Meinung

Überraschendes Signal aus Warschau

Gefeuert für einen antisemitischen Satz? Das hat in Polen eher Seltenheitswert. Doch als der Chef der Polnischen Touristenorganisation (POT) kürzlich in einem Interview bekannte, Auschwitz und das jüdische Museum Polin aus dem Besuchsprogramm für ausländische Journalisten gestrichen zu haben, wurde er am selben Tag fristlos entlassen.

Vom Ton her wich seine Aussage nicht allzu sehr davon ab, was Polens rechte Politiker und Publizisten tagein, tagaus von sich geben.

skandal Doch diesmal ging der Tourismus-Manager Marek Olszewski wohl einen Tick zu weit. Er wolle besonders dafür werben, was »in unserer eigenen Kultur wertvoll ist« und »was für einen großen Beitrag wir für die Entwicklung Europas geleistet haben«, rechtfertigte er sich.

Er sehe keine Notwendigkeit, »für Orte und Ereignisse Werbung zu machen, die mit der Geschichte anderer Nationen verbunden« seien. Olszewski weiter: »In der Zeit des Krieges wurde die polnische und nicht etwa die jüdische Elite liquidiert.« Die jüdische Kultur habe den Krieg fast unversehrt überstanden, da in den 30er-Jahren viele Juden aus Deutschland emigriert seien. Diese Möglichkeit hätten die Polen unter der deutschen Besatzung nicht gehabt.

Zur Überraschung wohl der meisten, die das Interview gelesen hatten, meldete sich relativ rasch der Sport- und Tourismusminister Witold Banka zu Wort. Auf Twitter schreibt er, er habe Olszewski wegen seiner »skandalösen Aussage« fristlos entlassen.

wirkung Bislang hatten Mitglieder der nationalpopulistischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) den Antisemitismus der Vergangenheit zwar offiziell verdammt, doch bei aktuellen antisemitischen Ausschreitungen beredt geschwiegen oder sogar den Tätern helfend die Hand gereicht. So im Falle des Polen, der in Wroclaw (Breslau) eine »Judenpuppe« öffentlich abgefackelt hatte.

Möglicherweise zeigt der offene Protestbrief Wirkung, den der Jüdische Gemeindebund unlängst an den mächtigen PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski geschickt hatte. Zwar hatte der weder, wie erhofft, den polnischen Juden Schutz und Sicherheit zugesagt noch überhaupt geantwortet. Doch das Signal, das nun von der PiS-Regierung ausgeht, ist unmissverständlich: »Wir dulden keinen Antisemitismus in unseren Reihen.«

Die Autorin ist freie Journalistin in Warschau.

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Wien

Österreichs Regierung mit neuer Strategie gegen Antisemitismus

KI-gestützte Systeme zum Aufspüren von Hate Speech, eine Erklärung für Integrationskurse, vielleicht auch Errichtung eines Holocaust-Museums: Mit 49 Maßnahmen bis zum Jahr 2030 will Wien gegen Antisemitismus vorgehen

 10.11.2025

Marbach am Neckar

Schillerrede: Soziologin Illouz vergleicht Trump mit »König Lear«

Statt Selbstbeweihräucherung empfiehlt die Soziologin Eva Illouz in der Schillerrede 2025 den Zweifel und das Zuhören - nur das helfe aus der eigenen Echokammer heraus

 10.11.2025

Berlin

»Besetzung gegen Antisemitismus« an TU Berlin

Nach pro-palästinensischen Universitätsbesetzungen in der Vergangenheit haben nun Studierende ein Gebäude an der TU Berlin besetzt, um gegen Antisemitismus zu protestieren. Sie machen dem Allgemeinen Studierendenausschuss Vorwürfe

 10.11.2025

Antisemitismus

Rabbinatsstudent am Berliner Hauptbahnhof beschimpft

Der angehende Rabbiner aus Deutschland war am 9. November auf dem Weg zu einer Gedenkveranstaltung für die Novemberpogrome. Sein Urgroßvater hat die Schoa überlebt

 10.11.2025

Hannover

Ministerium erinnert an 1938 zerstörte Synagoge

Die 1938 zerstörte Neue Synagoge war einst mit 1.100 Plätzen das Zentrum des jüdischen Lebens in Hannover. Heute befindet sich an dem Ort das niedersächsische Wissenschaftsministerium, das nun mit Stelen an die Geschichte des Ortes erinnert

 10.11.2025

Aufruf

Knobloch: Das Schweigen gegen Rechts muss ein Ende haben

Zum Jahrestag der Novemberpogrome von 1938 warnt Charlotte Knobloch eindringlich vor Rechtsextremismus. Auch ein Historiker mahnt zur Wachsamkeit

von Hannah Krewer  10.11.2025

9. November

Karin Prien gedenkt in Amsterdam der Novemberpogrome

Die Bildungsministerin, die selbst in der holländischen Hauptstadt geboren wurde, sprach in der Portugiesischen Synagoge auch über ihre jüdischen Wurzeln

 10.11.2025

Baden-Württemberg

17-Jähriger will Israelfahne bei Pogromgedenken anzünden

In Lahr im Schwarzwald wurde eine Veranstaltung zum Gedenken an die Novemberpogrome massiv gestört

 10.11.2025