Meinung

Ultra-Ruhestörer

Zugegeben, Sinn für Dramatik und Spannungsbögen haben sie. Ob sie koschere Buslinien erzwingen, auf den Straßen wüten oder mit rassistischen Schreiben ganz Israel aufwiegeln wollen: Kontinuierlich arbeiten ultraorthodoxe Juden der radikalen Sorte daran, dass sich die Situation im Heiligen Land zuspitzt. Je nach Lust und Laune machen sie die Polizei, den Obersten Gerichtshof oder die Politiker zu unfreiwilligen Komparsen. Millionen von Schekeln kosteten die ständigen Ausschreitungen allein in Jerusalem den Steuerzahler. Immer wieder gibt es Polizeieinsätze, werden Stadtteile verwüstet und Sozialarbeiter geschlagen.

staatssäckel Dabei tragen die Krawallmacher nicht einmal dazu bei, dass sich das Staatssäckel füllt. Die meisten studieren Vollzeit Tora und arbeiten keinen einzigen Tag. Verheiratete Männer in Jeschiwot erhalten staatliche Stipendien, reguläre Studenten an Universitäten gehen jedoch leer aus. Auch mit ihrem Einsatz für die Sicherheit des Landes ist es nicht weit her. Zwar gibt es Charedim in olivgrüner Montur, doch nur als winzige Minderheit. Der Großteil weigert sich vehement, Dienst in der israelischen Armee zu leisten. Auch wenn sie Gesetze nur achten, wenn es ihnen ins Konzept passt, wollten die Ultraorthodoxen immer Einfluss im Land. Und diese Macht haben sie nun auch.

Seit Israel existiert, gelten die religiösen Parteien bei jeder Wahl als Königsmacher. Und sitzen sie in der Regierung, sind sie es, die bestimmen, ob die Koalition hält. Bekommen sie, was sie wollen, meist in Form von Geld für ihre religiösen Einrichtungen, halten sie still. Wird es ihnen versagt, nehmen sie die Regierung – und damit das ganze Land – in politische Geiselhaft.

Doch mittlerweile kann man zunehmend gemäßigte Stimmen aus den eigenen Reihen vernehmen. Wie die des Knesset- Abgeordneten und Schas-Mitglieds Chaim Amsalem, der fordert, dass die Leute arbeiten gehen, um Armut und Ghettoisierung zu entfliehen. Noch werden solche Kritiker schnell mundtot gemacht, damit nur nicht das ach so bequeme Nest beschmutzt wird. Über kurz oder lang jedoch werden die Kritik lauter werden, denn die heuchlerische Doppelrolle ist nicht ewig durchzuhalten. Die Politiker täten gut daran, sich mit den Gemäßigten zu verbünden, damit das charedische Schmierentheater endlich abgesetzt wird. Doch dazu bedarf es einer mutigen Regierung, die an einem Strang zieht und nicht nur an ihrer eigenen Macht hängt. Die jedoch, das hat sie das ganze Jahr über bewiesen, gibt es in Israel nicht.

Israel

Geisel-Eltern wenden sich mit eindringlichem Appell an Friedrich Merz

Die Hintergründe

von Nicole Dreyfus  13.08.2025

Meinung

Soll die Schweiz Palästina anerkennen?

Eine Anerkennung von Palästina wäre für die Schweiz ein aussenpolitischer Kurswechsel, von dem niemand profitiert

von Nicole Dreyfus  13.08.2025

Einspruch

Wird Alaska das neue München?

Marieluise Beck warnt davor, dass die Verhandlungen zwischen Trump und Putin das Ende eines freien Europas einläuten könnten

von Marieluise Beck  13.08.2025

Frankfurt am Main

Erster Auschwitz-Prozess endete vor 60 Jahren

22 Männer saßen auf der Anklagebank, die Mehrheit wurde verurteilt. Dass es überhaupt so weit gekommen ist, war der Beharrlichkeit von Fritz Bauer zu verdanken

 13.08.2025

Antisemitismus in Griechenland

Wieder Proteste gegen israelisches Kreuzfahrtschiff

Die Route der »Crown Iris« gleicht einem Spießrutenlauf. Überall, wo das Kreuzfahrtschiff anlegt, warten Demonstranten

 13.08.2025

Umfragen

Wenig Vertrauen in den Bundeskanzler

Nach 100 Tagen im Amt sinkt das Vertrauen in den Bundeskanzler Friedrich Merz, wie aktuelle Umfragewerte zeigen

 13.08.2025

Berlin

»Israels Fahne weht so lange, bis die letzte Geisel zu Hause ist«

Der Regierende Bürgermeister nimmt Stellung zum Fahnen-Streit am Roten Rathaus

 13.08.2025

Washington D.C.

US-Außenministerium beklagt Antisemitismus in Deutschland

In einem Bericht wird Deutschland eine verschlechterte Menschenrechtslage attestiert - auch wegen antisemitischer Gewalttaten

 13.08.2025

Berlin

Krisentreffen mit CDU-Spitze

Auch nach 100 Tagen im Amt läuft die Regierungsarbeit nicht rund. Es gibt Streit mit der SPD und Unions-Unmut über Entscheidungen des Kanzlers. Der ruft die engste Parteispitze zu Beratungen zusammen

 13.08.2025