Einspruch

Unberechenbarer Nachbar

Mit ihrem Aufstand gegen die Herrschaft der Muslimbrüder und die von ihnen betriebene religiöse Gleichschaltung der Gesellschaft haben die Ägypter auf grandiose Weise die Etablierung einer totalitären Macht vereitelt. Doch ausgerechnet Israel kann diese historische Niederlage für den Islamismus nur mit gemischten Gefühlen betrachten.

Ungeachtet des fanatischen Judenhasses der Muslimbruderschaft hatte sich nämlich in dem Jahr der Präsidentschaft Mohammed Mursis die Sicherheitszusammenarbeit zwischen Ägypten und dem jüdischen Staat bestens bewährt – namentlich bei der Terrorbekämpfung auf dem Sinai. Das lag zwar in erster Linie an der Haltung des ägyptischen Militärs.

Doch auch Mursi selbst war bemüht, sich als Stabilitätsfaktor im explosiven Umfeld des Nahen Ostens zu profilieren. So vermittelte er vergangenes Jahr den Gaza-Waffenstillstand mit der Hamas, der bis heute einigermaßen hält. Indem Mursi die Hamas unter seine Fittiche nahm, entfremdete er sie zudem vom Einfluss Irans.

unkontrollierbar Welche politischen Kräfte im Zuge der neuesten ägyptischen Umwälzung nach oben gespült werden, ist für Israel dagegen unkalkulierbar. Zu großer Optimismus scheidet für die Israelis schon deshalb aus, weil sich die meisten »säkularen« Parteien Ägyptens in Sachen Israelfeindschaft kaum von ihren islamistischen Gegnern unterscheiden.

Die Situation würde noch unkontrollierbarer, sollten die USA Ägypten die Militärhilfe streichen, mittels derer sie Kairo bisher an der Kandare hielten. Würde aber nach Syrien auch Ägypten ins blutige Chaos stürzen, wäre das für den jüdischen Staat ein Pulverfass in der Nachbarschaft zu viel.

Immerhin, ein Aspekt versüßt Israel die unsichere Lage: Der Hamas dürfte die »zweite Revolution« am Nil einen tödlichen Schrecken eingejagt haben. Denn womöglich nimmt sich die Bevölkerung Gazas daran ein Beispiel und schüttelt bald ihrerseits das Schreckensregiment der Islamisten ab.

Der Autor ist Politischer Korrespondent der »Welt« und der »Welt am Sonntag«.

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 25.11.2025

TV-Tipp

Ein äußerst untypischer Oligarch: Arte-Doku zeigt Lebensweg des Telegram-Gründers Pawel Durow

Der Dokumentarfilm »Telegram - Das dunkle Imperium von Pawel Durow« erzählt auf Arte und in der ARD-Mediathek die Geschichte der schwer fassbaren Messengerdienst-Plattform-Mischung und ihres Gründers Pawel Durow

von Christian Bartels  25.11.2025

Israel

Antisemitismus-Beauftragter wirft Sophie von der Tann Verharmlosung der Hamas-Massaker vor

Die ARD-Journalistin soll in einem Hintergrundgespräch gesagt haben, dass die Massaker vom 7. Oktober eine »Vorgeschichte« habe, die bis zum Zerfall des Osmanischen Reiches zurückreiche

 25.11.2025

Interview

»Weder die Verwaltung noch die Politik stehen an meiner Seite«

Stefan Hensel hat seinen Rücktritt als Antisemitismusbeauftragter Hamburgs angekündigt. Ein Gespräch über die Folgen des 7. Oktober, den Kampf gegen Windmühlen und kleine Gesten der Solidarität

von Joshua Schultheis  25.11.2025

Ramallah

Nach Hammer-Angriff auf Israeli - mutmaßlicher Täter getötet

Vor mehr als einem Jahr kam ein israelischer Wachmann im Westjordanland bei einem Angriff ums Leben. Seitdem haben israelische Sicherheitskräfte nach dem flüchtigen Täter gesucht

 25.11.2025

Orange Day

Palina Rojinski spricht über Gewalt in früherer Beziehung

Wie viele Frauen hat auch die Moderatorin einst in einer Beziehung Gewalt durch ihren Partner erfahren. Darüber spricht sie nun auf Instagram. Sie will anderen Mut machen, sich Hilfe zu holen

 25.11.2025

Entscheidung

Berlin benennt Platz nach Margot Friedländer

Jahrzehntelang engagierte sich die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer für Aussöhnung. Nun erfährt die Berlinerin nach ihrem Tod eine besondere Ehrung

 25.11.2025

Hanau

Rabbiner antisemitisch beleidigt

Für die Gemeinde ist die Pöbel-Attacke kein Einzelfall

 25.11.2025

Berlin

RIAS: Polizei erfasst antisemitische Taten lückenhaft

Der Bundesverband sagt, es gebe strukturelle Probleme, Unsicherheiten im Umgang mit Betroffenen und ein insgesamt unzureichendes Bild antisemitischer Hasskriminalität in den offiziellen Statistiken

 25.11.2025