Die jüdische Bürgerrechtsorganisation StopAntisemitism hat den US-Podcaster und ehemaligen »Fox News«-Moderator Tucker Carlson laut amerikanischen Medienberichten zum »Antisemiten des Jahres« gekürt. Ausschlaggebend sind laut der Organisation wiederholte Interviews und Beiträge, in denen Carlson erklärten Judenhassern, Holocaustleugnern und extremistischen Ideologen eine große Bühne geboten habe. Die »New York Post« berichtete zuerst.
Besonders schwer wiegt nach Darstellung von StopAntisemitism ein Interview aus dem Oktober mit dem US-Neonazi Nick Fuentes. Fuentes ist für Verschwörungstheorien über eine angebliche »jüdische Kontrolle« von Politik, Medien und Finanzwelt bekannt, leugnet den Holocaust und sprach in der Vergangenheit von einem angeblichen »heiligen Krieg« gegen Juden. Das Gespräch habe erhebliche Empörung ausgelöst und zu scharfer Kritik auch aus dem konservativen Lager geführt.
»Mit überwältigender Mehrheit wurde Tucker Carlson zum Antisemiten des Jahres 2025 gewählt«, sagte die Gründerin und Geschäftsführerin von StopAntisemitism, Liora Rez. Carlsons »spaltende, hasserfüllte und gefährliche Rhetorik« sowie seine »wohlwollenden Interviews mit Fanatikern und Hitler-Apologeten« hätten ihn in den vergangenen zwölf Monaten zur zentralen Figur antisemitischer Agitation gemacht.
Transport von Ressentiments
In dem Gespräch mit Fuentes sorgte auch Carlson selbst für Kritik. Er griff sogenannte »christliche Zionisten« an, die Israel unterstützen, und bezeichnete ihre Haltung als eine Art »Gehirnvirus«. Namentlich nannte er unter anderem den früheren Präsidenten George W. Bush, den US-Botschafter in Israel, Mike Huckabee, sowie Senator Ted Cruz.
Die Auszeichnung hat innerhalb der amerikanischen Rechten eine offene Auseinandersetzung ausgelöst. Der konservative Kommentator Ben Shapiro forderte, rechtsgerichtete Organisationen sollten ihre Zusammenarbeit mit Carlson beenden. Andere, darunter der Chef der Heritage Foundation, Kevin Roberts, stellten sich hingegen hinter den Podcaster.
StopAntisemitism hatte Carlson bereits im Oktober als »Antisemiten der Woche« bezeichnet. Damals warf ihm die Organisation vor, antisemitische Narrative zu normalisieren – von der Verharmlosung der »White Supremacy« bis zur Verbreitung der »Great Replacement«-Ideologie. Besonders problematisch sei, dass Carlson mit Millionenpublikum arbeite und Ressentiments transportiere, ohne sie stets offen auszusprechen.
»Doppelte Loyalität«
Kritik äußerte die Organisation auch an Carlsons Angriffen auf jüdische Konservative wie Ben Shapiro. Diese seien von ihm beschuldigt worden, sich stärker für Israel als für die USA zu interessieren. Darin sieht StopAntisemitism die Wiederbelebung des klassischen antisemitischen Vorwurfs der »doppelten Loyalität«.
Darüber hinaus verwies die Gruppe auf weitere Interviews, etwa mit dem palästinensischen Pastor Munther Isaac, der Israel als »terroristische Entität« bezeichnet, sowie mit dem Geschichtsrevisionisten Darryl Cooper. Cooper hatte behauptet, die Nationalsozialisten hätten keinen Massenmord an Juden geplant, und machte Winston Churchill für den Zweiten Weltkrieg verantwortlich. Carlson lobte ihn dennoch als »den besten und ehrlichsten populären Historiker der Vereinigten Staaten«.
»Wenn einflussreiche Persönlichkeiten antisemitische Erzählungen normalisieren, trägt das zu einem Klima bei, in dem Bedrohungen, Belästigungen und Gewalt gegen Juden zunehmen«, sagte Rez. Antisemitismus wachse nicht nur an den Rändern, sondern werde zunehmend von Akteuren mit großer Reichweite befeuert. Worte hätten Konsequenzen und könnten den Boden für reale Gewalt bereiten.
Für den Titel setzte sich Carlson gegen zwei weitere Finalisten durch; den Mixed-Martial-Arts-Kämpfer Bryce Mitchell, der Adolf Hitler als »guten Kerl« bezeichnet hatte, sowie den rechtsextremen Verschwörungsideologen Stew Peters. Peters hatte unter anderem Videos veröffentlicht, in denen er den Holocaust als Erfindung darstellt, und Israel als »Synagoge Satans« diffamiert. im