Prozess

Unbelehrbare Schoa-Leugnerin

Die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck auf dem Weg zu einem Prozess im Februar 2016 Foto: dpa

In Auschwitz seien keine Menschen durch Zyklon B ermordet worden. »Die Gaskammern gibt’s doch nicht«, poltert die 87-jährige Ursula Haverbeck. Doch dieses Mal verkündet die Schoa-Leugnerin ihre »Wahrheit« nicht im Hinterzimmer einer Gaststätte, vor NPD-Publikum oder auf einer konspirativ organisierten Tagung der Neonazi-Szene. Von der Anklagebank aus leugnet die Nationalsozialistin vor dem Amtsgericht Detmold erneut ganz offen den Holocaust.

Die vierfach einschlägig vorbestrafte Haverbeck stand am vergangenen Freitag vor Gericht, weil sie sich während des Prozesses gegen den SS-Unterscharführer und Auschwitz-Wachmann Reinhold Hanning am Landgericht Detmold mit einem offenen Brief an Detmolds Bürgermeister Rainer Heller gewandt hatte. Darin leugnete Haverbeck die systematische Ermordung von mehr als einer Million Menschen in Auschwitz. Es sei »eindeutig erkennbar«, schrieb sie, dass »Auschwitz ein Arbeitslager – und kein Vernichtungslager« gewesen sei.

leserbrief Die Überlebenden, die gegen den SS-Mann Hanning in Detmold aussagten, bezeichnete Haverbeck als »angebliche Zeugen«. Den Brief schickte sie auch als Leserbrief an eine Zeitung und veröffentlichte ihn auf ihrer Internetseite. Der einstige KZ-Wachmann Hanning war am 17. Juni wegen Beihilfe zum Mord in 170.000 Fällen zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.

Nun verurteilte das Amtsgericht Detmold Haverbeck wegen Volksverhetzung zu acht Monaten Haft ohne Bewährung. Mit ihrem Schreiben, in dem sie den nationalsozialistischen Völkermord leugnete, habe sie versucht, den öffentlichen Frieden zu stören. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Monate Gefängnis gefordert. »Es gab Auschwitz, und es sind Millionen Juden umgekommen«, gab Richterin Lena Böhm der notorischen Volksverhetzerin mit auf den Weg.

Zuvor hatte die 87-Jährige das Gericht noch ermahnt, ihre angeblichen Beweise dafür, dass es den Holocaust nicht gegeben habe, anzuerkennen: »Sie müssen das zur Kenntnis nehmen!«, forderte Haverbeck.

»Muss ich Gott sei Dank nicht«, erwiderte Böhm. Eine halbe Stunde ließ das Gericht Haverbeck ihre »verquere Logik«, wie es Richterin Böhm nannte, ausführen. Die Schoa sei »nicht belegt«, niemand habe ihr sagen können, wo die sechs Millionen Juden ermordet wurden. Die Überlebenden der Konzentrations- und Vernichtungslager seien »als Lügner enttarnt« worden. Als vermeintliche Kronzeugen führte sie jüdische Revisionisten an: »Es gibt mindestens vier Juden, die genau das sagen wie ich.«

freiheitsstrafe Für Haverbeck ist es bereits die zweite Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Im November vergangenen Jahres hatte das Amtsgericht Hamburg sie zu zehn Monaten Haft wegen Holocaust-Leugnung verurteilt.

Da beide Urteile noch nicht rechtskräftig sind, bleibt sie zunächst auf freiem Fuß. Doch bald könnte die umtriebige Schoa-Leugnerin für ihre Hetze ins Gefängnis gehen. Im Oktober und November stehen die nächsten Prozesse gegen sie an: Es geht um Volksverhetzung in insgesamt mindestens neun Fällen.

Jubiläum

Stimme der Demokratie

Vor 75 Jahren wurde der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. Heute hat das Gremium vielfältige Aufgaben und ist unverzichtbarer Teil dieses Landes

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Meinung

Sánchez missbraucht ein Radrennen für seine Israelpolitik

Dass Spaniens Regierungschef die Störer der Vuelta lobte, ist demokratieschwächend und gehört zu seinem Kalkül, Israel weltweit zu isolieren

von Nicole Dreyfus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

Zentralrat

Schuster: Zwei-Staaten-Lösung nach Friedensverhandlungen mit Israel

Ein jeweils selbstständiger Staat Israel und Palästina - dafür spricht sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland aus. Unter bestimmten Voraussetzungen

von Leticia Witte  17.09.2025

Köln

Antisemitische Ausschreitungen bei Kreisliga-Spiel

Spieler des Vereins Makkabi wurden offenbar beschimpft, bespuckt und körperlich attackiert

 17.09.2025

Antisemitismus

Berliner Treitschkestraße wird am 1. Oktober umbenannt

Der Straßenname erinnert künftig an die im KZ Theresienstadt gestorbene ehemalige Direktorin des früheren jüdischen Blindenheims von Steglitz, Betty Katz (1872-1944)

 17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Ahmetovic: Berlin muss Weg für Israel-Sanktionen freimachen

Der SPD-Politiker fordert, dass die schwarz-rote Koalition ihre »Blockadehaltung« beendet und die Vorschläge von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für konkrete Maßnahmen gegen den jüdischen Staat unterstützt

 17.09.2025