieferung von Klaus Barbie von Bolivien an Frankreich wäre es wohl ohne ihren Einsatz nicht gekommen.

engagement Die Verfolgung und Bestrafung von Nazis ist eine Seite von Klarsfelds Engagement. Die andere war und ist das Erinnern an die Opfer. So gab das Ehepaar ein Gedenkbuch heraus, in dem die Namen von 80.000 Opfern der Schoa in Frankreich dokumentiert sind, und initiierte eine Wanderausstellung auf 18 französischen Bahnhöfen mit Fotos der über 11.400 aus Frankreich deportierten jüdischen Kinder. Nach einigem Widerstand der Deutschen Bahn ist die Ausstellung seit 2008 unter dem Titel «Sonderzüge in den Tod» auch auf deutschen Bahnhöfen zu sehen gewesen.

Es gibt zwei Spielfilme über Beate Klarsfelds Leben. In Israel erhielt sie die Tapferkeitsmedaille der Ghettokämpfer und den Golda-Meir-Preis. Die Knesset schlug sie sogar für den Friedensnobelpreis vor. Am heutigen Donnerstag feiert Beate Klarsfeld ihren 75. Geburtstag. ja

Arlington (Virginia)

USA genehmigen Milliardenauftrag: Neue F-15-Kampfjets für Israel

Der Vertrag umfasst die Entwicklung, Integration, Erprobung, Produktion und Lieferung von zunächst 25 neuen Maschinen

 30.12.2025

Terror

Warum?

Die nichtjüdische Deutsche Carolin Bohl wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas brutal ermordet. Hier nimmt ihre Mutter Abschied von der geliebten Tochter

von Sonja Bohl-Dencker  30.12.2025

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Meinung

Für mich ist es Nowy God – und warum ich ihn feiere

Das Neujahrsfest hat mit dem Judentum eigentlich nichts zu tun. Trotzdem habe ich warme Erinnerungen an diesen Feiertag

von Jan Feldmann  30.12.2025

London

Vorwurf gegen Facebook: Beiträge feiern Mord an Juden und bleiben online

»Die Beiträge, die den Anschlag von Bondi feiern, sind schlicht widerwärtig«, sagt Dave Rich von der jüdischen Organisation CST in England

 30.12.2025

Berlin

Tagung »Digitale Horizonte«: Wie sich Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter wandelt

Wie verändert die Digitalisierung das kollektive Erinnern? Welche Chancen eröffnen neue Technologien – und wo liegen ihre Grenzen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Konferenz

 30.12.2025

Deutschland

Shahak Shapira »superverbittert« über Antisemitismus

Shahak Shapira spricht offen über seinen Frust angesichts von Antisemitismus in Deutschland – und wie er mit politischer Comedy darauf reagiert

 29.12.2025

Analyse

Warum die Anerkennung Somalilands so viel Aufsehen erregt

Das kleine Land am Horn von Afrika hat plötzlich eine große geopolitische Bedeutung. Dafür gibt es gute Gründe

von Ralf Balke  29.12.2025

Kommentar

Wer Glaubenssymbole angreift, will Gläubige angreifen

Egal ob abgerissene Mesusot, beschmierte Moscheen oder verwüstete Kirchen: Politik und Religion werden zurzeit wieder zu einem hochexplosiven Gemisch. Dabei sollte man beides streng trennen

 29.12.2025