Meinung

Sukkot: Freude den Hütten

Rabbiner Andrew Aryeh Steiman Foto: Marco Limberg

Unser jüdischer Kalender, seit biblischen Zeiten bewährt, bietet allen Juden, auch den weltlich eingestellten, Orientierung durchs Jahr. So liegt Sukkot nicht zufällig im Übergang zu dunkleren Tagen: In dieser Jahreszeit wechseln sich Farben und Stimmungen ab wie sonst nie im Jahr. Ausgerechnet dann soll die »Zeit unserer Freude« sein: Sman simchatenu.

ehe Zudem erinnert die Sukka an ein anderes fragiles Bauwerk: Unter der Chuppa, dem ersten gemeinsamen Dach eines Ehepaars, soll nämlich daran gemahnt werden, dass es auch Trauer gibt. Der Bräutigam zertritt das Glas, die Scherben erinnern an die Trauer über den zerstörten Tempel – und Freude bricht aus! Die Anwesenden rufen zusammen »Masel Tov«, die Musik spielt auf, man singt und tanzt, und alle sind glücklich.

So wird man der Realität einer Ehe – und des Lebens überhaupt – bestens gerecht: Im Leben geht es auf und ab, im jüdischen besonders. So wird mit der Hochzeit das jüdische Heim zur Trutzburg ausgebaut. Wenn darin Trauer aufkommt, so soll Trost darin zu finden sein, dass die Ehe mit Scherben begann, die augenblicklich für Freude sorgten; und wenn Freude aufkommt, soll sie nicht in Hochmut ausarten.

zores Wie aber soll Ausgeglichenheit oder gar Freude aufkommen angesichts einer Realität, die alles andere als rosige Zeiten verheißt? Wachsende Unsicherheit vor dem Hintergrund eines aufkommenden zügellosen Antisemitismus in Deutschland, des drohenden IS-Terrors und einer Zivilgesellschaft, die aus falscher Toleranz gegenüber Intoleranz sich zunehmend selbst ad absurdum führt … so viel Zores!

Wie ist das alles vereinbar mit Sman simchatenu? Unser Kalender kann uns da Hilfe bieten: Nach Sukkot mit der provisorischen Behausung im Mittelpunkt und all seinen Hinweisen auf unsere Unsicherheiten feiern wir Simchat Tora – die Sukka ist ein Provisorium, die Tora ist ewig.

Nachdem wir uns unserer Vergänglichkeit bewusst werden, wie sie etwa an Sukkot durch die unvollständige Hütte und durch das Lesen von Kohelet zum Ausdruck kommt, bricht Freude über unsere Ewigkeit aus. Nach Jiskor (Totengedenken) zu Schemini Azeret unmittelbar im Anschluss an Sukkot betrauern wir unsere Toten. Und dann singen und tanzen wir an Simchat Tora. Erst mit dieser Freude werden wir nach einem langen Reigen von Fest- und Feiertagen in das neue Jahr entlassen – wie ein Ehepaar, das tanzend in seinen neuen Lebensabschnitt eintritt. Komme, was wolle.

Der Autor ist Rabbiner der Budge-Stiftung in Frankfurt/Main.

Würzburg

AfD-Mann Halemba wegen Volksverhetzung vor Gericht

Die Staatsanwaltschaft wirft dem bayerischen AfD-Landtagsabgeordneten Halemba auch Geldwäsche und Nötigung vor

von Angelika Resenhoeft, Michael Donhauser  21.08.2025

Washington D.C.

USA verschärfen Druck auf Internationalen Strafgerichtshof

Außenminister Marco Rubio kündigt neue Sanktionen gegen vier weitere Richter und leitende Mitarbeiter der Institution an

 21.08.2025

Berlin

Ahmad Mansour kritisiert Begriff »antimuslimischer Rassismus«

Für den Islamismus-Experten handelt es sich um einen gefährlichen Kampfbegriff. Er tabuisiere Islamkritik und erkläre Muslime zu Opfern. Doch anders als Juden könnten sie in Deutschland sicher leben

von Gottfried Bohl  21.08.2025

Berlin

300 Wissenschaftler fordern Boykott israelischer Universitäten

Auch »Völkermord« wird Israel in dem Schreiben vorgeworfen. Der Terror der Hamas wird hingegen nicht erwähnt

 21.08.2025

Auschwitz-Prozess

Kein einziges menschliches Wort

Vor 60 Jahren fiel das Urteil gegen 20 NS-Verbrecher in Frankfurt. Sie zeigten keine Reue

von Christoph Arens, Mascha Malburg  21.08.2025

Embargo

»Strategischer Fehler«

In der Union gibt es Zweifel an der Führungsfähigkeit des Kanzlers. Lob bekommt Merz von der AfD und dem Iran

von Stefan Laurin  20.08.2025

Analyse

Misstrauische Partner

Russland stellt sich öffentlich an die Seite des Iran. Doch der Kreml verfolgt in Nahost andere Ziele als die Mullahs

von Alexander Friedman  20.08.2025

Weimar

Buchenwald darf Zutritt mit Palästinensertuch verweigern

Die Hintergründe im Überblick

 20.08.2025

Medien

Fiktion statt Fakten

Matti Friedman hat viele Jahre für die Nachrichtenagentur AP berichtet. Der Journalist kennt die Probleme der Gaza-Berichterstattung aus erster Hand

von Gunda Trepp  20.08.2025