Innenministerkonferenz

Sicherheitspolitiker schalten sich zusammen. Besuch in Stuttgarter Synagoge geplant

Treffen der Innenminister und Innensenatoren der Länder und des Bundes im Juni dieses Jahres (Symbolfoto) Foto: picture alliance/dpa

Die Herbstkonferenz der Innenminister von Bund und Ländern wird von der ausufernden Corona-Pandemie überschattet. Die Ressortchefs wollten eigentlich von Mittwoch bis Freitag in Stuttgart zusammenkommen, um über Themen wie Hasskriminalität, den Kampf gegen Antisemitismus und Migration zu beraten. Da jedoch die Infektionszahlen weiter stark steigen, findet die Veranstaltung diesmal in einem hybriden Format statt.

In Präsenz erwartet werden in Stuttgart der Sprecher der SPD-geführten Länder, Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius, der Sprecher der unionsgeführten Länder, Joachim Herrmann (CSU) aus Bayern, ein Vertreter des scheidenden Bundesinnenministers sowie der baden-württembergische Ressortchef Thomas Strobl (CDU), der in diesem Jahr Vorsitzender der Innenministerkonferenz (IMK) ist. Die restlichen Minister und ihre Mitarbeiter sind digital zugeschaltet. Die Innenminister von Bund und Ländern treffen sich in der Regel zweimal jährlich. Wichtige Themen der Konferenz:

HASSKRIMINALITÄT - Die Innenminister, die vor Ort erscheinen, wollen eine Stuttgarter Synagoge besuchen. Außerdem wollen sie eine »Stuttgarter Erklärung« gegen Antisemitismus verabschieden. Hass und Hetze müssten auch in Messengerdiensten konsequent und effektiv unterbunden werden, sagte Strobl der »Stuttgarter Zeitung« und den »Stuttgarter Nachrichten«.

KRISENMANAGEMENT - Die Pandemie wird die Innenminister auch inhaltlich beschäftigen. So soll es etwa um ein neues Bund-Länder-Kompetenzzentrum für Krisenmanagement und Krisenprävention gehen. »Die Corona-Pandemie ist die heftigste Gesundheits-, aber auch Wirtschafts-, Gesellschafts- und Kulturkrise seit der Nachkriegszeit«, sagte Strobl der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. »Wenngleich wir auch bislang in Deutschland ordentlich durch die Pandemie gekommen sind, wir müssen krisenfester werden.«

MIGRATION - Angesichts der Migrationskrise zwischen Belarus und der EU fordert Strobl einen besseren Schutz der Grenzen - bis hin zu deren Schließung als »ultima ratio«. Das Bundesinnenministerium solle aufgefordert werden, geeignete Maßnahmen zur Unterbindung der Einschleusung von Asylsuchenden zu ergreifen, teilte sein Innenministerium vor der Konferenz mit. Hessen fordert zudem höhere Mindeststrafen für Schleuser. Künftig sollte Tätern mindestens eine Haftstrafe von sechs Monaten drohen, die nicht mehr ersatzweise mit einer Geldstrafe abgegolten werden kann, erklärte Innenminister Peter Beuth (CDU). Bisher drohen Freiheitsstrafen von mindestens drei Monaten, Geldstrafen sind möglich.

Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) dringt darauf, dass der Bund wieder »belastbare Prognosen« erstellt, wie viele geflüchtete Menschen innerhalb eines Jahres in Deutschland zu erwarten sind. »Wir wollen nicht von Migrationsströmen überrascht werden«, sagte sie. Die letzte Zugangsprognose des Bundes gab es laut Zieschang im Jahr 2015. Die Ministerin will auf der Konferenz auch das Problem ansprechen, dass einige Länder bei der Rücknahme von Ausreisepflichtigen nicht kooperieren.

CYBERCRIME - Strobl macht auch einen Vorstoß gegen Cybererpressung. Er will Lösegeldzahlungen erschweren. Man müsse alles dafür tun, die »Einnahmequellen von Cyberkriminellen trocken zu legen«, sagte er der »Süddeutschen Zeitung«. »Wir müssen darüber sprechen, ob Lösegeldzahlungen vom Versicherungsschutz ausgenommen werden müssen«, sagt Strobl. Lösegeld bei einem Hackerangriff zu bezahlen wirke wie ein Brandbeschleuniger.

WAFFEN - Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) will sich bei der Konferenz für eine bundesweite Waffenamnestie einsetzen. »Es sind nach wie vor viele unregistrierte Waffen im Umlauf, das zeigt die Menge an zurückgegebenen Waffen bei den Amnestien 2009 und 2018«, sagte Lewentz. Eine erneute Waffenamnestie in einem überschaubaren Zeitabstand ergebe absolut Sinn.

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Tobias Kühn

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Wenn Ideologen mehr zu wissen scheinen als Expertinnen

Der Antisemitismusbekämpfer und bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Vor 80 Jahren

Zentralrat der Juden: Nürnberger Prozesse waren Wendepunkt

Es waren hochrangige NS-Kriegsverbrecher, die vor 80 Jahren in Nürnberg vor Gericht standen. Was diese Prozesse aus Sicht des Zentralrats der Juden bedeuten - auch heute

von Leticia Witte  21.11.2025