Halle

Synagogen werden künftig besser geschützt

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, Horst Seehofer (CSU), Bundesinnenminister, und Reiner Haseloff (CDU), Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, bei einer Pressekonferenz zum Stand der Ermittlungen am Donnerstagnachmittag. Foto: dpa

Jüdische Einrichtungen in Sachsen-Anhalt sollen »ab sofort und nachhaltig« durch die Polizei besser geschützt werden. Diese Zusage habe er von den Behörden des Landes bekommen, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Halle.

Schuster erneuerte zugleich seine Kritik an fehlenden Schutzmaßnahmen für die Synagoge an Jom Kippur. Eine Funkstreife vor Ort hätte nicht alles verhindern können, sagte er, aber sie hätte vielleicht den Täter abschrecken können. Er kritisierte außerdem die deutsche Justiz für einen seiner Ansicht nach zu milden Umgang mit antisemitischen Straftätern.

Es müsse von einem großen Glück gesprochen werden, dass der Täter nicht in die Synagoge habe eindringen können, betonte Schuster.

Der Zentralratspräsident drückte den Angehörigen der beiden Todesopfer von Halle sein Mitgefühl aus. Es müsse dennoch von einem großen Glück gesprochen werden, dass der Täter nicht in die Synagoge habe eindringen können. »Das hätte ein Massaker unbeschreiblichen Ausmaßes bedeutet. Wir hätten etwa 60 Todesopfer zu beklagen gehabt. Mit der Ausstattung des Täters wäre das leider ein Leichtes gewesen.«

VERSPRECHEN Unterdessen hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nach dem Anschlag nahe der Synagoge in Halle auch bundesweit besseren Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland versprochen. »Synagogen und jüdische Einrichtungen müssen besser geschützt werden«, sagte Seehofer bei seinem Besuch am Donnerstag in Halle.

Er werde das Thema auf die Tagesordnung der Innenministerkonferenz bringen, sagte er. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) kündigte an, bei der Konferenz der Regierungschefs der Länder über einheitliche Standards und Verfahrensweisen diskutieren zu wollen.

Seehofer kündigt zudem einen stärkeren Kampf gegen Rechtsextremismus an, für den er vor allem mehr Personal bei den Sicherheitsbehörden fordert.

Seehofer kündigte zudem einen stärkeren Kampf gegen Rechtsextremismus an, für den er vor allem mehr Personal bei den Sicherheitsbehörden fordert. Die Bekämpfung von Rechtsextremismus brauche die gleichen Organisationseinheiten wie beim Thema Islamismus. Allein die Überwachung der Straftaten im Internet sei personalintensiv.

BEDROHUNG Die Wahrheit laute schon seit längerem: »Die Bedrohungslage durch Antisemitismus, Rechtsextremismus, Rechtsterrorismus in Deutschland ist sehr hoch«, sagte Seehofer. Neben dem islamistischen Terrorismus sei es die zentrale Herausforderung für das Land. Der Täter in Halle habe ein Blutbad anrichten wollen, sagte Seehofer. »Dieses brutale Verbrechen ist eine Schande für unser ganzes Land«, sagte er und ergänzte: »Bei unserer Geschichte darf so etwas in Deutschland eigentlich nicht passieren.«

Seehofer (CSU) warf einigen AfD-Politikern im Zusammenhang mit dem Anschlag auf die Synagoge in Halle zudem geistige Brandstiftung vor. »Was die geistige Brandstiftung betrifft, sehe ich das genauso wie die von Ihnen zitierten Parteifreunde«, sagte Seehofer am Donnerstag bei der Pressekonferenz in Halle auf eine entsprechende Reporterfrage.

»Dieses brutale Verbrechen ist eine Schande für unser ganzes Land«, sagt Seehofer.

Seehofer ergänzte: »Das gilt nicht für alle. Aber wenn ich so einige Reden mir anhöre, vor allem auch Veröffentlichungen, kann man im Ernst nicht bestreiten, dass bei einigen auch die geistige Brandstiftung stattfindet.« Namen oder auch den Parteinamen AfD nannte der Innenminister nicht.

AFD Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte der AfD am Morgen im Bayerischen Rundfunk eine Mitverantwortung an der Tat in Halle gegeben. »Das eine sind diese schrecklichen Gewalttäter, vor denen wir uns schützen müssen, das andere sind auch die geistigen Brandstifter, da sind in letzter Zeit auch einige Vertreter der AfD in unverschämter Weise aufgefallen«, sagte er dem Sender Bayern 2.

»Was wir gestern erlebt haben, war Terror«, unterstreicht Generalbundesanwalt Peter Frank.

Ermittler und Bundesregierung haben den Angriff mittlerweile als einen rechtsextremistischen Terroranschlag gewertet. »Was wir gestern erlebt haben, war Terror«, sagte Generalbundesanwalt Peter Frank am Donnerstag in Karlsruhe. Der Täter habe sich zum Ziel gesetzt, in der Synagoge ein Massaker anzurichten und eine weltweite Wirkung zu erzielen.

Nach Angaben von Justizministerin Christine Lambrecht handelte es sich bei dem 27-jährigen Schützen um einen Einzeltäter mit antisemitischen und rechtsextremistischen Motiven.

Im Auto des mutmaßlichen Täters wurden laut Frank insgesamt vier Kilo Sprengstoff in zahlreichen Sprengvorrichtungen sichergestellt. Dem Täter werde zweifacher Mord und versuchter Mord in neun Fällen vorgeworfen.

SPRACHGEBRAUCH Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht hat derweil nach dem Anschlag in Halle mit Blick auf die AfD die politische Auseinandersetzung im Parlament kritisiert. Diese gleiche zum Teil im Duktus dem NS-Sprachgebrauch, sagte Stahlknecht am Donnerstag bei der Pressekonferenz in Halle.

Diejenigen, die dafür verantwortlich sind, seien die Wegbereiter für das Geschehene. »Sie sind die geistigen Brandstifter in unserer Bundesrepublik.«

Die AfD nannte er nicht namentlich. Sie sitzt seit 2016 als zweitstärkste Kraft im Landtag von Sachsen-Anhalt.

TATHERGANG Er habe sich nicht vorstellen können, dass es wieder Mord und Totschlag gegen Andersgläubige gebe. Stahlknecht rekonstruierte den Tathergang am Mittwoch in Halle. Danach ging um 12.03 Uhr ein Notruf der Jüdischen Gemeinde ein, der wiederum eine Minute später bei der Polizeiinspektion Halle einging, dass auf dem jüdischen Friedhof in Halle eine Frau getötet worden sei.

Der genaue Tathergang kann auch mit Hilfe der Helmkamera des Täters rekonstruiert werden.

Um 12.11 Uhr seien die ersten Polizisten vor Ort gewesen, diese hätten den Tod bestätigt. Zu diesem Zeitpunkt (12.11 Uhr) sei der Täter nicht mehr vor Ort gewesen, so Stahlknecht.

Der Tathergang können auch mit Hilfe der Helmkamera des Täters rekonstruiert werden. Er kam zu der genannten Zeit zu der Synagoge, nach zweieinhalb Minuten habe er den tödlichen Schuss abgegeben. Der Täter hielt sich demnach sieben Minuten bei der Synagoge auf.

CHRONOLOGIE Dann habe er sich zum Dönerimbiss begeben, elf Minuten danach habe er einen Sprengsatz in Imbiss geworfen und beschoss Personen. Er sei dort sechs Minuten geblieben. Hier sei eine weitere Person getötet worden. Dann sei der Täter ins Fahrzeug gestiegen. Schließlich kam es zu einem Schusswechsel mit der Polizei. Der Täter sei dabei am Hals verletzt worden. Ein Streifenwagen sei beschädigt worden. Er sei dann geflohen.

Außerhalb von Halle sei wieder geschossen worden mit zwei Verletzten. An das Fahrzeug des Täters sei man nicht herangekommen wegen des Verdachts, dass darin Sprengstoff sei. Der Täter sei dann mit einem geraubten Taxi Richtung München gefahren und habe auf der B91 ein Unfall gehabt. Etwa eineinhalb Stunden nach der Tat sei er festgenommen worden, erläuterte Stahlknecht.  dpa/epd/ja

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