Berlin

»Unangemessen, einseitig und ausgrenzend«

Bundesaußenminister Heiko Maas Foto: dpa

Bundesaußenminister Heiko Maas hat am 70. Jahrestag der Aufnahme Israels eine schlechte Behandlung des Landes in UN-Gremien beklagt. Israel werde dort »in unangemessener Form angeprangert, einseitig behandelt und ausgegrenzt«, erklärte Maas am Samstag.

Dieser Zustand sei schmerzlich und unbefriedigend, gerade weil die Vereinten Nationen das Herzstück der multilateralen, regelbasierten Ordnung darstellten.

»Wir werden auch weiter Israels legitime Interessen unterstützen«, kündigt Maas an.

SICHERHEITSRAT Deutschland stehe auch in den Vereinten Nationen weiter an der Seite Israels, dessen Sicherheit und Existenzrecht nirgends und durch niemanden infrage gestellt werden dürfe, betonte Maas. »Wir werden auch weiter und auch als nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen Israels legitime Interessen unterstützen, helfen, seine Präsenz in den Vereinten Nationen zu stärken und uns mit Überzeugung und Nachdruck gegen jeden Versuch stellen, Israel zu isolieren oder zu delegitimieren.«

Allerdings trägt die Bundesregierung die Resolutionen der Vollversammlung gegen Israel in aller Regel mit. Die Begründung des Auswärtigen Amtes: Man stimme den  Resolutionen nur deshalb zu, da dadurch ein pro-israelischer Einfluss auf deren Inhalt genommen werden könne.

Allerdings trägt die Bundesregierung die Resolutionen der Vollversammlung gegen Israel in aller Regel mit.

Israel und die Vereinigten Staaten kritisieren seit Langem, dass es in Resolutionen der UN-Vollversammlung und von Sonderorganisationen wie dem UN-Menschenrechtsrat zu unrecht verurteilt werde, während schwerste Menschenrechtsverbrechen in anderen Ländern mit Schweigen übergangen würden. Der UN-Menschenrechtsrat etwa hat den jüdischen Staat in seinen Resolutionen häufiger verurteilt als alle anderen Länder dieser Welt zusammen.

Auch die Generalversammlung der UNO beschäftigt sich in ihren Diskussionen weitaus öfter mit der einzigen Demokratie im Nahen Osten als etwa mit Syrien oder dem Iran. In der Kritik stand unlängst auch die für Bildung, Wissenschaft und Kultur zuständige UNESCO, die mehrere Resolutionen verabschiedet hatte, in denen die historischen Bezüge des Judentums zum Beispiel zu Jerusalem negiert werden.

»Ich möchte den Kampf gegen Antisemitismus zu einem der Schwerpunkte unserer EU-Ratspräsidentschaft machen«, so Maas.

EUROPA Maas kündigte zudem an, die EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands im zweiten Halbjahr 2020 dafür zu nutzen, Judenfeindlichkeit stärker zu bekämpfen. »Ich möchte den Kampf gegen Antisemitismus zu einem der Schwerpunkte unserer EU-Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr machen«, sagte Maas der Bild am Sonntag. »Antisemitismus ist leider in ganz Europa auf dem Vormarsch.« Gerade Deutschland dürfe das nicht hinnehmen. »Wir müssen Toleranz fördern und Wissenslücken schließen.«

Ein Punkt solle die Auseinandersetzung mit Judenfeindlichkeit unter Migranten sein, erklärte Maas. »Jeder Migrant muss aktiv damit konfrontiert werden, dass Antisemitismus hier nicht geduldet wird. Und jedem, der sich antisemitisch verhält, muss klar sein: Antisemiten haben bei uns keine Perspektive.«

Viele der Menschen, die nach Deutschland gekommen sind, seien in ihren Heimatländern in der Schule mit Antisemitismus und Israelfeindlichkeit konfrontiert worden, erklärte Maas mit Blick auf Flüchtlinge aus arabischen Ländern. »Es ist ein Irrglaube zu denken, dass sie automatisch beim Übertreten der deutschen Grenze unsere Haltung von null Toleranz bei Judenhass übernehmen.«

»Jeder Migrant muss aktiv damit konfrontiert werden, dass Antisemitismus hier nicht geduldet wird«, erklärte Maas.

COURAGE Es dürfe allerdings auch nicht so getan werden, als sei Antisemitismus ein »reines Importprodukt«, fügte der Minister hinzu. »Neonazis marschieren auf unseren Straßen, Rechtspopulisten grölen wieder ›Deutschland, Deutschland über alles‹.« Die rechtsterroristische Gefahr dürfe nicht unterschätzt werden. Hier dürfe die Gesellschaft nicht wegschauen. »Was Antisemitismus am meisten befördert, ist Gleichgültigkeit«, sagte Maas.

Gerade im Internet erwecke eine radikale Minderheit mit lautstarken Hassparolen den Eindruck, dass sie in der Mehrheit sei, beklagte der Minister. »Wenn wir schweigen und die Hetze einfach geschehen lassen, unterstützen wir Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Deshalb gilt jetzt: Mund aufmachen und gegenhalten!«  dpa/epd/ja

Verteidigung

Bundeswehr nimmt Raketenwehrsystem Arrow 3 in Betrieb

Deutschland baut als Reaktion auf die Bedrohung durch Russland die Luftverteidigung aus und hat ein System in Israel beschafft. Es soll feindliche Flugkörper schon in größter Höhe zerstören können

von Carsten Hoffmann  03.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert

Medien

»Antisemitische Narrative«: Vereine üben scharfe Kritik an Preis für Sophie von der Tann

Die Tel-Aviv-Korrespondentin der ARD soll mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt werden

 03.12.2025

Prozess

Opfer des Attentats am Holocaust-Mahnmal hörte »Allahu akbar«-Ruf

Dem spanischen Touristen Iker M. wurde im Februar von einem 19-jährigen Syrer beim Besuch des Berliner Holocaust-Mahnmals mit einem Messer in die Kehle geschnitten. Vor Gericht berichtete er von Angstzuständen, die er seitdem hat

 03.12.2025

Nach Eklats

Präsidentin der TU Berlin abgewählt

Sie war einst im Beraterkreis des damaligen Kanzlers Olaf Scholz und sorgte immer wieder für Kontroversen. Nun ist Geraldine Rauch als TU-Präsidentin abgewählt. Ihre Nachfolgerin ist keine Unbekannte

 03.12.2025

Ehrung

»Ahmad Mansour kämpft nicht gegen Symptome, sondern gegen Ursachen«

Der Islamismusexperte Ahmad Mansour wurde mit dem Hanns-Martin-Schleyer-Preis ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Wir dokumentieren die Rede

von Josef Schuster  03.12.2025

Analyse

Der Kanzler in Israel: Antritt mit Spannung

Friedrich Merz besucht am Samstag Israel. Die Beziehungen beider Länder sind so strapaziert wie selten zuvor. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an die Reise des Bundeskanzlers

von Joshua Schultheis  03.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Verteidigung

Merz und Pistorius nicht bei Einführung von »Arrow 3«

Die Bundesregierung hatte immer wieder betont, wie wichtig das israelische Raketenabwehrsystem für Deutschlands Sicherheit sei

 03.12.2025