Frankreich

Undiplomatische Diplomaten

Chinas Botschafter in Frankreich, Lu Shaye, steht wegen umstrittener Twitter-Posts in der Kritik Foto: imago images/Xinhua

Seit einigen Wochen bereits sorgt die chinesische Botschaft in Paris mit eher undiplomatischen Botschaften im Netz für Aufsehen. Ende April veröffentlichten die Vertreter der Volksrepublik in Frankreich auf ihrem Twitter-Account ein englischsprachiges Video mit dem Titel »Once upon a virus«, in dem die US-Reaktion auf die Corona-Pandemie durch den Kakao gezogen wird. In einem anderen Cartoon wird das Gesicht von US-Präsident Donald Trump in der Form des Coronavirus dargestellt.

PROTESTE Zwei Wochen zuvor bereits hatte Frankreichs Außenminister Yves Le Drian den chinesischen Botschafter Lu Shaye in den Quai d’Orsay einbestellen lassen, um ihm sein Missfallen über einen von der chinesischen Botschaft veröffentlichten Text auszudrücken.

In den vergangenen Tagen fanden sich auf dem Twitter-Account häufiger Videos, die die Protestierer für mehr Demokratie in Hongkong als gewalttätigen Mob darstellen.

Anfang dieser Woche erschien nun – allerdings nur für kurze Zeit – eine antiisraelische Karikatur auf dem Twitter-Account der Botschaft. Auf ihr zu sehen ist ein in die US-Flagge gehüllter Sensenmann, wie er gerade an der Tür Hongkongs anklopft. Vor den Nachbartüren, über denen auf Englisch und Chinesisch die Namen die Venezuela, Ukraine, Syrien, Libyen und Irak zu lesen sind, sind bereits große Blutlachen zu sehen.

https://twitter.com/FallaitPasSuppr/status/1264640053982171136

VERSCHWÖRUNG Besonders pikant an der Zeichnung: Auf dem Sensenblatt ist ein winziger Davidstern auf weißem Grund abgebildet. Die Anspielung ist klar: Amerika und Israel haben sich verschworen, um den Regimekritikern in Hongkong an die Macht zu verhelfen. Überschrieben ist der Tweet mit »Qui est le prochain?«, zu Deutsch: »Wer ist als nächstes dran?«

Nach Protesten – einige User sprachen von einer »widerlichen« und »antisemitischen« Karikatur und forderten eine Entschuldigung – wurde der Post schnell wieder gelöscht.

Die Botschaft gab am Montag eine gewundende Erklärung heraus: »Zur Aufklärung: Jemand hat den offiziellen Twitter-Account der Botschaft gefälscht, indem er eine Zeichnung mit dem Titel ›Wer ist als nächstes dran?‹ veröffentlicht hat. Die Botschaft verurteilt dies und hält sich weiterhin an das Prinzip der Wahrhaftigkeit, der Objektivität und der Vernunft von Informationen.«

LIKES Allerdings wiesen Kritiker darauf hin, dass die Karikatur zwar von der Botschaft gelöscht worden sei, an anderer Stelle vom selben Konto aber nach wie vor»gelikt« werde. Ebenfalls seltsam: Der Account @AmbassadeChine weist ein blaues Häkchen auf, er besitzt also eine Art Gütesiegel der Internet-Plattform und wurde von Twitter verifiziert.

»China fällt es sehr schwer, seine Fehler einzugestehen und sich zu dafür entschuldigen,« kommentierte der Fernost-Experte und Mitarbeiter der renommierten Pariser Hochschule Sciences Po Antoine Bondaz auf Twitter.

Wahrscheinlicher als ein Hackerangriff oder eine Fälschung erscheint es, dass die Karikatur tatsächlich von einem Botschaftsmitarbeiter weiterverbreitet wurde, der Zugang zum Twitter-Konto hatte.

Die gepostete Zeichnung ist übrigens selbst eine Fälschung: In der ursprünglichen Version ist der Sensenmann in eine chinesische Flagge gehüllt, seine Opfer sind dort neben Hongkong auch Taiwan, Tibet und die Uiguren-Provinz Xinjiang.

Krieg

»Manipulierte Daten«: Israel fordert Rücknahme von Bericht über Hungersnot in Gaza 

Israel kritisiert den IPC-Bericht über eine Hungersnot in Teilen Gazas scharf und fordert dessen sofortige Rücknahme

von Robert Messer  27.08.2025

Frankfurt am Main

Versammlungsbehörde verbietet israelfeindliche Demonstration

Die Stadt befürchtet eine »Eskalationsspirale« und untersagt die Kundgebung »United4Gaza – Stoppt den Völkermord jetzt!«

 28.08.2025 Aktualisiert

Sachbuch

Die Gruppe 47, Günter Grass und die ersten »Shitbürger«

»WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt rechnet in seinem neuen Bestseller »Shitbürgertum« auch mit der Kontinuität des deutschen Judenhasses ab. Ein exklusiver Auszug

von Ulf Poschardt  27.08.2025

Meinung

Muss erst ein australischer Jude sterben?

Wie nun bekannt wurde, steckt der Iran hinter zwei Anschlägen auf jüdische Einrichtungen in Australien. Doch auch ohne Hilfe aus dem Ausland wächst der Antisemitismus im Land ins Unermessliche

von Amie Liebowitz  27.08.2025

Iran

Snapback: Jetzt oder nie?

Bis Oktober können die Signatarstaaten des Atomabkommens mit der Islamischen Republik, darunter Deutschland, noch den Sanktionsmechanismus auslösen. Möglicherweise fällt die Entscheidung bereits diesen Donnerstag

von Michael Thaidigsmann  27.08.2025 Aktualisiert

Frankreich

Zwei Jugendliche wegen geplanter Anschläge auf Synagogen angeklagt

Die beiden Jungen im Alter von 15 und 17 Jahren teilten laut Ermittlern eine »Faszination« für den sogenannten Islamischen Staat

 27.08.2025

Meinung

Warum Leon de Winter in Osnabrück lesen soll

Die Positionen des Schriftstellers zur AfD sind streitwürdig. Canceln hingegen ist langweilig und kontraproduktiv, findet unsere Redakteurin

von Ayala Goldmann  27.08.2025

Washington D.C.

Treffen im Weißen Haus zu umfassendem Plan für Gaza

»Wir werden das ein für alle Mal regeln, sicherlich noch vor Ende dieses Jahres«, sagt Vermittler Steve Witkoff

 27.08.2025

Israel

Rabbiner verhindert Anschlag auf Generalstaatsanwältin

Ein Mann hatte den früheren Oberrabbiner Jitzchak Josef um dessen religiöse Zustimmung zur »Tötung eines Aggressors« ersucht. Die Hintergründe

 26.08.2025 Aktualisiert