Mainz

Thema Gaza: Söder kritisiert Merz und Wadephul

CSU-Chef Markus Söder Foto: picture alliance/dpa

CSU-Chef Markus Söder hat in der ZDF-Sendung »Markus Lanz« Bundeskanzler Friedrich Merz und Außenminister Johann Wadephul in Bezug auf ihre Aussagen zur Lage im Nahen Osten kritisiert. Israel die Solidarität Deutschlands aufzukündigen, sei falsch, so Söder in der Talkshow. »Das wird mit mir nicht passieren.«

Merz hatte letzte Woche erklärt: »Was die israelische Armee jetzt im Gazastreifen macht ... Ich verstehe offen gestanden nicht mehr, mit welchem Ziel. Die Zivilbevölkerung derart in Mitleidenschaft zu nehmen, wie das in den letzten Tagen immer mehr der Fall gewesen ist, lässt sich nicht mehr mit dem Kampf gegen den Terrorismus der Hamas begründen.«

Wadephul hatte in einem Interview gesagt, die israelische Regierung müsse wissen, »dass wir uns nicht instrumentalisieren lassen und dass auch unser hundertprozentiger Kampf gegen Antisemitismus und unsere vollständige Unterstützung für das Existenzrecht und die Sicherheit des Staates Israel« keine Zustimmung für »die Kampfführung, die derzeit im Gazastreifen betrieben wird« bedeute. Eine »Zwangssolidarität« lehne er ab.

»Vom Fluss bis zum Meer«

In der »Markus Lanz«-Sendung vom Dienstag erklärte Söder: »Eines ist doch klar: Uns alle bedrückt die Situation, seit langer Zeit. Sie bedrückt uns zunächst einmal mit den schlimmen Anschlägen (der Hamas), der Ermordung vieler Israelis und Juden. Wir sind bedrückt, weil immer noch nicht alle Geiseln freigelassen werden, was aber eindeutig für die Hamas möglich wäre. Uns bedrückt aber natürlich auch die Situation im Gazastreifen, für die Menschen dort.«

Söder lobte Merz zunächst, indem er sagte, er finde es gut, dass der Bundeskanzler seine Sorge über die Lage in Gaza ausgesprochen habe und mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu rede. »Es ist zulässig, Israel zu kritisieren«, so der Vorsitzende der CSU.

Dann äußerte er erhebliche Kritik an seinen beiden Unionskollegen und Koalitionspartnern: »Wo ich echte Probleme habe: Eine Aufkündigung der grundsätzlichen Solidarität würde ich nicht unterstützen«, so Söder. »Israel ist ein Land, das nach wie vor ständig in seinem Existenzrecht bedroht ist. Einige warten darauf, Israel von der Landkarte zu tilgen. Im Satz ›Vom Fluss bis zum Meer‹ geht es um das Ziel, Israel auszulöschen.«

Kritik ja, Waffenlieferungsstopp nein

Deswegen müsse Israel auch weiterhin »unsere absolute Solidarität« haben. »Ich würde es als einen schweren Fehler empfinden - und mit meinem Gewissen wäre es nicht vereinbar -, wenn man jetzt sagen würde, man verweigert Israel die Unterstützung und Waffen«, sagte Söder, und warnte vor möglichen weiteren Angriffen auf das Land.

Lesen Sie auch

»Ich fand die Formulierung (von Außenminister Wadephul) zu weitgehend. Das ist aus Sicht der CSU einfach zu viel gewesen. Aber jetzt haben wir uns auf eine Sprachregelung geeinigt, die, glaube ich, richtig ist.« Diese neue Linie bedeutet offenbar, dass Kritik an Israel weiterhin formuliert werden kann. Ein Stopp der Waffenlieferungen oder Sanktionen sollen in der Union aber nicht mehr gefordert werden.

Gefragt, ob Deutschland weiterhin Waffen liefern sollte, sagte Söder: »Ich halte es für richtig, ja, mit den normalen Prüfverfahren, aber ich halte es für richtig.«

Keine grundsätzliche Abkehr

Er sprach über eine vergangene Woche erfolgten Besuch der CSU-Landtagsfraktion im früheren Vernichtungslager Auschwitz und meinte, Antisemitismus habe es nicht nur in der Vergangenheit gegeben. Sowohl Antizionismus als auch Antisemitismus geben es auch heute. »Wenn man sieht, wie sich Juden in Deutschland fühlen, auch in der Verbindung zum Staat Israel, dann tun wir gut daran, natürlich zu kritisieren, was es zu kritisieren gibt, aber uns nicht grundsätzlich von Israel abzukehren.«

»München ist mittlerweile der Sitz der Europäischen Rabbinerkonferenz. Wir haben einen engen Draht. Und ich fühle mich (bezüglich) der Solidarität mit Israel sehr gebunden.«

Show-Host Lanz, der Namensvetter des bayerischen Ministerpräsidenten, kam in der Sendung immer wieder auf die Staatsräson zu sprechen: »Sind Sie der Meinung, dass die Staatsräson das Grundgesetz überlagert?« Söders Antwort: »Eine Staatsräson überlagert nie das Grundgesetz. Das Grundgesetz steht immer über allem. Die Staatsräson wurde ja auch nicht in Abrede gestellt, sondern es geht um eine Grundsatzauffassung.«

Großer Respekt

Israel müsse »nicht nur aufgrund unserer Geschichte« auch weiterhin Solidarität erfahren, »sondern aufgrund der Tatsache, dass es im Nahen Osten eine der zentralen Demokratien ist, die unsere Werte teilt.« Lanz war damit nicht zufrieden und fragte nach: »Teilt die israelische Regierung unsere Werte?« Söders Antwort: »Die der Demokratie selbstverständlich.«

Dann ging es um das Völkerrecht. Wird es in Gaza eingehalten? »Das kann ich nicht beurteilen«, so Söder. »Ich weiß, dass dies schwierig ist. Im Moment sind aber die Geiseln noch nicht frei.« Der CSU-Chef erklärte immer wieder, er sei kein Völkerrechtsexperte.

Bevor sich die Diskussion bei »Lanz« dann der Ukraine zuwendet, drückte Söder seine Sorgen mit Blick auf das Teheraner Regimes aus: »Am Anfang haben viele gedacht, die Zeit von Israel ist vorbei, durch den Überfall (...). Dann war Israel in einer Mehrfronten-Situation und das Land hat in beeindruckender Weise die eigene Sicherheit im Nahen Osten neu strukturiert, bei Hisbollah und anderen und sogar auf iranischem Boden. Heute wissen wir, dass vom Iran deutlich mehr Gefahr ausgehen wird, als wir dies in Deutschland lange und naiv geglaubt haben.«

Söder machte schließlich klar: Tägliche Kritik an Israel und regelmäßige Belehrungen der dortigen Regierung hält er für falsch. »Von hier aus ist es wahnsinnig einfach, bestimmte Dinge zu erzählen, aber die Situation in Israel stellt sich anders dar. Ich frage mich manchmal: Wie würden wir Deutschen eigentlich in einer solchen Situation reagieren? Ich habe großen Respekt vor dem (israelischen) Volk.«

Magdeburg

Jüdische Gemeinden kritisieren Kunsthochschule Halle

Das Relief eines Schweinekopfs neben einer Palästina-Flagge auf dem Campus der Hochschule habe tiefes Entsetzen, Besorgnis und Angst in der jüdischen Gemeinschaft ausgelöst

 21.07.2025 Aktualisiert

Rechtsextremismus

So denken die Deutschen über die AfD

Eine neue Umfrage liefert die Antwort

 21.07.2025

Buchenwald

KZ-Gedenkstätte muss Ausstellungen schließen

Für mindestens zwölf Monate können Besucher ab dem kommenden Jahr den zentralen Ausstellungsbereich nicht besuchen. Die Hintergründe

 21.07.2025

Cuxhaven

Wegner: Macklemore hat Deichbrand-Festival geschadet

Im Prinzip habe Macklemore die Politik der Hamas gerechtfertigt und relativiert, so der niedersächsische Antisemitismus-Beauftragte

von Michael Grau  21.07.2025

Bonn

Wolfram Weimer fordert Aufklärung von Deutscher Welle

Redaktionsintern gibt es massive Kritik daran, dass der Auslandssender einseitig über Israel berichten würde. Jetzt äußert sich der Kulturstaatsminister

 21.07.2025

Berlin

Antisemitismus: Situation ist eine anhaltend hohe Belastung für Juden

Jüdinnen und Juden erleben in Deutschland täglich Diskriminierung und Anfeindungen. Das war schon vor dem 7. Oktober 2023 so, aber der Terrorakt der Hamas auf Israel hat die Angriffe massiv verstärkt, wie eine unveröffentlichte Studie zeigt

von Franziska Hein  21.07.2025

Berlin

Israelische Botschaft wünscht sich Debatte über Hamas-Geiseln

Mehr Einsatz für die Befreiung der Geiseln - das fordert die israelische Botschaft von der Bundesregierung. Zugleich lobt sie deren Arbeit und auch die der Vorgängerregierung

 21.07.2025

Berlin

Bundesregierung kritisiert Hilfsgüter-Verteilung in Gaza

Immer wieder gibt es in der Nähe von Verteilstationen für humanitäre Hilfe im Gazastreifen Tote. Das Auswärtige Amt übt Kritik an der Arbeit der Stiftung, die die Verteilung organisiert

 21.07.2025

Los Angeles/Berlin/Jerusalem

Haim Saban schlägt Mathias Döpfner für höchste Auszeichnung Israels vor

Der amerikanisch-israelische Unternehmer will, dass der Chef von Axel Springer SE für sein Engagement gegen Antisemitismus geehrt wird. Döpfner sei heute »der einflussreichste nichtjüdische Verbündete des jüdischen Volkes«, schreibt Saban

 21.07.2025