Karlsruhe

Uneinigkeit bei Wort »Apartheid«

»Wir werden von Israel nicht als einem Apartheidstaat sprechen«: Bischöfin Petra Bosse-Huber von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Foto: picture alliance/dpa

Karlsruhe

Uneinigkeit bei Wort »Apartheid«

Deutsch-israelische Gesellschaft kritisiert Nahost-Erklärung bei Vollversammlung des Weltkirchenrats

 08.09.2022 15:35 Uhr

Der Weltkirchenrat hat zum Abschluss seiner in Karlsruhe tagenden Vollversammlung zu einem gerechten Frieden im Nahen Osten aufgerufen. »Wir sind der Meinung, dass nur durch ein Ende der Besatzung und eine gerechte, umfassende und dauerhafte Friedensregelung die Sicherheit sowohl der Palästinenser als auch der Israelis gewährleistet werden kann«, heißt es in einer am Donnerstag von den 655 Delegierten entgegengenommenen Erklärung, die von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) umgehend kritisiert wurde.

Uneinig sind die 352 Mitgliedskirchen bei dem Begriff »Apartheid«, der in der Erklärung enthalten ist. Darin erklärt der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) Israel nicht zum Apartheidstaat.

WARNUNGEN Vor einer Bezeichnung Israels als Apartheidstaat durch den ÖRK hatten vor der Tagung vor allem Antisemitismus-Beauftragte und jüdisch-christliche Verbände gewarnt. In dem ÖRK-Statement wird allerdings darauf hingewiesen, dass internationale, israelische und palästinensische Menschenrechtsorganisationen Politik und Maßnahmen Israels als »Apartheid« im Sinne des Völkerrechts beschreiben.

Der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Volker Beck, sagte am Donnerstagnachmittag: »Der Ökumenische Rat der Kirchen hat bei seinem Versuch, sich zum Nahen Osten zu äußern, versagt. Gerade mal zur Situation im Irak und Syrien äußert man sich ein wenig. Ansonsten geht es seitenlang nur um Palästina und Israel und eine Anklage gegen Israel.  Während in Syrien und Irak die Menschen ›Opfer eines Konfliktes‹ sind und nicht etwa von Akteuren wie Assad oder den Mullahs im Iran, wird Israel als Verletzer des Völkerrechts gebrandmarkt und werden gegen Israel auch falsche Vorwürfe erhoben«, so Beck.  

DANK Gleichzeitig betonte der DIG-Präsident: »Es ist dem Widerstand auch aus den Deutschen Evangelischen Kirchen zu danken, dass der Begriff der Apartheid auf Israel nicht angewandt wird, sondern dies ausdrücklich als strittig in dem Papier gekennzeichnet wird. Wir erkennen diese Anstrengung der EKD-Gliedkirchen ausdrücklich als positiv an, wobei es ein Desaster für den Weltkirchenrat ist, dass eine solche Verteufelung Israels nicht mehrheitlich und klar zurückgewiesen werden konnte.

In der überarbeiteten Fassung des ÖRK-Statements wird betont, dass einige Mitgliedskirchen die Bezeichnung »Apartheid« für richtig halten, andere sie als unangebracht ablehnen. Dazu sagte die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bosse-Huber, am Dienstagabend vor dem Plenum: »Aber, das sage ich an dieser Stelle in aller Deutlichkeit, als Leiterin der EKD-Delegation: Wir werden von Israel nicht als einem Apartheidstaat sprechen.«

 »Ich weiß, dass diese tiefe Verbundenheit mit unseren jüdischen Geschwistern, die zur DNA unserer deutschen protestantischen Kirchen und unserer deutschen Gesellschaft insgesamt gehört, für viele internationale kirchliche Partner schwer nachvollziehbar ist«, heißt es in der schriftlichen Erklärung Bosse-Hubers weiter, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt.

SCHULD Diese tiefe Verbundenheit mit Israel sei für die deutschen Kirchen »ein kostbares und unverdientes Geschenk: Sie ist auf dem Boden unendlicher deutscher Schuld, auch der Mitschuld unserer eigenen Kirchen, entstanden«, fügte Bosse-Huber in ihrer Erklärung hinzu. Auf dem Hintergrund »dieser doppelten Solidarität mit Israel und Palästina werden wir auch in Zukunft zusammen mit unseren Geschwistern auf beiden Seiten des Konflikts für einen verlässlichen und gerechten Frieden im Nahen Osten kämpfen«.

Der Ökumenische Rat der Kirchen, auch Weltkirchenrat genannt, steht seit Jahren in der Kritik, im Nahost-Konflikt einseitig Partei für die Palästinenser zu ergreifen. Der Weltkirchenrat weist diese Vorwürfe zurück. Der ÖRK verurteile »jegliche Form von Gewalt, egal ob sie in den besetzten palästinensischen Gebieten vom Staat Israel ausgeht oder von bewaffneten palästinensischen Gruppen auf dem Gebiet des Staates Israel«, erklärte der geschäftsführende ÖRK-Generalsekretär Ioan Sauca zuletzt nach einem Besuch in der Krisenregion Mitte Juli.

Auf der neuntägigen ÖRK-Vollversammlung trafen sich vom 31. August bis 8. September 655 Delegierte und mehr als 2.000 weitere Teilnehmer aus allen Regionen der Welt zum Thema »Die Liebe Christi bewegt die Welt zu Versöhnung und Einheit«. epd/ja

Nahost

Heftige Gefechte in Syrien: Erneut mehrere Tote. Jetzt schaltet sich Israel ein

Eine Tonaufnahme löst in Syrien erneut eine Welle der Gewalt aus. Mehrere Menschen werden getötet

 30.04.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  30.04.2025

Essay

Warum ich stolz auf Israel bin

Das Land ist trotz der Massaker vom 7. Oktober 2023 nicht zusammengebrochen, sondern widerstandsfähig und hoffnungsvoll geblieben. Eine Liebeserklärung

von Alon David  30.04.2025 Aktualisiert

Bergen-Belsen

Die Lebenden und die Toten

Das Lager war ein Ort des Sterbens, doch hier wurden auch Menschen geboren. Überlebende, Angehörige und sogenannte DP-Babys trafen sich nun zum gemeinsamen Gedenken. Unsere Autorin war dabei

von Amie Liebowitz  30.04.2025

Joshua Schultheis

Lieber Friedrich Merz!

Der künftige Kanzler steht vor einer historischen Aufgabe im Umgang mit den Juden und mit Israel. Unser Autor hat ihm einen Brief geschrieben

von Joshua Schultheis  30.04.2025

Prozess

Terror-Unterstützerin kommt mit Verwarnung davon

Aitak Barani hatte kurz nach dem 7. Oktober 2023 die Massaker der Hamas als »gelungene Widerstandsaktion« bezeichnet. Dafür bekam sie vom Amtsgericht Frankfurt eine Geldstrafe - die sie aber vorerst nicht zahlen muss

 30.04.2025

20 Jahre Holocaust-Mahnmal

Tausende Stelen zur Erinnerung - mitten in Berlin

Selfies auf Stelen, Toben in den Gängen, Risse im Beton - aber auch andächtige Stille beim Betreten des Denkmals. Regelmäßig sorgt das Holocaust-Mahnmal für Diskussionen. Das war schon so, bevor es überhaupt stand

 30.04.2025

Bern

Schweiz verbietet Terrororganisation Hamas

Deutschland hat die Terrororganisation schon kurz nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023 verboten. Die Schweiz zieht jetzt erst nach

 30.04.2025

Den Haag

USA rechtfertigen vor UN-Gericht Israels Blockade humanitärer Hilfe

Israel habe ein berechtigtes Sicherheitsinteresse, sagt der Rechtsvertreter aus Washington D.C.

 30.04.2025